Robert
Hülsbusch
Westfälische
Nachrichten stellen FI vor
"Ach ja, Nottuln ..."
Die
Arbeit der Friedensinitiative Nottuln findet viel Beachtung
Diversifizierung
der Themen und eine solide Arbeitstruktur
Natürlich
gibt es dunkle Zeiten auch in der Friedensinitiative Nottuln -
Niedergeschlagenheit, Verzweifelung, Mutlosigkeit...
Wir
erinnern noch sehr genau, wie wir mit ein paar Leutchen auf dem Nottulner Markt
gegen den Jugoslawienkrieg der Nato demonstrierten. Die Mahnwache fand in der
Bevölkerung kaum Resonanz. Natürlich haben uns die Gewalttaten im Kosovo tief
verunsichert in unserer Meinung, dass Krieg niemals eine Möglichkeit ist,
Konflikte zu lösen. Natürlich macht es mutlos zu sehen, dass wir nicht den
Hauch einer Chance haben, den brutalen Krieg in Tschetschenien öffentlichkeitswirksam
zu thematisieren. Er ist in der bundesrepublikanischen Gesellschaft kein Thema.
Und
was ist, wenn das große Thema Frieden ganz unten auf der politischen
Tagesordnung steht? Was tun, wenn "Benzin-Wut" und Börsenkurse die
Menschen umtreiben, nicht aber die zu befürchtende Militarisierung der EU mit
ihren weitreichenden Konsequenzen auch für den individuellen Geldbeutel? Wie
kann eine Friedensinitiative vor Ort da motiviert ihre Arbeit planen? Woher da
die Motivation einer Weiterarbeit nehmen?
Die
Stimmung in der Friedensinitiative Nottuln (FI) ist gut. Seit Jahren arbeitet
sie erfolgreich, erfährt lokal und regional eine große Resonanz und Akzeptanz.
Wöchentlich, oft täglich wird über Aktivitäten der FI Nottuln in den lokalen
Medien, insbesondere in den Zeitungen berichtet. Nicht immer gleich, aber auf
relativ hohem Niveau ist die Teilnahme der Menschen vor Ort, auch der Politik an
Veranstaltungen und Aktionen, die die FI vorbereitet und anbietet. Seit 1990 ist
die FI Nottuln eingetragener Verein. Seitdem sind über 60 Menschen dem Verein
beigetreten und unterstützen durch ihre Mitgliedschaft, aber auch durch Beiträge
die Arbeit der FI. Jeden Montag treffen sich um die 15 aktive Mitglieder, um
aktuellen Entwicklungen zu diskutieren und um Veranstaltungen und Aktionen
vorzubereiten. Die Friedensinitiative Nottuln ist ein fester Bestandteil der
Politik vor Ort (so die Bilanz einer Diplomarbeit über die FI) und genießt ein
hohes Ansehen. Ihr werden große Kompetenzen zugewiesen.
Wie
ist das möglich? Wie funktioniert das in einer Zeit, in der fast gebetsmühlenartig
der Untergang der Friedensbewegung herbeigeredet wird und in der tatsächlich
viele lokale Friedensinitiativen schrumpfen oder ganz ihre Arbeit einstellen.
1981
wurde die FI im Zuge des Kampfes gegen den Nato-Doppelbeschluss gegründet. Nach
der Niederlage 1983 - Pershing II und Cruise missiles wurden aufgestellt -
erholte sich die FI schnell und begann den Blick nach vorne zu richtet.
Hilfreich war damals ein Wort von Carl-Friedrich von Weizsäcker: "Nicht
Abrüstung bringt Frieden, sondern Frieden führt zur Abrüstung!" Dies war
das Signal. Die FI begann sich von der Fixierung auf Raketen und Rüstung zu lösen.
Der Begriff "Frieden" stand zur Diskussion. Wer den Frieden will, muss
den Frieden vorbereiten. Schnell fand die FI zu einem positiven Friedensbegriff.
Ein Resultat der dann folgenden Arbeit war die Initiierung einer Städtepartnerschaft
Nottulns mit einer Stadt in Osteuropa. Dieses FI-Projekt wurde ein Erfolg. Seit
fast 10 Jahren existiert nun eine intensiv gelebte Städtepartnerschaft zwischen
Nottuln und Chodziez (Polen). Weitere partnerschaftliche Projekte mit Russland,
Weißrussland, Tschechische Republik folgten. Mit der Zeit wurde der Blick auch
nach Süden gerichtet. Zum Ende der 80er Jahre erfolgte eine weitere Ausdehnung
und Ausdifferenzierung des Friedens- und Sicherheitsbegriffes: Sicherheit
bedeutet auch eine sichere Umweltzukunft. Frieden heißt auch Frieden mit der
Natur. Seitdem existiert als Arbeitsgrundlage für die FI das magische Dreieck:
Frieden - Ökologie - Dritte Welt. Den theoretischen Hintergrund lieferte noch
vor kurzem auf dem IPPNW-Kongress Egon Bahr: Ein neues Denken in der
Sicherheitspolitik ist gefragt. Es gibt heute und in Zukunft riesige Aufgaben zu
lösen, die nur gemeinsam in einem konzertierten weltweiten Engagement anzugehen
sind. Gefährliche Entwicklungen müssen gemeistert werden: Wasserknappheit, Verknappung auch aller anderen Ressourcen,
Klimaveränderungen, Hunger, Aids ... Der Katalog ließe sich weiter fortsetzen.
Riesige Konfliktpotentiale liegen in diesen Entwicklungen. Kriege sind deshalb
denkbar, vielleicht nicht zu vermeiden. Lösungsansätze sind nicht alleine,
national, erst recht nicht gegeneinander, sondern nur miteinander denkbar. Das
setzt zivile Zusammenarbeit voraus. Hier liegt eine große Chance der gegenwärtigen
Krisen. Aus der Friedensbewegung - so Bahr - muss eine "Überlebensbewegung"
werden.
Die
Friedensinitiative Nottuln setzt diesen theoretischen Ansatz seit einigen Jahren
schon um. Nur wenige Beispiele sollen dies verdeutlichen:1)
Frieden:
o
Partnerschaften mit Friedensgruppen in Osteuropa
o
Diskussion der Entwicklung der Bundeswehr (in enger Zusammenarbeit mit Winni
Nachtwei, MdB)
o
Partnerschaft mit einem Projekt Ziviler Friedensdienst (Forum Ziviler
Friedensdienst)
o
Aktion "Fünf für Frieden" Umwidmung von Mitteln des
Verteidungshaushaltes in eine
Haushalt Zivile Konfliktlösungen (RIP Freiburg)
o
...
Umwelt:
o
Anti-Castor-Arbeit (BEZ Ahaus)
o
Solarinitiativen: Installation von Solarkollektoren und Solarzellen auf Dächern
in
Nottuln und Umgebung
o
Verkehrspolitik: Kampagne für eine autofreie City Nottuln, Werbeaktionen für
eine
Verkehrspolitik "Fahrrad-Vorrang"
o
Etablierung von CarSharing in Nottuln
o
...
Dritte
Welt:
o
Koordiniation eines Zusammenschlusses der Dritte-Welt-Gruppen in Nottuln
o
Projekte in Brasilien
o
Förderung des Verkaufs von Transfair-Produkten (in Kooperation mit einem
Edeka-Markt in Nottuln)
o
...
Ein
hervorragendes Beispiel einer Arbeit, die diese drei Bereiche nicht nur abdeckt,
sondern auch strukturell verbindet, ist die neue Energiekampagne "e
3", die die FI im Rahmen der neuen Organisation "SNOW"
mitentwickelt hat und die in diesen Tagen gestartet wird.2)
All
diese Themen haben einen tiefen inneren Zusammenhang. Darüber besteht heute
Konsens. Diesen Zusammenhang zu beschreiben würde den Rahmen dieses Textes
sprengen. Darüber hinaus hat die große Bandbreite der Themen - immer war auch
die Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit und mit
neonazistischen Entwicklungen der Gegenwart dabei, in letzter Zeit beschäftigt
uns auch zunehmend die Arbeitsmarktpolitik - Vorteile für die Arbeit einer
Initiative vor Ort:
Die
Diversifizierung der Themen
o
sichert eine große Kontinuität. Unsicherheiten, Niederlagen, keine Resonanz
bei einem der Themen (siehe oben) schmeißt uns nicht aus der Bahn. Die
Gesamtheit der Arbeit bleibt weiter erfolgreich. Kompensation ist schnell möglich.
o
Die große Bandbreite spiegelt schlichtweg das Leben wieder und ist spannend.
Menschen, die von einem der Themen angesprochen werden, kommen zur FI, lernen
diese kennen und entwickeln dann häufig auch Interesse an den anderen Themen.
Diese
Art intensiver Arbeit ist nur möglich, wenn die Arbeitsbedingungen und
-strukturen stimmen.
Die
Arbeit ist auf ein - auch finanziell - solides Fundament gestellt worden.
Grundlage ist der eingetragene Verein, den viele Menschen, die nicht regelmäßig
mitarbeiten wollen oder können, durch Mitgliedschaft und Spenden unterstützen.
Die FI Nottuln muss so nicht bei jedem Plakat, bei jedem Referenten überlegen,
wie diese finanziert werden können. Der wöchentliche Treff ist unbedingt
notwendig. Nur so kann die Arbeit lebendig und intensiv sein - erfolgreich sein.
Und nichts ist bekanntlich erfolgreicher als der Erfolg.
Von
Anfang an gibt es in der FI-Arbeit keine Tabus. Offensiv und kontrovers wird
auch über "heilige Kühe" wie Pazifismus oder Krieg als ultima ratio
diskutiert. Offensiv wird auf alle Organisationen zugegangen: Seit 15 Jahren
wird regelmäßig die Bundeswehr zum Friedensfest eingeladen. Dass dieser dort
ein Forum geboten wird, haben zum Beispiel andere Friedensgruppen uns übelgenommen.
Sie blieben dem Friedensfest fern. Auch auf politische Parteien, die qua
Position zunächst mal politische Gegner sind (CDU), ist die FI immer offensiv
zugegangen - auch nach Gemeinsamkeiten Ausschau haltend. Diese wurde immer auch
wieder gefunden.
Fruchtbar
und tragend ist die starke Vernetzung der FI. Auf lokaler und regionaler Ebene
hat die FI diese Vernetzung immer wieder initiiert und voran getrieben. In
Nottuln selbst hat die FI es in den vergangenen Jahren geschafft, viele
Organisationen an einen Tisch zu bekommen um gemeinsam Projekte zu starten: das
Partnerschaftskomitee für Städtepartnerschaft, die Tschernobyl-Initiative, die
jedes Jahr Kinder aus verstrahlten Gebieten nach Nottuln einlädt, der Runde
Tisch gegen Gewalt, der Aktionskreis Joao Pessoa, der die Dritte-Welt-Arbeit in
Nottuln trägt und koordiniert, die Aktion Lebendige City, die für eine
autofreie Innenstadt von Nottuln kämpft. Auch regional war diese Arbeit
erfolgreich. In den frühen Jahren hat die FI die Anti-Tiefflugarbeit im Münsterland
koordiniert. Auf Kreisebene war es die FI Nottuln, die die Arbeit der
Friedensgruppen im Kreis Coesfeld vernetzte. Das jüngste Projekt: die
Regionalgruppe Münsterland "Ziviler Friedensdienst", die in
Kooperation mit dem Forum Ziviler Friedensdienst (FZFD) ein Projekt in Serbien
partnerschaftlich begleitet und unter anderem so im Münsterland für diesen
dritten Weg zwischen Wegschauen und rein militärischen Reaktionen wirbt.
Auf
Bundesebene ist die FI Nottuln über das Netzwerk Friedenskooperative mit vielen
anderen Organisationen vernetzt. Gegenseitige Unterstützung und viele
gegenseitig gesetzte Impulse bereichern die Arbeit und treiben sie voran.
Wichtig
ist auch der enge Kontakt zu den Bundestagsabgeordneten Winni Nachtwei (Grüne
und Mitglied des Verteidungsausschusses) und Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD
und Mitglied im Umweltausschuss). Beide sind auch Mitglied in der
Friedensinitiative Nottuln. In Zeiten, in denen keine Menschenmassen zu bewegen
sind, keine großangelegten Demonstrationen angezeigt sind, ist die Lobbyarbeit
sehr wichtig. Viele Briefe wandern zwischen Berlin und Nottuln hin und her.
Exakte und detaillierte Informationen aus Bundestag und Ministerien fundieren
die Arbeit der FI. Stellungnahmen, Unterschriften und Kommentare erreichen die
Bundestagsabgeordneten, die in der Regel notiert, manchmal auch zur Diskussion
in Arbeitsgruppen und gar Fraktionen weitergeleitet werden. Ein kleines Stückchen
Einflussnahme auf die große Politik.
Bleibt
zum Schluss noch ein wichtiger Aspekt: Politik, erst recht Feierabendpolitik als
Hobby, muss auch Spaß machen. Die FI Nottuln achtet darauf, Aktionsformen und
Veranstaltungsformen zu finden, die auch für die eigene Befindlichkeit etwas
tun. Veranstaltungen müssen nicht nur trocken im Hinterzimmer einer Kneipe
stattfinden - ein gemütlich hergerichteter Raum, Getränke, ein kulturelles
Rahmenprogramm haben nicht zu unterschätzende Wirkungen. Polit-Fahrten -
jeweils im Herbst - werden mit einem touristischen und kulturellen Teil durchgeführt
und stärken das Gemeinschaftsgefühl. Der Fantasie sind hier keine Grenzen
gesetzt. Politik muss auch Erlebnis sein.
Oft
wird die FI Nottuln wegen ihrer beispielhaften Arbeit gelobt, wird erwähnt,
dass dies die Initiative ist, die (noch) mit großer Resonanz arbeitet (Mani
Stenner vom Netzwerk Friedenskooperative: "Parade-FI"). Natürlich
freuen wir uns darüber, sind auch ein Stückchen stolz. Lieber wäre es uns
allerdings, wir wären umgeben von vielen weiteren lokalen Friedensgruppen, die
ähnlich schwungvoll, mit vielen engagierten Leuten arbeiten. Das würde noch
einmal zusätzliche Motivation für unsere Arbeit bringen und den Resonanzboden
unserer Arbeit verstärken. Also auf geht's!
Nottuln,
den 14.12.2000
Robert
Hülsbusch
Rudolf-Harbig-Str. 49
48301 Nottuln
Tel.
02502/9754
Fax 02502/8589
E-Mail: finottuln@t-online.de
Webseite:
www.fi-nottuln.de
Anmerkungen
1.
Weitere Beispiele aus der FI sind nachzulesen auf der Internetseite der FI (www.fi-nottuln.de),
die allerdings sich erst im Aufbau befindet.
2.
"2000 Menschen für e 3" ist eine bundesweite Kampagne, die in diesen
Wochen gestartet wird. Das Konzept - eine neue Idee - ist einfach und
bestechend: Mit Hilfe von Spenden werden e3- Windenergieprojekte in
Deutschland finanziert. Mit den im Laufe von 20 Jahren zurückfließenden
Erträgen werden regenerative
Energieprojekte in Osteuropa und Südasien aufgebaut. Das Projekt hat so einen
dreifachen Nutzen - für mehr Arbeit, für die Umwelt und für eine nachhaltige
globale Entwicklung. Das Geld fließt zu 100 Prozent in die hiesige Windkraft
und trägt so zur Sicherung von Arbeitsplätzen bei. Mit dem Geld wird zu 100
Prozent sauberer Strom zum Schutz der Umwelt produziert. Und mit den Erträgen
werden nachhaltige Projekte in Osteuropa und Indien ermöglicht. Das erste
Windspendenrad wird in Geseke gebaut. Die Hälfte der Erträge aus dem Betrieb
dieser Anlage wird dem gemeinnützigen Verein "Heimstatt Tschernobyl
e.V." zur Verfügung gestellt, der für Menschen aus den versuchten
Gebieten in Tschernobyl, in Weißrussland neue Siedlungen baut. Dort sollen mit
Hilfe der e3-Gelder Strom aus Sonne, Wind und Biogas erzeugt werden können. Die
andere Hälfte fließt nach Indien, wo die Partnerorganisation "Decentralized
Energy Systems India" (DESI) Solarstrom- und Biogasanlagen bauen wird. Träger
dieser Kampagne sind in Deutschland das "Süd-Nord-Ost-West-Netzwerk
e.V." (SNOW) und der "Bund für Umwelt- und Naturschutz
Deutschland" (BUND), Landesverband Nordrhein-Westfalen. Gefördert wird das
Projekt vom Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz des Landes NRW. Die FI Nottuln ist Anteileigner der
Betriebsgesellschaft "Watt fair"-GmbH, die für SNOW die
Windkraftanlagen betreiben wird. Geschäftsführer dieser GmbH ist der
Strahlenbiologe Prof. Dr. Wolfgang Köhnlein aus Havixbeck. Unterstützt wird
das e3-Projekt jetzt schon durch eine Reihe von prominenten Leuten. Der
Fernseh-Autor Franz Alt wirbt mit dem Lob: "Ich finde SNOW gut, weil die
hundertprozentige Versorgung mit erneuerbarer Energien die Überlebensfrage der
Menschheit wird." Und Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, der
Vorsitzende der Enquete-Kommission "Globalisierung der Weltwirtschaft"
findet, "dass hier der Einzelne lokal etwas tun kann und dennoch die
weltweite Dimension von Gerechtigkeit und Umwelt im Blick bleibt." Auch die
Bundestagsabgeordneten Werner Lensing (CDU) und Dr. Angelica Schwall-Düren
(SPD) sagten schon vor langer Zeit ihre Unterstützung für dieses Projekt zu.
Gesucht werden also ab jetzt 2000 Menschen, die die e 3-Idee in die Welt
bringen. Ein Anteil beträgt 200
DM. Man kann ganze, halbe, natürlich auch zehn Anteile erwerben. Für die Beträge
erhält jeder umgehend eine steuerlich abzugsfähige Spendenquittung.Wer weitere
Informationen zugeschickt bekommen möchte oder Fragen hat, kann sich auch an
Norbert Wienke wenden (Tel. 02502/9754) oder die Internetseiten www.s-n-o-w.de
anwählen.