Friedensinitiative Nottuln

Robert Hülsbusch

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Nottuln, den 30.9.2008

 

 

An die

Bundestagsabgeordneten

Angelica Schwall-Düren,

Karl Schiewerling,

Winni Nachtwei

 

 

Verlängerung der Bundestagsmandate für den Einsatz in Afghanistan

 

 

 

Liebe Angelica, lieber Karl, lieber Winni,

 

 

in Kürze hast du über die Verlängerung der Mandate für den Einsatz in Afghanistan zu entscheiden.

Wir möchten an dieser Stelle nicht die ganze Diskussion mit allen Argumenten pro und contra Verlängerung darlegen.

 

Unsere Argumentationskette ist diese:

 

  1. (Zitat aus dem Reisebericht von Winni Nachtwei über seine 11. Reise nach Afghanistan.) „Die Negativdynamik der sich verschlechternden Sicherheitslage und der schlechten politischen Stimmungslage erscheint kräftiger als die konstruktive Aufbaudynamik. … Der breite Negativtrend ist mit etwas Nachjustieren und viel Weiter So nicht zu bremsen. Um ihn zu stoppen und positiv zu wenden, bedarf es besonderer Anstrengungen. Deutschland hat dabei besondere Chancen und Verantwortung.“
  2. Eine radikale Wende in der Afghanistan-Strategie, die wir im letzten Jahr schon im Zusammenhang mit der Diskussion um die Verlängerung der Mandate forderten, ist nötiger denn je, um nicht tiefer in einen Krieg hineingezogen zu werden, der nicht zu gewinnen ist und der erst recht nicht zu Demokratie und Wiederaufbau des Landes führt. U.a. Herbert Sahlmann hat für eine solche Wende – weg von der Konfrontation hin zum Dialog und mit ausreichenden Ressourcen für den Aufbau einer zivilen Gesellschaft ausgestattet – konkrete Ansatzpunkte formuliert. Diese haben wir öffentlich gemacht.
  3. Diese Wende ist nur möglich, wenn die Kampfeinsätze im Rahmen von OEF sofort beendet werden. Dies gilt auf für den Tornadoeinsatz. ISAF, OEF und der Einsatz der Tornados bilden eine Einheit, die für die weitere Entwicklung verheerend ist.
  4. Eine Strategiewende wird durch die weitere Aufstockung um 1000 deutsche Soldaten konterkariert.
  5. Deutlich mehr zivile Mittel sind für die Entwicklung Afghanistans einzusetzen. Eine Angleichung der zivilen Mittel an die Ausgaben für militärische Mittel wäre ein erstes Zeichen einer ernsthaften Strategiewende. Ein Land, das für 35 Milliarden Euro kurzer Hand Bürgschaften übernehmen kann, wird diese Mittel bei ernsthaftem Wollen aufbringen.
  6. Der bisherige Bundeswehreinsatz ist dringend zu evaluieren.
  7. Die Entwicklung einer Exitstrategie ist notwendig. Dazu noch mal Nachtwei: „Exitperspektiven können nicht länger ein Tabu sein. Appelle an die Geduld sind so richtig wie unzureichend. Die Zeitbedarfe in verschiedenen Aufbausektoren sind sehr verschieden. Justizaufbau braucht viel länger als Straßenbau. Fakt ist, dass ein Einsatz internationaler Truppen in der jetzigen Intensität nicht 10 oder 15 Jahre durchzuhalten ist, weder auf afghanischer, noch auf Seite der ISAF-Gesellschaften. Ein Abbau und Abzug von ISAF muss für einen absehbaren Zeitraum angestrebt werden.“
  8. Nur wenn die Punkte 1. – 7. bedacht und umgesetzt werden, kann über eine Verlängerung von ISAF nachgedacht werden.
  9. Es ist nicht hinnehmbar, dass die Verlängerung des Mandates für länger als ein Jahr beschlossen wird. Die Begründung ist klar, auch wenn die Bundesregierung es nicht so formuliert: Die Diskussion soll aus dem Bundestagswahlkampf herausgehalten wird. Jeder weiß, dass die große Mehrheit der Deutschen den Afghanistan-Einsatz ablehnt.  Wir halten ein Abgehen von der bisherigen Praxis für nicht notwendig, ja für undemokratisch. Demokratie lebt auch von Wahlkampfdiskussionen.

 

Aus dem Papier der Bundesregierung – sieht man vor allem die konkreten Zahlen (Soldaten, Ressourcen für den zivilen Entwicklungsaufbau, Einsatz von Polizei) – ist ein ernsthaftes Umdenken in Sachen Afghanistan-Politik nicht erkennbar – eher ein „Weiter so“, evt. ein bisschen „Nachjustieren“.  Deutlich ist in den letzten Wochen und Monaten geworden: Das Zeitfenster für eine neue Afghanistan-Politik wird kleiner.

Sollte die Bundesregierung für die Entscheidung über die Verlängerung der Mandate nicht mehr anbieten, als sie in ihrem „Afghanistan-Konzept“ darlegt, was zu erwarten ist, bitten wir Dich, die Verlängerung der Mandate abzulehnen.