Zur Zukunft der
Friedensbewegung nach dem NATO-Krieg gegen Jugoslawien
Thesen von Clemens
Ronnefeldt, Versöhnungsbundreferent für Friedensfragen
1. Wir leben in Orwell´schen
Zeiten
Wer die beiden Bücher von
Heinz Loquai (Der Kosovo-Konflikt - Wege in einen vermeidbaren Krieg,
Baden-Baden 2000) und Jürgen Elsässer
(Kriegsverbrechen. Die tödlichen Lügen der Bundesregierung und ihre Opfer im
Kosovo-Konflikt, Hamburg 2000) gelesen hat, braucht sehr viel guten Willen, um
noch Reste von funktionierender Demokratie in Deutschland entdecken zu können: Den Scharping´schen
Hufeisenplan gab es nicht, das sog. Massaker von Racak war nach Kämpfen
inszeniert, ein Völkermord fand - laut OSZE-Bericht (As seen/As told, http://www.osce.org)
- nicht statt.
Das Orwell´sche an dem Buch
von Brigadegeneral a.D. Heinz Loquai ist, daß Enthüllungsjournalismus
vielleicht kurz beachtet und von einigen SpezialistInnen zur Kenntnis genommen
wird, aber offenbar keine politischen Konsequenzen mehr hat - außer dem Verlust
des Arbeitsplatzes für diejenigen, die die Lügen aufdecken, wie z.B. Heinz
Loquai.
Ähnliches gilt für die USA,
wo z.B. die jüngst enthüllten Massaker des US-Generals Barry McCaffrey während
des 2. Golfkrieges 1991 in Irak (Vgl. Darmstädter Echo, 20.5.2000), der für die
US-Regierung jetzt in Kolumbien als "Drogenbeauftragter" tätig ist,
folgenlos bleiben.
2. Die OSZE wurde von der
NAT0 im Jugoslawienkrieg offensiv bekämpft
Die OSZE-Mission wurde von
der NATO massiv "gemobbt". Hätte sie ihre zivile Konfliktbearbeitung
ungestört zu Ende (und möglicherweise zu einem Erfolg) bringen können, wäre sie
aufgewertet worden und hätte künftig mehr Geld erhalten. Umgekehrt wäre die
NATO in Legitimationsschwierigkeiten für ihre nationalen Budgets geraten. Diese
"Gefahr" wurde von der NATO rechtzeitig erkannt und daher die OSZE
konsequenterweise ausgeschaltet. Das Risiko, das Herr Walker, Leiter der
OSZE-Mission, und einige andere eingingen, als sie Teile der OSZE-Mission als
trojanisches Pferd für die spätere Bombardierung instrumentalisierten, war für
alle anderen zivilen OSZE-MitarbeiterInnen lebensgefährlich hoch (1). Die
Inszenierung von Racak, wo Herr Walker die Toten "mediengerecht
positionieren" (2) ließ, dürfte der bis dato schwärzeste Tag in der
Geschichte der OSZE gewesen sein.
Die Empörung sitzt bei denjenigen tief, die eine zivile Lösung
anstrebten. Das Kernproblem einer künftig zivileren OSZE besteht darin, daß die
NATO-Staaten innerhalb der OSZE das Sagen haben.
3. Die USA setzen auf
Dominanz und Faust- statt Völkerrecht
Von US-Präsident Theodor
Roosevelts Aussage im Jahre 1901: "Am Ende wird der zivilisierte Mensch
begreifen, daß er Frieden nur bewahren kann, indem er seine barbarischen
Nachbarn unterdrückt³ (3), spannt sich ein Bogen bis US-Präsident Bill Clinton,
1995:
"Wenn Interessen
unserer nationalen Sicherheit bedroht sind, werden wir, wie es Amerika immer
getan hat, uns diplomatischer Mittel bedienen, wenn wir können, jedoch auf
militärische Gewaltanwendung zurückgreifen, wenn wir müssen³ (4). Der Korrektur
der US-Regierung, die nun statt von "Schurkenstaaten" von
"States of Concern" (Risikostaaten) spricht, ist zu wünschen, daß
"States of Concern" in Zukunft nicht länger wie
"Schurkenstaaten" behandelt werden.
Das Raketenabwehrprogramm
NMD könnte noch zur euroatlantischen Zerreißprobe werden.
4. Deutschland sucht als
stärkste europäische Macht seinen Platz an der Sonne
"Die Zeiten, wo der
Deutsche dem einen seiner Nachbarn die Erde überließ, den anderen das Meer und
sich selber den Himmel reservierte, diese Zeiten sind vorüber. Wir betrachten
es als eine unserer vornehmsten Aufgaben, gerade in Ostasien die Interessen
unserer Schiffart, unseres Handels und unserer Industrie zu fördern und zu
pflegen. ... Wir sind gerne bereit den Interessen anderer Großmächte Rechnung
zu tragen, in der sicheren Voraussicht, daß unsere eigenen Interessen
gleichfalls die gebührende Würdigung finden. Mit einem Wort: Wir wollen niemand
in den Schatten stellen, aber verlangen
auch unseren Platz an der Sonne³, meinte der damalige Staatssekretär des
Auswärtigen Amtes und spätere Reichskanzler Bernhard von Bülow 1897.
Weil damals auch noch andere
"an die Sonne" wollten, wurde es 1914 sehr dunkel(5).
Seit 1992 gehören nach den
Verteidigungspolitischen Richtlinien der Bundeswehr
"die Aufrechterhaltung
des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen
in aller Welt" - mit dem den Kreis quadratierenden Zusatz - "im
Rahmen einer gerechten Weltwirtschaftsordnung" zu den vitalen deutschen
Interessen.
5. Die Gefahr eines neuen
Weltkrieges wächst
Beim Kampf um die
verbliebenen Ressourcen der Erde und die Neuverteilung politischer Gewichte
nach Ende des Ost-Westkonfliktes, insbesondere auch zwischen USA und Europa,
spitzt sich eine Situation zu, die sowohl derer vor 1914 wie auch derer in den
30er Jahren nicht unähnlich ist: "Es ist offensichtlich, die 30er Jahre
sind wieder da, und das können wir nicht akzeptieren" (Joschka Fischer,
Taz, 13.4.99).
"Washington fürchtet
eine Kettenreaktion der Gewalt in Nahost" titelte die FR am 10.10.2000
und führte aus: "Der
Vergleich, mit dem ein US-Beamter das Ziel des Gipfels beschrieben hat, den
Clinton noch in dieser Woche zustande bringen will, läßt an Deutlichkeit nicht
zu wünschen übrig. Es gehe darum, `nach
etwas zu suchen, was eine Kettenreaktion wie im August 1914 stoppen würde´.
Damals glitt Europa in den ersten Weltkrieg".
Das Einzige, was wir aus der
Geschichte lernen, ist, daß wir nichts aus der Geschichte lernen - ich hoffe,
daß wir diesen Satz widerlegen können und der Rubikon noch nicht überschritten
ist!
Im Gegensatz zu
"Neuanfängen" 1918 und 1945 ist festzuhalten, daß bei einem
Ausbleiben eines sehr grundsätzlichen Richtungswechsels in den nächsten ein
oder zwei Generationen grundlegende Voraussetzungen insbesondere ökologischer
Natur für einen "Neuanfang" nicht mehr gegeben sein werden.
6. Die Globalisierung beruht
auf struktureller Gewalt und führt zu Eskalation
Schon 1990 verdiente die
undemokratische Elite Kuwaits mit westlichen Aktienpaketen (z.B. 25% bei der
Höchst AG in Frankfurt) mehr Gewinn als durch den Verkauf durch Erdöl. Ein
hoher Erdölpreis gefährdete die wichtigste Einnahmequelle - Geld durch
Geldvermehrung. Die Ölscheichs der arabischen Halbinsel verschleuderten bis vor
kurzem den oft einzigen Rohstoff und enthielten große Teile der Einnahmen der
eigenen Bevölkerung vor, indem sie diese im westlichen Ausland anlegten. Zur
Stützung dieser strukturellen Gewalt müssen Waffen importiert werden. Um diese
Einkäufe leichter finanzierbar zu machen, wurde z.B. 10 Jahre irakisches Öl vom
Markt per Embargo verknappt - und dabei rund eine Million irakische Todesopfer
in Kauf genommen.
Das christliche Abendland
wundert sich angesichts dieser Sachverhalte über die "fanatisierten
islamischen Massen", die zum heiligen Krieg aufrufen. Diese Grobskizze mag
viele Lücken haben und interne arabische Konflikte unberücksichtigt lassen -
dennoch bleibt die Frage, wie lange eine solche Rahmenpolitik gut gehen kann,
bis es zur "Explosion" kommt.
7. Die internationalen Finanzmärkte
sind Triebfeder der Beschleunigungskrise
"Die Generäle der
Wallstreet lieben den Krieg", brachte Daniel Kadlec in der
"Time" die Kurssteigerungen
nach dem 2. Golfkrieg auf den Punkt (6). Die Triebfeder der derzeitigen
"globalen Beschleunigungskrise" (Peter Kafka) sind m.E. nicht so sehr
das Militär und nicht die Politik (wobei beide auch davon profitieren), sondern
die aus dem Ruder gelaufenen internationalen Finanzmärkte. Die Eliten schicken heute kaum noch Armeen,
sondern Dollar, Euro und Yen zu ihren Eroberungsfeldzügen aus, weltweit derzeit
1,5 Billionen Dollar pro Börsentag.
"Das Volumen des
Welthandels belief sich 1998 demgegenüber auf insgesamt 6,9 Billionen
US-Dollar. Um den weltweiten Handel zu finanzieren, würden also fünf Börsentage
ausreichen"(7).
Die Börsen der Welt tanzen
auf dem Vulkan - ein Platzen der Seifenblasen scheint näherzurücken.
Nach Angaben des Human
Development Report 1999 der Vereinten Nation (UNDP) ging die Einkommensschere zwischen dem Fünftel der
Weltbevölkerung, das in den reichsten Ländern lebt, und dem ärmsten Fünftel im
Jahre 1997 auf 74:1 auseinander, während das Verhältnis 1960 noch bei 30:1 lag.
"Ein freier Markt und
eine nicht ganz so freie Gesellschaft gehen Hand in Hand", meint der
US-Ökonom Edward Luttwak in seiner Beschreibung des
"Turbo-Kapitalismus".
Im Umkehrschluß gilt, daß
ein etwas weniger freier Markt, wieder zu einer freieren - und auch gerechteren
- Gesellschaft führen kann. Wenn die Ursachen der Globalisierung nicht
angegangen werden, sind auch deren Auswüchse z.B. in Form des größten Um- und
Aufrüstungsprogramms der Bundeswehr seit deren Bestehen sowie neue Krisen und
Kriege im Kaukasus oder Nahen und Mittleren Osten nicht zu verhindern.
8. Die internationalen
Finanzmärkte sind bei politischem Willen kontrollierbar
Vorschläge für eine
Kontrolle sind:
- Die Einführung einer
Steuer auf internationale Finanztransaktionen (z.B. Tobin-Steuer)
- Die Schließung der
Steuerparadiese und "Off-Shore-Zentren"
- Keine Privatisierung der
Alterssicherung (z.B. Pensionsfonds)
- Das Verbot von
spekulativen Derivaten und der hochspekulativen "Hedge-Funds"
- Schuldenstreichung für die
Entwicklungsländer
- Strengere Banken- und
Börsenaufsicht für die sog. institutionellen Anleger
- Stabilisierung der
Wechselkurse zwischen den drei Hauptwährungen Dollar, Euro und Yen
- Die demokratische
Umgestaltung internationaler Finanzinstitutionen
- Die stärkere Besteuerung
von Kapitaleinkünften und großen Vermögen
(Quelle:
www.share-online.de/Finanzmärkte).
Was derzeit wohl am meisten
fehlt, nennt Peter Kafka "Strukturelle Nichtausbeutungsfähigkeit".
Erst als deren Folge ist
m.E. überhaupt an eine "Strukturelle Nichtangriffsfähigkeit" oder
Auflösung der NATO zu denken, - zeitlich wohl kaum umgekehrt! Trotzdem fände
ich es sinnvoll, die Erreichung beider (Fern-)Ziele gleichzeitig anzustreben
und auf beiden Feldern parallel und stärker als bisher vernetzt zu arbeiten.
Auch WTO, IWF und Weltbank
könnten im Zuge o.g. Strukturmaßnahmen reformiert werden.
Vorschläge dazu wurden in
Seattle, Davos und Prag gemacht.
9. Aufklärung ist - trotz
und gerade wegen der Medienmacht -
enorm wichtig
Ich stimme Peter Kafka zu:
"Konjunkturkrisen, Finanzkrisen, wachsende Arbeitslosigkeit,
Drogenprobleme, öffentliche Armut, Flüchtlingsströme, Kriminalität,
Terroranschläge, örtliche ökologische
Katastrophen und vermutlich auch gesellschaftliches Chaos, Bürgerkrieg und
Krieg in weiten Teilen der Erde - diese und andere Symptome werden uns und
unseren Medien zunächst eher dazu dienen, die Einsicht in das tiefer liegende,
umfassende Wesen der Krise weiter zu verdrängen. ... Daran müssen wir zunächst
arbeiten: Sehen helfen - das heißt Aufklärung.- Die Prediger am Rande des so
schön gepflasterten Weges zur Hölle haben auf die Mehrheit immer lächerlich gewirkt
- aber bei der Annäherung an die Klimax der globalen Beschleunigungskrise
wächst nun auch die Zahl dieser Prediger sehr rasch! Sie werden hie und da
sogar schon von Wirtschaftskreisen zu Vorträgen eingeladen. Wir müssen also
noch nicht die Hoffnung verlieren, daß sie der Mehrheit die Augen öffnen, den
Nebel vertreiben und sie schließlich auf andere Ideen bringen könnten"
(8)!
10. Der Ausstieg aus der
Beschleunigungskrise ist an Bedingungen geknüpft
Kafka nennt als Bedingung
für einen Ausstieg: Vielfalt statt einfältiger Größe, Gemächlichkeit statt
rasender Beschleunigung, Selbstorganisation statt zentralistischer Macht. Schon
ein Konzern wie Daimler Benz mußte noch unter Edzard Reuter die schmerzliche
Erfahrung machen, daß Größe nicht alles ist, ebenso BMW mit Rover. Die
geplatzten Fusionen zwischen deutschen Großbanken sowie Londoner und
Frankfurter Börse scheinen mir erste Anzeichen, daß vereinzelt ein Umdenken
einsetzt oder erzwungen wird.
Auch die kleine
"Beschleunigungskrise" jeder einzelnen Person gilt es zu
hinterfragen: Wer von uns Computerbesitzenden hat noch nicht die wachsende Zahl
täglich mehr eingehender E-mails verflucht, deren Informationsgehalt überhaupt
nicht mehr sinnvollerweise verarbeitet werden kann? Wieviel Wissen ist genug, um
handeln zu können?
Weitere zukunftsfähige
Leitideen könnten - nach Kafka - sein: Verzicht auf aggressive Techniken, die
Raubbau und Ausbeutung der Natur betreiben, Aufhebung des Zinses, Aufhebung des
Eigentums an Grund und Boden durch befristete Pachtverträge. Die zuletzt
genannten Vorschläge dürften wohl die größten Widerstände hervorrufen. Da sich
allerdings m.E. genau an ihnen der Transmissionsriemen der globalen
Beschleunigungskrise befindet, macht es keinen Sinn, sie als Tabu einfach
auszuklammern.
Silberstreifen am Horizont
werden derzeit bereits sichtbar: Die Verteuerung des Heizöls hat noch nie in so
kurzer Zeit so viele Menschen z.B. nach dem nachwachsenden Rohstoff Holz und
anderen erneuerbaren Alternativen fragen lassen. Das neue Energie-Einspeisegesetz
führte in kürzester Zeit zu einem Ansturm auf Solarmodule und zum Aufbau neuer
Solarfabriken.
11. Die Verbesserung von
Randbedingungen hat Vorrang vor Zielen
Mit Worten von Kafka möchte
ich uns in der Friedensbewegung vor den Gefahren eines neuen Machbarkeitswahns
warnen:
"Lassen sich vielleicht
im Wirrwarr der politisch-wirtschaftlichen Organisation ein paar `Knackpunkte´
finden, von denen bei relativ geringen Eingriffen starke Steuerwirkungen auf
die künftige Selbstorganisation ausgehen würden? Steuern - wohin? Brauchen wir
denn nicht vor allem erst einmal ein Ziel? Nein! Ebendies ist ja der
Grundirrtum: Eine Clique von gescheiten Leuten guten Willens könne mit ihren
Zielvorstellungen das `Wohl der Massen´ organisieren ... Haben wir noch immer
nicht begriffen, was dabei herauskommt - in Moskau oder womöglch auch in
Brüssel? Die Entscheidung darf nicht so sehr zwischen Zielen gesucht werden,
als vielmehr zwischen `Randbedingungen´, das heißt selbstgesetzten
Beschränkungen, die uns von erkannten Fehlern fernhalten. Weg von dem, was wir
als falsch erkannt haben! Das ist die altbekannte Strategie gegen den Teufel.
Das Bessere wächst dann `von allein´ aus der Freiheit und Verantwortung vieler
Beteiligter - wenn diese von `Sachzwängen´ unabhängiger geworden sind. Bevor
wir uns für die notwendigen Selbstbeschränkungen entscheiden, müssen wir also
noch einen schärferen Blick auf die Abhängigkeiten werfen. ... das sogenannte Energieproblem .. besteht
nicht etwa darin, daß die Menschheit
nicht genügend Energie zur Verfügung hätte, sondern gerade im Gegenteil: Es ist
zu viel! - Wie bei jeder Sucht: Das wirkliche Problem liegt nicht darin, daß
einem die Droge ausgeht, sondern darin, daß man einmal auf das Angebot
hereingefallen ist (9). Bei einem Ausstieg aus der (Öl-)Sucht gemäß Hermann Scheers "Sonnenstrategie"
entfällt auch die bisherige "Beschaffungskriminalität".
12. Mediengewalt und
Kosumterror sind gesellschaftliche Grenzen zu setzen
Zur Rolle der Medien meint
Kafka: "Die Selbstorganisation zur `Gleichschaltung´ des politischen
Mehrheitswillens kommt heute fast ohne Gewalt und sichtbare Bosheit zum Zuge.
In fortgeschrittenen Gesellschaften genügt dem Teufel das Geld - und es ist
nicht einmal mehr festlicher Götzendienst mit größeren Opferzeremonien nötig,
um es einzusammeln. Die Mehrheit opfert schon durch die Befriedigung der
eigenen suchtartigen Bedürfnisse - und obendrein organisiert sie sogar noch auf
demokratischem Wege, daß die Großdealer ihren Aufwand für Verdummung und
Verführung als `Werbungskosten´ von der Steuer absetzen dürfen. So läßt sich
doch wenigstens ein Teil des Verbraucherpreises der Drogen auf die
Enthaltsameren umlegen" (10)!
Das durchschnittliche Kind
in den USA sitzt bis zum 18. Lebensjahr 36 000 Stunden vor dem Fernseher und
sieht dabei 15 000 Morde (11). Die Situation bei uns in Deutschland dürfte nur
wenig besser sein. Was bedeutet dies für die "psychosoziale Hygiene"
von Gesellschaften - und deren Gewaltbereitschaft?
Es ginge auch anders:
"Sichtwechsel - Förderverein für das erste Gewaltfreie Fernsehprogramm in
Deutschland e.V." (Hildburgshauser Str. 48a, 12279 Berlin) heißt eine
Initiative, die ich unterstützenswert finde, weil sie interessante Fragen
stellt und Anregungen gibt.
Wenn ich manchmal gefragt
werde, wie es kommt, daß ich relativ gut informiert sei, antworte ich: Weil ich
seit mehr als 20 Jahren ohne Fernseher lebe - und viel Zeit für Literatur und
Stille zum "Verdauen³ habe.
13. Die Innen- und
Außenseite bei Individuen und Gesellschaften sind vergleichbar
Zwischen der Innenseite
eines Menschen und seinen äußeren Taten besteht meist ein deutlich erkennbares
Verhältnis. Ähnliches gilt m.E. auch für Gesellschaften. In welchem Verhältnis
stehen die Todesurteile in den USA und die überfüllten Gefängnisse zur US-Außenpolitik?
In welchem Verhältnis steht die deutsche Kriegsbeteiligung am
Jugoslawieneinsatz zur deutschen Innenpolitik? Wieviel innerdeutsches
Aggressionspotenzial hat sich in diesem Krieg aufgrund von Projektion nach
außen abgeleitet und entladen?
In dem Spion-Thriller
"Get Smart" fragt Agent 99: "Weißt du Max, manchmal denke ich,
wir sind nicht besser als sie sind; die Art, wie wir morden und töten und Leute
zerstören. Worauf Smart antwortet: "Warum?, Agent 99, Du weißt, daß wir
morden, töten und zerstören müssen, um alles was gut ist in der Welt zu
bewahren"(12).
Zur Überprüfung der eigenen
Friedensfähigkeit empfehle ich die Übung, sich seinen größten Feind oder Gegner
vorzustellen, sich zu fragen, was es ist, was einem an ihm oder ihr stört -
und anschließend zu
überprüfen, was die gefundenen Eigenschaften mit einem selbst zu tun haben.
Politische Arbeit "im
Außen" und persönliche Bewußtseinsarbeit "im Innen" gehören
meines Erachtens zusammen. Bei der Bewältigung der derzeitigen Situation halte
ich beide Aspekte für grundlegend.
14. Die Überprüfung der
christlichen Friedensfähigkeit ist ein Beitrag zum Frieden
"Sind Christen
kriegsbereiter als Nichtchristen?", lautete ein Beitrag von Dr. Hans-E.
Bosse, Theologe und Soziologe, ehemaliger wissenschaftlicher Assistent bei der
Evangelischen Kirche Deutschlands. Darin schrieb er: "Eine Untersuchung
des Kanadiers Laulicht führte zu folgenden Ergebnissen: `Mitgliedschaft in
Kirchen mit stark entwickelter Dogmatik ist deutlich verbunden mit der Billigung
größerer militärischer Streitkräfte. Mitglieder solcher Kirchen stehen der
Verbreitung von Atomwaffen oft positiv, jedenfalls nicht ablehnend gegenüber.
Zu einer Politik der friedlichen Koexistenz verhalten sie sich in der Regel
mißtrauisch, manchmal ausgesprochen feindselig. Sowohl für die Elite wie für
die allgemeine öffentliche Meinung gilt, daß man Verfechter der Abrüstung
zahlreicher unter den Ungläubigen und nur nominellen Kirchengliedern findet als
unter treuen Kirchgängern der Kirchen mit reich entwickelter Dogmatik. Es ist
auffallend, daß Christen, die eine geringere Bindung an die Kirche (am
Kirchenbesuch gemessen) aufweisen, stärker an eine persönliche Verantwortung
für den Frieden glauben als jene mit einer starken Bindung"(13).
Bosse zitiert aus einer
weiteren kanadischen Studie, "daß Religiosität ebenso wie der
Nationalismus, Konservatismus und Militarismus eine besondere Affinität zur
Gewalt hat. Alle diese vier ideellen Einstellungen lassen `eine fast
instinktive Bereitschaft´ erkennen, so heißt es in der Studie, `Gewalt
anzuwenden oder mit Gewalt und Strafe zu drohen. Beides soll dazu dienen,
menschliches Verhalten zu kontrollieren und Konfliktsituationen zu lösen´. ...
Eine ähnliche
Gewaltfixierung beobachteten die Autoren auch bei verschiedenen
Persönlichkeitsmerkmalen: neurotische Züge, Extravertiertheit, Menschenhaß und
strenge Diszipliniertheit als Kindheitserbe lassen ebenfalls jeweils eine
Gewalt- und Strafbereitsschaft erkennen. ...
Beunruhigend ist ferner, daß
im Rahmen der kanadischen Untersuchungen das Christentum - die Religion der
Liebe und Barmherzigkeit - hier gerade auf der Gegenseite, nämlich auf der
Seite der Zwangsfixierung (compulsion) erscheint, während Nichtchristlichkeit
zusammen mit Internationalismus, Kenntnis internationaler Angelegenheiten und
sozialer Verantwortung unter ihren Leitwerten `Mitleid´ (compassion) als
Gegenbegriff zu Zwang führen"(14).
Sind diese ca. drei
Jahrzehnte alten Sätze überholt und damit einfach abzutun?
Gibt es möglicherweise nach
wie vor eine Beziehung zwischen den genannten Grundaussagen und einigen
kirchlichen Äußerungen während der Bombardierung Jugoslawiens 1999? Wo werden
diese Themen innerkirchlich behandelt und aufgearbeitet?
Welche innerkirchlichen
Institutionen, kirchennahen oder kirchenfernen Friedensorganisationen haben den
Mut, die Kompetenz und das Fingerspitzengefühl, diese Fragen zu thematisieren?
War der "konziliare
Prozeß³ für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung nur ein
vorübergehendes kirchlich-friedenspolitisches Strohfeuer? Führt die Dekade zur
Überwindung der Gewalt zu einem neuen "Frühling"?
15. Auch die
Friedensbewegung benötigt eine neue Kultur des Umgangs miteinander
"Erst allmählich ging
den vielen frustrierten Linken auf, daß das Scheitern all der neu-linken
Organisationen im Laufe der achtziger Jahre sehr viel zu tun hatte mit der
Verdrängung des `subjektiven Faktors´. War nicht das menschliche Klima in den
meisten der ML-Organisationen von abweisender Kälte? War nicht die Vertagung
der `Frauenfrage´ ein bequemes Ausweichen der patriarchalen Genossen? Und mußte
man nicht mit ansehen, daß selbst in der Partei der Grünen, die mit einem
Anspruch und mit dem ernsthaften Versuch begannen, einen anderen,
menschlicheren Politikstil zu entwickeln, nach und nach dieselben
selbstherrlichen Prestige- und Machtkämpfe zur Hauptsache wurden wie in den
`Altparteien´", fragt Gerhard Breidenstein (15). Wird die PDS die gleiche
Geschichte wie die Grünen mit zeitlicher Verzögerung durchlaufen?
"Wie soll persönliche
Bewußtseinsveränderung bei vielen möglich sein, solange alle gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen dem entgegenstehen und während inzwischen die elementarsten
Bedingungen des Lebens zerstört werden"?, fragt Breidenstein weiter.
Ich stimme ihm zu:
Persönliche Veränderung und gesellschaftliche Veränderung gehen nicht zeitlich
nacheinder! Wieviele friedensbewegte Menschen wären jetzt vielleicht noch
aktiv, wenn sie Unterstützung gefunden hätten bei der Integration ihrer
Erkenntnisse über bedrohliche Entwicklungen und unfaßbares Unrecht in ihr
persönliches Leben und Möglichkeiten, z.B. mit dem "burn-out-syndrom"
besser umzugehen?
Wieviele Friedensgruppen
wären nicht an Richtungsstreitigkeiten zerbrochen, wenn sie etwas z.B. von der
Gewaltfreien Kommunikation nach Dr. Marshall Rosenberg gehört und diese
praktiziert hätten? Wo würden sie heute stehen, wenn sie Beobachtungen von
Bewertungen, Gefühle von Interpretationen und Bitten von Forderungen zu
unterscheiden gelernt hätten, wenn tief verankerte menschliche Grundbedürfnisse
nach Wertschätzung, Freiheit des Willens und Unabhängigkeit in unseren
Friedensgruppen grundlegender berücksichtigt worden wären?
Bei meinen vielen
Veranstaltungen ist mir aufgefallen, daß diejenigen Gruppen den längsten Atem
haben, die sich auch menschlich am besten verstehen und miteinander feiern
können.
Die Friedensbewegung heute
krankt an einem Mißverhältnis:
"Den einen, insgesamt
ziemlich wenigen, platzt schier der Kopf von all dem Horrorwissen, ohne daß sie
es in Veränderungsenergie umsetzen könnten. Andere, wohl die meisten der
ansprechbaren Mitbürger, verdrängen dies Wissen alsbald, weil sie gar nicht die
Kraft haben, es auszuhalten... Und die bei weitem meisten aller Bundesbürger
haben nicht einmal unsere Flugblätter gelesen, unsere Demos allenfalls nur kurz
im Fernsehen gesehen und sind nie zu den mühsam vorbereiteten
Informationsveranstaltungen gekommen. Ich vermute heute, daß ihre
`Bequemlichkeit´ auch ein instinktiver Selbstschutz war nach dem Motto `Laß
mich in Ruhe mit all dem Scheiß; ich kann eh nix dran ändern´"(16).
Was ist heute zu tun
angesichts der Tatsache, daß der Höhepunkt der Krise wohl erst noch kommen
wird? Wir stehen m.E. vor einer Durststrecke, die es auszuhalten gilt, ohne
zynisch oder sarkastisch zu werden. Wenn wir bei jedem Schritt sofort ein
Ergebnis sehen wollen und zu sehr auf schnelle "Erfolge" schielen,
gehen wir dem neoliberalistischen System auf den Leim. Die "Strukturelle
Nichtausbeutungsfähigkeit" und die "Strukturelle Nichtangriffs-fähigkeit³
bzw. Auflösung der NATO sind Langzeitprojekte.
Der Verzicht auf
Rechthaberei und die Stärkung der eigenen Kritikfähigkeit kann uns dabei
glaubwürdiger und einladender für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen.
Bei meinen vielen
Veranstaltungen ist mir aufgefallen, daß diejenigen Gruppen den längsten Atem
haben, die sich auch menschlich am besten verstehen und zusammen feiern können.
16. Die Stärkung
widerstandsfähiger Menschen ist ein vielversprechender Ansatz
Ein Ansatz, den ich teile,
stammt ebenfalls von Breidenstein:
"Alle Bürger sind im
Blick, wenn es darum geht, die ideologische Vorherrschaft der heute noch
Mächtigen zu unterhöhlen. Nichts wäre wirkungsvoller dafür, als wenn viele
Menschen auf psychologisch-spirituellem Wege ihre Angst verlieren und ihr Selbstvertrauen
gewinnen. Denn wer keine Angst mehr hat oder besser: wer mit seiner Angst
vertraut ist, fällt weder auf die Feindbild-Propaganda noch auf die
Sicherheitsideologien mehr herein. Wer seinen inneren Wert kennt, ist nicht
mehr verführbar. Und vor allem: wer in seinen tieferen Bewußtseinsschichten
wieder Anschluß gefunden hat an die Urkraft des Lebens, dem kann keine Krise
mehr die Hoffnung zerstören, die wird nicht mehr resignieren, der oder die wird
unerschöpfliche Kräfte gewinnen für die langwierige gesellschaftliche
Veränderung" (17).
Dies schließt für mich
Zeiten der Resignation und Erschöpfung nicht aus. Hoffnung ist allerdings für
mich etwas anderes als Optimismus. Optimistisch bin ich nicht, was die nähere
Zukunft betrifft - aber auch keineswegs hoffnungslos.
Je härter die Krise werden
wird, desto mehr werden wir uns gegenseitig als Stütze und Solidargemeinschaft
brauchen.
17.
Nichtregierungsorganisationen überwinden die Individualisierung und sind
derzeit Hoffnungsträger
Dorothee Sölle sieht uns in
einem doppelten Gefängnis: "Eine der spirituellen Schwierigkeiten in
unserer Lage ist der innere Zusammenhang von Globalisierung und
Individualisierung. Je globaler die Weltwirtschaft sich organisiert, je
desinteressierter sie sich allen sozialen oder ökologischen Eingebundenheiten
gegenüber gibt, desto mehr benötigt sie als Ansprechpartner das Individuum ohne
jede Beziehung, den homo oeconomicus, jenes geschäfts- und genußfähige
Einzelwesen, das - von Gott ganz zu schweigen - auch an den Tretminen, die sein
Autohersteller produziert, oder am Wasser, das seine Enkelkinder benutzen
werden, kein Interesse zeigt. ... Die Religion des Konsumismus braucht die
älteren und schwächeren Gestalten des Opiums des Volkes nicht mehr. Es gibt
überall bessere Opiate zu kaufen. ... Dieses Zusammenspiel von Weltherrschaft
der Konzerne in der Globalisierung und einer neuartig inszenierten
Individualisierung ohne Rest, ohne Bindung an die Geschwistergeschöpfe,
erscheint hoffnungslos, ein Weiterrasen auf den apokalyptischen Untergang hin,
und wird von vielen Nachdenklichen als unaufhaltsames Fatum angenommen. ...
Wenn wir nur die `Herren dieser Welt´ anstarren und die Masse der unschädlich
gemachten Einzelnen, dann sehen wir noch nicht mit den Augen des anderen
Blickes. Die Weltangst umfängt uns dann und sperrt uns in das besteingerichtete
Gefängnis, das es je gab. ...
Die Hoffnungsträger im
gegenwärtigen Szenario der `global players´ auf der einen und der
isoliert-amüsierten Individuen auf der anderen Seite sind Gruppen, die auf
Freiwilligkeit, Kritikfähigkeit und eigene Initiative setzen. Diese
Nichtregierungsorganisationen, zu denen ich auch die lebendigen Teile der
christlichen Kirche rechne, sind politisch gesprochen die Trägerinnnen von
Widerstand. Spirituell gesprochen verkörpern sie ein anderes Subjekt als das im
Gefängnis des Konsumismus eingeschlafene. Was trägt sie? Was hält sie wach?
Warum geben sie nicht auf? Ich denke, es sind Elemente von Mystik, die sich
nicht auslöschen lassen. .. Das vernetzte und sich verbindende Subjekt, das in
den Widerstand hineinwächst, ist nicht zerstörbar"(18).
Anmerkungen:
(1) D. S. Lutz zitiert aus
einem an ihn gerichteten Brief eines Berufsdiplomaten: "Ich möchte noch
hinzufügen, dass mir von informierten Kollegen in der Mission nach Beginn der
Luftschläge bestätigt wurde, daß einige KVM-Mitglieder die Mission zur
Vorbereitung der Luftschläge benutzt hätten. Dies hat mich im nachhinein vor
allem deswegen empört, weil die KVM (Kosovo Verifikationsmission der OSZE,
Anm.: C.R.) vor allem die albanischen lokalen Mitarbeiter der KVM dadurch auf
das höchste gefährdert hat ...", D. S. Lutz, Völkermord, Moral und die
Unabwendbarkeit von Kriegen. Das Beispiel Kosovo, in: Shalom, hg. im Auftrag
der Evangelischen Kirche von Westfalen, Dortmund, Ausgabe 1/2000, S. 24.
(2) Heinz Loquai, Der
Kosovo-Konflikt - Wege in einen vermeidbaren Krieg, Baden-Baden 2000, S.
51.
(3) Zitiert aus dem Vorwort
von Rolf Winter, Die amerikanische Zumutung. Plädoyers gegen das Land des real
existierenden Kapitalismus, München, 1990.
(4) Zitiert nach Jürgen
Rose, Amerika, das Rom der Moderne? Zur Frage des imperialen Charakters der
Außen- und Sicherheitspolitik der USA in der Ära Clinton, hg. von W&F in
Zusammenarbeit mit der Informationsstelle Wissenschaft und Frieden, Bonn 1999,
S. 4.
(5) Vgl. auch den Beitrag
von Lorenz Knorr, Kontinuitäten deutscher Außen- und Geopolitik, in: Ralph-M.
Luedtke/Peter Strutynski (Hg.) Nach dem Jahrhundert der Kriege. Alternativen
der Friedensbewegung, Kassel 2000, S. 61ff.
(6) zitiert nach FR,
25.2.98.
(7) zitiert nach
"Kapital braucht Kontrolle - Die internationalen Finanzmärkte:
Funktionsweise - Hintergründe - Alternativen", hg. von "Kairos
Europa" und "Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung" (WEED),
Bonn 2000, S.7f. (Kontakt: www.weedbonn.org oder Bertha von Suttner Platz 13,
53111 Bonn). Auf 67 Seiten werden auch für NichtökonomInnen die wichtigsten
weltwirtschaftlichen Grundzusammenhänge anschaulich erläutert.
(8) Peter Kafka, Gegen den
Untergang, Schöpfungsprinzip und Globale Beschleunigungskrise, München/Wien,
1994. S. 173f.
(9) Peter Kafka, a.a.O., S.
142ff.
(10) Peter Kafka, a.a.O., S.
148.
(11) Vgl. Walter Wink, Engaging the Powers. Discernment and Resistance
in a World of Domination, Minneapolis 1999, S. 23.
(12) Zitiert nach Walter
Wink, a.a.O., S. 21. (Übersetzung C.R.).
(13) Hans-E. Bosse, Sind
Christen kriegsbereiter als Nicht-Christen? Ergebnisse psychologischer und
soziologischer Friedensforschung und kirchliche Aufgaben der Erziehung zum
Frieden. In: Zukunfts- und Friedensforschung, Gesellschaft zur Förderung von
Zukunfts - und Friedensforschung (Hg.), Hannover 1/1969.
Eine der tiefgründigsten
Studien zur Gewalt und Opferproblematik und deren Bedeutung für die Kirchen ist
m.E. immer noch: Rene Girard, Das Ende der Gewalt. Analyse des
Menschheitsverhängnisses, Freiburg 1983, der schlußfolgert: "Entweder
müssen die Menschen sich ohne Vermittlungen durch Opfer miteinander versöhnen
oder sich damit abfinden, daß die Menschheit demnächst ausgelöscht wird. Diese stets
schärfere Einsicht in die Kultursysteme und Mechanismen ist nicht umsonst; sie
ist nicht ohne Gegenleistung. ... Der endgültige, vorbehaltlose Verzicht auf
Gewalttätigkeit zwingt sich uns auf als conditio sine qua non des Überlebens
der Menschheit und eines jeden einzelnen von uns" (S. 140).
(14) Hans-E. Bosse, a.a.O.
(15) Gerhard Breitenstein,
Hoffen inmitten der Krisen. Von der Krankheit und Heilung unserer Gesellschaft,
Frankfurt 1990, S. 239.
(16) G. Breidenstein,
a.a.O., S. 242.
(17) G. Breidenstein, a.a.O.,
S. 244.
(18) Dorothee Sölle, Mystik
und Widerstand, Hamburg 1998, S. 241ff.
Stand: November 2000.
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