OSTERMARSCH 90

REDE FÜR DIE FRIEDENSVERSAMMLUNG

Robert Hülsbusch

 

Es ist Mittwoch, der 11. April. Ich schlage die Zeitung auf (WN). Mein Blick fällt auf ein Foto. Amerikanische Soldaten, im Kampfanzug, mit Stahlhelm. Mitten in einem Wald. Das Bild ist nicht ungewohnt. Zuoft haben wir in der letzten Zeit Soldaten und gerade amerikanische Soldaten im Einsatz gesehen. Aber dieses Mal es etwas anders. Erst auf dem 2. Blick wird dies deutlich. Die Bewaffnung. Nicht Sturmgewehr, aufgepflanzte Bajonette sind im Einsatz, sondern - Äxte und Schäleisen. Die Situation wirkt komisch, fast niedlich. Der Untertext gibt Aufklärung. Die "Operation Lumberjack" läuft. Zu deutsch "Holzfäller". Die Amerikanischen Soldaten helfen Waldbauern in Bayern bei der Beseitung der STurmschäden. Hat die Rüstungskonversion - wie wir sie seit Jahren fordern - schon voll gegriffen. Wird jetzt endlich umgerüstet auf zivil?

Unsere Militärs und ihre Politiker haben es tatsächlich nicht einfach. Das alte Feindbild ist hin. Die UdSSR zieht nach und nach ihre Truppen aus Osteuropa ab. Der Warschauer Pakt extistiert real nicht mehr. In der DDR wird gar ein Pfarrer Verteidigungsminister. In der NVA herrscht Anarchie.Unser Gast aus Neuruppin, Eckard Richter meint sogar: Man kann heute mit einer Kiste Cola eine DDR-Kaserne einnehmen. Was tun?

Wie sie sich winden und wenden, wie sie zappeln und zippeln , die Stoltenbergs, die Wilz, die Wimmmers und Wummers und Wammers ...

Eine neue Identität der längst überholten Streitkräfte muß gefunden werden.

Neue Aufgaben für die alten Armeen müssen formuliert werden.

Eine neue Sinnstiftung für die ergrauten Offiziere und ihre Soldaten muß her.

So bietet Stoltenberg seine Soldaten für Aufräumarbeiten in den Wäldern kostenlos den Gemeinden an. So sollen Umweltingenieure in der BW ausgebildet werden. So laufen Operationen mit dem Namen Lumberjack. Die Streitkräfte ziehen sich ein ökologischen Mäntelchen an. Aber die Kampfanzüge bleiben darunter. Es bleibt eine Armee, ständig einsatzbereit, ständig auf dem Sprung, millionenfachen Tod zu verbreiten. Alle Überlegungen haben nur ein Ziel: Die alten Armeen in die neue Zeit hinüberzuretten. Schon sind dazu neue Feinde ausgemacht: die islamischen Fundamentalisten, Diktatoren wie Libyens Gadaffi. Als hätten wir vergessen, daß wir, die Industrienationen, die selbsternannten Herrscher im Süden mit Giftgas und Raketen ausgerüstet. Jetzt brauchen wir weiter unsere Soldaten, um uns vor diesen zu schützen? Die alten Strategien der Kriegsführung und des Ersteinsatzes von Atomwaffen sollen aufrechterhalten werden? Das ist doch Wahnsinn!

Auch die Blöcke sollen um jeden Preis gehalten werden. Dafür werden die verrücksten Ideen produziert. So könnte ein vereinigstes Deutschland ja vielleicht gleichzeitig Mitglied in der Nato und im Warschauer Pakt werden. Wir brauchen uns nicht wundern, wenn demnächst vorgeschlagen wird, das Nato-Hauptquartier nach Moskau zu verlegen. Und ein sowj. General wird Oberbefehlshaber der Nato-Truppen in Europa. Alles wird erdacht, alles wird hingenommen, nur nicht das Vernünftigeste und wir fordern es seit Jahren: Die Abschaffung der beiden Militärblöcke!

Aber - das sollen die Militärpolitiker wissen und bin überzeugt, daß Ihr da miteinstimmt: Die Zeit arbeitet gegen Euch! Es wird Euch nicht gelingen, das Rad der Vernunft aufzuhalten!

Das Militär und die Armee werden in unseren Land eines Tages verschwinden!

Wer dies nicht für denkbar hält, der überlege doch einmal, daß es genauso undenkbar mal war, die Sklaverei abzuschaffen oder die Hexenverfolgung. Auch hier hat sich die Menschlichkeit durchgesetzt. Aber nicht nach einer durchgeschlafenen Nacht, nicht ohne den unermüdlichen Einsatz vieler Menschen.

Viele haben im Vorfeld dieses Ostermarsches gesagt: Wieso demonstriert ihr eigentlich noch? Es geht doch alles seinen Weg.

 

Wie trüglich der Frieden ist, der ausgebrochen zu sein scheint, habe ich angedeutet. Am Beispiel des militärischen Tiefflugs will ich dies noch kurz erläutert. Daß gerade hier der Vert. Minister angesichts der Veränderten Ost-West-Situation den Rückwärtsgang einlegt, ist nicht verwunderlich. Der enorme Druck aus der gesamten Bevölkerung gegen den Tiefflug zeigt Wirkung. Und gerade jetzt die massenhaften Klagen vor den Gerichten lassen einen Rückzug ratsam werden. Schließlich wird im Herbst noch gewählt. Und dennoch werden nach einer möglichen Aufhebung der Tieffluggebiete Tiefflug und Luftkampfübungen weitergehen. Dies wird - wenn auch reduziert - weiter Lärm bringen. Weiter werden gefährliche Strategien der Vorneverteidigung geübt. Die Militärstrategen sind nicht bereit und in der Lage, Tiefflug und Luftkampfübungen grundsätzlich einzuschränken und abzuschaffen. Das zeigen auch die vielfältigen Rüstungsvorhaben in diesem Bereich:

So wird derzeit der Militärflughafen in Rheine für 400 Mio DM ausgebaut. Ein neues Geschwader - vermutet wird: Atomwaffenträger - soll dort stationiert werden.

Der Militärflughafen HAHN soll eine neue Rollbahn und neue unterirdische Munitionslager erhalten.

In RAMSTEIN sollen die Aufgaben für die F-16 STaffeln erweitert werden. Auch dort neue Baumaßnahmen.

usw.

Ihr seht, dem ausgebrochenen Frieden ist nicht blind zu trauen.

Deshalb auch unserer Ostermarsch hier und jetzt.

Deshalb arbeiten wir weiter in der Friedensbewegung.

Möglichkeiten gibt es viele. Die Schweizer haben uns eine vorgemacht. Sie starteten im vergangenen Jahr eine Kampagne "SCHWEIZ OHNE ARMEE" (SoA). Der Ergebnis war überraschend, vor allem für die Militärs, die bislang immer behaupteten: "Die Schweiz hat keine Armee. Die Schweiz ist eine Armee." In einem Referendum im Herbst 89 stimmten über 35 % der Schweizer für die völlige Abschaffung ihre Armee.

Das sind doch Vorbilder. Die FB ist derzeit dabei, diese erfolgreiche Kampagne auf bundesrepublikanischer Verhältnisse zu übertragen. Wir starten bundesweit die Aktion BoA! Eine Bundesrepublik ohne Armee! Das ist doch ein Ziel! Dafür lohnt es sich zu kämpfen. Daß wir dieses Ziel nicht morgen erreichen, daß viele Unwägbarkeiten existieren, daß viele Klippen umschifft werden müssen, ist uns klar. Blauäugig sind wir nicht. Aber wir wollen jetzt und heute für eine völlige Entmilitarisierung die ersten Weichen stellen. Das kann ich hier ankündigen: Direkt nach diesem Ostermarsch wird die Friedensversammlung des Kreises Coesfeld hier einsteigen.

 

Noch einmal zurück zum Tiefflug. Da gab es doch mal einen Verteidigungsminister. Schilz oder Schulz oder Scholz. Wie er auch immer hieß. In weiser Voraussicht hat der schon vor 2 Jahren vonsichgeben: Erst sind sie (er meinte damit uns) gegen den Tiefflug, dann gegen die ganze Luftwaffen und zum Schluß gegen die Bundeswehr. Wie recht er doch hatte. Natürlich wollen wir nicht nur den Tiefflug abschaffen. Natürlich wollen wir auch die gesamte Luftwaffe abschaffen. Und selbstverständlich werden wir uns dafür einsetzen, daß die Bundeswehr überflüssig wird.

Laßt uns kämpfen für eine Bundesrepublik ohne Armee!.

Schönen Dank!