Gesprächsabend über Tschernobyl
Die Betreuer der Kinder aus Weißrußland bringen bedrückende Informationen mit.

Nun sind die Kinder aus Tschernobyl schon seit ein paar Tagen in Nottuln. Aber was genau an Schicksalen hinter ihnen steht, weiß eigentlich hier niemand so richtig. Fast ihr halbes Leben haben sie im Schatten der Atomkatastrophe von Tschernobyl verbracht. Was das heißt, darüber wollen am kommenden Mittwoch, den 24. 6. um 20 Uhr die Betreuer, die aus Belorußland mit anreisten, berichten. Swetlana Grigorjewa, Deutschlehrerin aus Minsk und Mutter von 2 Söhnen, ist trotz der noch relativ günstigen Situation von Minsk auch nicht von den Folgen des Reaktorunglücks verschont geblieben. Eindrucksvoll und für den Zuhörer deprimierend schildert sie die Konsequenzen der Menschen in ihrer Heimat. So leben allein in der streng kontrollierten Zone um Tschernobyl mit einer dauernden Strahlenbelastung von mehr als 500 000 Bq/m2 immer noch über

100 000 Menschen. In den Gebieten, in denen die Verstrahlung besonders stark war, leben jetzt noch 2,6 Mio. Menschen, das sind mehr als ein Fünftel aller Einwohner Weißrußland. Hier ist auch - am Rande dieser Zone - der Ort Narovlja, aus dem die meisten der 30 Kinder stammen, die derzeit in Nottuln sich erholen. Auch diese Kinder sind gesundheitlich durch die Radioaktivität starkt belastet. Viele müssen damit rechnen, so Swetlana Grigorjewa, eines Tages an Krebs zu erkranken. Die neusten Daten über die Konsequenzen der Atomkatastrophe hat der Wissenschaftler DR. Wladimir Tschernousenko jetzt veröffentlicht. Die Deutschlehrerin aus Minsk hat dessen Aufsatz mit nach Nottuln gebracht. Gerade Kinder sind nach diesen Untersuchungen von der radioaktiven Dauerbestrahlung ernorm betroffen: Erkrankungen der Schilddrüse, Eisenmangel, Herzkrankheiten, Immunschwächen, bösartige Wucherungen, Krebs.

Der Arzt Wladimir Saworochin, der die Tschernobyl-Kinder nach Nottuln begleitet und sie hier betreut, berichtete bereits im Vorfeld der Informations-veranstaltungen, daß es im Frühjahr in der Umgebung von Tschernobyl Waldbrände gegeben hätte. Die Staub- und Rußteilchen seien in der ganzen Umgebung - auch auf Narovlja - niedergangen. Dies hätte die Strahlenbelastung dieser Region wieder erheblich verschärft. Hinzu kommt, daß durch die angespannte Situation auf dem Lebensmittelmarkt wieder viele Menschen gezwungen seien, eigenes Gemüse anzubauen - verheerend aufgrund der Radioaktivität im Boden.

Mehr über die Lebenssitutation der Menschen in Weißrußland 6 Jahre nach Tschernobyl wollen die Betreuer am Mittwoch abend im Jugendheim berichten - und natürlich darüber, was sie von der "friedlichen" Nutzung der Atomenergie halten. Veranstalter ist die Friedensinitiative Nottuln. Eingeladen sind nicht nur die Gasteltern, sondern auch alle interessierten Bürger.