Vita: Barbara Gladysch
1940 in Düsseldorf geboren flieht sie 1943 mit ihrer Familie nach Bayern. Im
Alter von sechs Jahren verliert sie ihre Mutter. Nach eigenen Worten erlebt sie
ihre Kindheit als die traurigste Zeit ihres Lebens, geprägt von Unterordnung,
Angst und Verlogenheit. Ordnung und Disziplin waren die wichtigsten Tugenden in
der so genannten gutbürgerlichen Familie.
Nach dem Abitur schließt sie sich einem modernen Frauenorden an, wird jedoch
nach drei Jahren wegen Gehorsamsverweigerung ausgeschlossen. Sie studiert
Pädagogik und Psychologie und wird Sonderschullehrerin. In dieser Zeit lernt sie
ihren Mann kennen, mit dem sie seit nun siebenunddreißig Jahren verheiratet ist.
Sie ist Mutter zweier Söhne.
Der Beginn der „Mütter für den Frieden“ war wohl der Appell in drei Düsseldorfer
Zeitungen 1981: „...an alle Mütter, die besorgt sind um die Zukunft der Kinder,
die sich für den Frieden jetzt und hier, morgen und überall einsetzen wollen,
die bereit sind mitzuarbeiten, die sich als Einzelpersonen ohnmächtig, in der
Gruppe stärker fühlen und sich politisch engagieren wollen.“ Frauen aus allen
gesellschaftlichen Schichten fühlen sich angesprochen und nehmen während der
Periode des Kalten Krieges rege an der bundesdeutschen Friedensbewegung teil.
Zur öffentlichen Friedensarbeit gehören Blockaden vor Atomraketen-Stützpunkten,
Menschenketten, Kundgebungen, Fastenaktionen, gewaltfreie Aktionen und vieles
mehr.
Nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl organisiert „Mütter für den Frieden“
Hearings und Demonstrationen, kooperiert mit Bürgerrechtsorganisationen und
Oppositionsgruppen in Belarus und nimmt Kontakt auf mit Betroffenen in der
verstrahlten Zone. Im Rahmen dieser Arbeit lernen wir Barbara 1992 auf einer
Reise in Minsk kennen. Sie ist viele Jahre im Vorstand der
Bundesarbeitsgemeinschaft „Den Kindern von Tschernobyl“ und auch jetzt noch mit
der Koordination der Kinderreisen in Düsseldorf betraut.
Ein weiterer Schwerpunkt der Friedensarbeit ist über lange Jahre die Betreuung
von Flüchtlingsfamilien in und aus Bosnien-Herzegowina .Lobbyarbeit, der Umgang
mit den verantwortlichen Behörden und Hilfe bei der Rückführung der Menschen in
ihre Heimat stellen eine große Herausforderung dar.
Barbara Gladysch thematisiert die Situation der Roma in Düsseldorf.
Als Wahlbeobachterin ist sie 1997 zum zweiten Mal in Grosny. Hatten doch die
„Mütter für den Frieden“ zusammen mit den Russischen Soldatenmüttern im ersten
Tschetschenienkrieg eindrucksvoll gegen diese Barbarei demonstriert und die
jungen Soldaten von den Panzern geholt.
In dieser Wüste aus Geröll, Ruinen, versteckten Minen, aber auch einer Wüste aus
Beziehungslosigkeiten, der traurigsten Einsamkeit und der lautlosen Schreie
gründet sie mit ihrem englischen Freund Chris Hunter und tschetschenischen
Freunden das erste Rehabilitationszentrum für traumatisierte Kinder.
Swodotschka – „Keiner Stern“, so soll die Einrichtung heißen, hier soll es
Geborgenheit, Licht und Schutz geben und Kindern die Sprache, den Schlaf und das
Lachen zurückgeben.
Ende 1999 fallen zum zweiten Mal Bomben auf die Ruinenstadt. 400000 Menschen
fliehen in die Nachbarrepublik Inguschetien, in die riesigen Flüchtlingscamps.
Barbara besucht regelmäßig unter abenteuerlichen Bedingungen die Flüchtlinge in
den Zeltstädten.Mit Hilfe von Spendengeldern baut sie in den Lagern Kinderzelte
auf, kauft vor Ort, was gebraucht wird, unterstützt die Therapeutinnen und
Betreuerinnen bei ihrer schwierigen Arbeit. 2003 werden die Flüchtlingslager
aufgelöst und die Menschen zurück nach Grosny geschickt. Auch in Grosny gibt es
jetzt wieder „Kleine Sterne“, an über 25 Stellen in der mit Minen verseuchten
Stadt. Diese Points sind liebevoll eingerichtete, kleine provisorisch
wiederhergestellte Räume in Ruinen, die die Kinder eines jeden Stadtteils
aufsuchen können. Ein neues Haus als zentrale Anlaufstelle und als Rückzugsort
für Kinder, die besondere Betreuung außerhalb ihrer Familien brauchen, wird zur
Zeit gebaut.
Barbara dokumentiert in all den Jahren ihre Erfahrungen der Reisen in den
Kaukasus mit Fotos, Berichten und Filmaufzeichnungen. Sie hat beeindruckende
Kinderzeichnungen mitgebracht. Sie hat eine wunderbare Ausstellung
zusammengestellt: „Tschetscheniens Kinder – Tschetscheniens Hoffnung“. Sie hält
Vorträge, ist in Kontakt mit Politikern und Menschenrechtsorganisationen.
Regelmäßig schickt sie an Gerhard Schröder und Joschka Fischer einen
Menschenrechtsbericht und wünscht sich mit uns allen so sehr eine politische,
kluge, diplomatische und ehrliche Unterstützung für die Menschen in
Tschetschenien.
2005: Bremer Friedenspreis