Tschernobyl-Veranstaltung mit Pfarrer Werner Lindemann

* Pfarrer Werner Lindemann berichtete über Tschernobyl
* Konkrete Hilfsprojekte in Nottuln ins Auge gefaßt

"Wir sind noch Kinder. Wir möchten in den Wald gehen, angeln und spielen. Das alles hat man uns genommen." Ein 14jähriges Mädchen beschreibt in einem Aufsatz so ihre Lebenssituation. Es lebt in Weißrußland (Belorußland). In einem Film, den der Pfarrer Werner Lindemann am Montagabend auf einer Informationsverstaltung zu den Folgen von Tschernobyl mitgebracht hatte, kam es zu Wort.

Seit der Tschernobyler Atomreaktorkatastrophe am 26. April 1986 engagiert sich der Münsteraner Pfarrer in diesem Zusammenhang, ist oft nach Weißrußland gefahren und hat dort zu vielen wichtigen Organisationen Kontakte hergestellt. Jetzt baut er im Münsterland eine Hilfsaktion für die betroffenen Menschen in Weißrußland auf, wie sie auch in der ganzen Welt anläuft. Daß diese dringend notwendig ist, wurde in seinen sehr persönlichen Bericht aus der Tschernobyler Umgebung deutlich: Fast 70 % des radioaktiven Fallout gingen nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl auf Weißrußland nieder. 1/5 der gesamten Fläche dieser Republik gilt heute als hoch radioaktiv verseucht. Zur Zeit werden immer wieder neue Flecken entdeckt, die verstrahlt sind. Ca. 2,2 Millionen Menschen leben in diesen Gebieten, davor 500 000 Kinder. In den nächsten Jahren sei eine wesentliche Verbesserung der radioaktiven Situation nicht zu erwarten. Pfarrer Lindemann: "Die Bevölkerung lebt und arbeitet auf diesen verstrahlten Territorien und nimmt weiter Radioaktivität auf." Die Folge: Eine Verschlimmerung des Gesundheitzustandes besonders der Kinder, die in den verseuchten Gebieten leben, ist festgestellt worden. Schilddrüsenstörungen, Krebs und Immunschwächen breiten sich aus. Die Kindersterblichkeit sei gestiegen, und die Anzahl der Neugeborenen mit Fehlbildungen vergrössere sich. In diesem Zusammenhang berichtete der Pfarrer von vielen Bitten, die Eltern von an Leukomie erkrankten Kindern an ihn herangetragen hätten.

Aus einem Appell des Sowjetischen Friedensfonds, der Orthodoxen Kirche und des Ökölogischen Bundes in Belorußland - die Organisationen richten sich mit einem Hilferuf an alle gesellschaftlichen und kirchlichen Einrichtungen sowie an einzelne Bürger in der ganzen Welt - zitierte Lindemann, was an sofortigen Maßnahmen unumgänglich sei: Unverzüglich müßten alle Menschen aus den radioaktiv verseuchten Ortschaften ausgesiedelt werden. Nach Schätzungen von Wissenschaftlern müßten 12 Städte und weit über 2000 Dörfer in unverseuchten Gebieten neu aufgebaut werden. Möglichst schnell müßten Kindergenesungsheime in den nicht verstrahlten Gebieten Belorußlands aufgebaut werden. Die Versorgung der Bevölkerung mit "sauberen" Nahrungsmitteln und mit Medikamenten müßte sichergestellt werden.

Konkrete Hilfsmöglichkeiten auch für Nottulner Bürger entwickelte Pfarrer Lindemann in Anschluß an seinem Bericht. Nach sorgfältigen Erkundungen habe sich das Komitee "Kinder von Tscherobyl" als eine überzeugende und tragfähige Partnerorganisation in Weißrußland erwiesen. Dieses nichtstaatliche Komitee führe konkrete Hilfsprojekte durch, die die Menschen in Weißrußland in die Lage versetzen könnten, einen neuen Start - ohne radioaktive Verseuchtung - zu machen. So sei derzeit eine große Ziegelei geplant, um in unverseuchten Gebieten neue Häuser zu erstellen. So würden Kinderferienzeiten in unverseuchten Gegenden - auch im Ausland - durchgeführt. Die Friedensinitiative Nottuln will diese Hilfsmöglichkeiten aufgreifen. In enger Zusammenarbeit mit Pfarrer Lindemann wird sie über Möglichkeiten, hier in Nottuln das Komitee zu unterstützen, nachdenken. Ein erster Schritt wurde bereits getan. So will die FI den Appell aus Weißrußland an die Parteien und Kirchen in Nottuln weiterleiten. Gleichzeitig ruft die FI zu Spenden für das Komitee "Kinder von Tschernobyl" auf. Konto: Friedensinitiative Nottuln e.V., Sparkasse Coesfeld, Kontonummer 84508209, Stichwort: Kinder von Tschernobyl.