Ein Stück Friedensarbeit in den Baumbergegemeinden
Wie können ehemalige Feinde zueinander finden? Wie können
fremde Menschen einander näher kommen? Wie können sich Alt und Jung, Damalige
und Heutige verständlich machen?
Die Mitglieder der Friedensinitiative Nottuln und der Friedenskreis an der
Anne-Frank-Gesamtschule Havixbeck setzen hierzu auf die Kraft der persönlichen
Begegnung.
Sie verfolgten mit Aufmerksamkeit die jahrelange
Diskussion um die Entschädigung der zur Zwangsarbeit nach Deutschland
verschleppten Menschen aus den von der Armee Hitlers besetzten Gebieten.
Eine bescheidene finanzielle Entschädigung kann nur
ein kleiner Beitrag zur Versöhnung sein. Den beiden Friedensgruppen erscheinen
Versöhnen, Erinnern und Mahnen am ehesten möglich durch Begegnung mit
Betroffenen und Zeitzeugen.
Während in den Archiven der Gemeinden und des
Kreises amtlich geforscht wurde, machte sich ein Schülerjahrgang der
Gesamtschule in Havixbeck unter Anleitung ihrer Fachlehrerin selbst auf die
Spurensuche in der unmittelbaren Umgebung. Ihre Ergebnisse wurden in einer
Ausstellung präsentiert. Ein Stück Geschichte wurde dabei lebendig. Das
Interesse wurde verstärkt, mehr über das Schicksal der damaligen
Zwangsarbeiter zu erfahren. Der Wunsch, persönlichen Kontakt mit ihnen
aufzunehmen und sie wenn möglich zu einem Besuch einzuladen, wurde von den
Friedenskreisen aufgenommen.
Wohl wissend, dass in Nottuln und Havixbeck sehr viel
mehr Menschen aus den Niederlanden, aus Weißrussland und der Ukraine als
Zwangsarbeiter eingesetzt waren, sollte ein erster Versuch zur Begegnung mit den
polnischen SchicksalsgenossInnen unternommen werden. Hierzu bot das Büro der
Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises, Frau Dr. Angelica Schwall-Düren
organisatorische Hilfe an. Zugleich wurde die Zusammenarbeit und die Unterstützung
gesucht mit der Friedrich-Ebert-Stiftung in Warschau und mit Pax-Christi,
Bistumsstelle Münster.
So erhielten die Initiatoren über die Stiftung
Deutsch-Polnischer Aussöhnung in Warschau die Anschriften von neun Personen.
Alle diese Frauen und Männer haben auf eine erste Anfrage bezüglich einer
Einladung dankbar und erfreut reagiert. Aus gesundheitlichen Gründen bzw. auf
Grund ihres hohen Alters können fünf der Angeschriebenen der Einladung nicht
folgen. Eine der eingeladenen Personen wurde 1943 als Sohn eines Zwangsarbeiters
in Nottuln geboren. Er möchte nun zusammen mit seiner Ehefrau seinen Geburtsort
besuchen.
Die beiden anderen Personen haben eine Begleitung für
ihre Reise erbeten, die ihnen gerne zugesagt wurde. Hinzukommen könnte noch
eine Person, die vom Stift Tilbeck zum gleichen Termin eingeladen wurde, deren
Antwort jedoch noch aussteht.
Diese Personen aus Polen werden nun in der Zeit vom
10. Bis 14. April 2002 Gäste der Gemeinde Nottuln und Havixbeck sein.
Einladende sind die Bürger der Gemeinden, vertreten durch unsere
Friedensgruppen, und Frau Dr. Schwall-Düren. Die Bürgermeister haben jeweils
einen Empfang der Gäste zugesagt.
Das Besuchsprogramm wurde aus den Wünschen der
Eingeladenen und den Möglichkeiten der Veranstalter erarbeitet. Zu den festen
Bestandteilen wird neben dem erwähnten Empfang durch die Gemeindeverwaltung
wenn möglich der Besuch an den Orten gehören, wo sie zur erzwungenen Arbeit
eingesetzt waren, und wo sie möglicherweise noch Menschen von damals treffen.
Die Baumbergegemeinden sind für die betagten polnischen Gäste Orte besonderer
Erinnerung, wo sie unfreiwillig und fern ihren Familien Jahre ihrer Jugend
verbringen mussten. Jetzt möchten sie trotz Krankheit und Altersbeschwerden
noch einmal ein anderes Deutschland, eine heutiges Havixbeck kennen lernen.
Das Gelingen der Begegnung wird nicht zuletzt von der
Anteilnahme der Bevölkerung in den Gemeinden abhängen. Gefragt sind
aufgeschlossene Zeitzeugen ebenso wie interessierte junge Bürger. Gefragt ist
die Beteiligung der Kirchengemeinden und der Vereine wie die der politischen
Gruppierungen. Alle bisher angesprochenen Gruppen haben ihr Interesse bekundet
und auch einen finanziellen Beitrag zur Deckung der Kosten des Projektes in
Aussicht gestellt.
Die geplanten Empfänge und Begegnungen stehen unter
dem Wunsch, den polnischen Gästen
Ansehen zu geben. Sie bieten die Chance, zur Verständigung
und Versöhnung zwischen den Nachbarvölkern Polens und Deutschlands
beizutragen. Was seit Jahrzehnten erfolgreich gegenüber Frankreich praktiziert
wird, das ist nun auch gegenüber den östlichen Nachbarn möglich und geboten.
Jede Beteiligung am Besuchsprogramm und jeder
Spendenbeitrag wird ein Zeichen der Anteilnahme am Schicksal und Wohlergehen der
ehemaligen Zwangsarbeiter sein. Ein Zeichen des Vertrauens und der Hoffnung auf
ein besseres Miteinander für Spender und Empfänger.
Mit jeder Spende von privat oder von Gruppen erhöht
sich zudem die Möglichkeit, den Besuchern ein Taschengeld auszuhändigen und
den an einer Reise verhinderten Personen ein kleines Geschenk zukommen zu
lassen.
Spenden können überwiesen werden unter dem
Stichwort „Polnische Gäste“ auf folgende Konten:
Friedensinitiative Nottuln e.V. Sparkasse Coesfeld Konto 84508209
BLZ 401 545 30
Friedenskreis an der Anne-Frank-Gesamtschule Havixbeck e.V. Volksbank Baumberge Konto 414088700 BLZ 400 694 08
Der finanzielle Aufwand für die Begegnung beläuft
sich nach dem heutigen Stand der Organisation auf circa 4.500 EUR. Der Betrag
setzt sich zusammen aus den Kosten für die Reisen, für Unterkunft und
Verpflegung, für den Einsatz von Dolmetschern, für Versicherungen, für
Taschengeld.
20% der Kosten werden die Veranstalter nicht zuletzt
mit Hilfe von Spenden selbst aufbrigen.
Roger Reinhard, Jürgen Hilgers-Silberberg
Stand: 8.März 2002