BW-Standortreduzierung
in Dülmen und Coesfeld
Leserbrief
zu ihrem Artikel "Bestürzung über Truppen-Kahlschlag im Kreis", WN
30.1.2001
Ein
Aufschrei geht durch den Kreis Coesfeld. Soldatensprecher, Kommunalpolitiker,
aber auch Politiker aus Land und Bund kritisieren die einschneidenden Maßnahmen
zur Standortreduzierung in Dülmen und Coesfeld. Landrat Pixa sieht die soziale
und wirtschaftliche Entwicklung des Kreises beeinträchtigt. Und zurecht wird
eine kräftige Strukturförderung als Ausgleich gefordert, die den vielen
Betroffenen dieser Maßnahme des Bundesverteidigungsministeriums - und das vor
allem den zivilen Mitarbeitern der Bundeswehr, aber nicht nur denen -
Unterstützung und Ausgleich gewährt. Aber das ist doch nichts Neues: Seit zehn
Jahren war diese Entwicklung absehbar. Der Warschauer Pakt ist aufgelöst,
Deutschland ist von Partnern umgeben. Diese grundlegende Änderung der
Sicherheitslage musste doch auch eine Reduzierung der Massenarmee Bundeswehr
zur Folge haben. Oder ist die Bundeswehr in erster Linie kein
sicherheitspolitisches, sondern ein struktur- und sozialpolitisches Instrument?
Wundern täten wir uns nicht!
Die
Bundeswehr hat ihre ursprüngliche Funktion verloren. Vor zwei Jahren schon
wurde die Bundeswehr-Strukturkommission unter Vorsitz von Bundespräsident a.D.
Richard von Weizsäcker gegründet. Die Zielrichtung war klar: eine Verkleinerung
der Armee. Und dass dies sich auch auf die Standorte auswirkt, ist doch klar.
Was ist in den letzten Jahren an Konversionsmaßnahmen angegangen worden? Die
Friedensbewegung denkt schon seit 15 Jahren über Rüstungs- und
Militärkonversion nach. In den Friedensforschungsinstituten wurden konkrete
Maßnahmen auch für Standorte entwickelt. Klar ist, dass Konversion, also die
Umrüstung von militärischen in zivile Strukturen, Geld kostet. Seit zwei Jahren
plädieren die Friedensgruppen in der Bundesrepublik für ein Konzept "Fünf
für Frieden". Jedes Jahr soll der Verteidigungshaushalt um 5 Prozent
reduziert werden. Diese Gelder sollen u.a. in Konversionsmaßnahmen fließen.
Nichts passiert in diese Richtung. Auch aus dem Kreis Coesfeld haben wir von denen, die jetzt ihre Empörung ausdrücken,
nichts gehört. Und so wird die Entwicklung in die andere Richtung gehen.
Standortreduzierung und Armeereduzierung - wie sie jetzt geplant sind - sind
keine astreinen Abrüstungsmaßnahmen, die irgendwann Gelder freisetzen für
andere Aufgaben. Im Gegenteil: Sie dienen auch und in erster Linie einer
Umrüstung der Bundeswehr von einer großen Mannöverarmee zu einer schlanken,
schlagkräftigen und vor allem überall auf der Welt schnell einsetzbaren Armee.
Es gibt Berechnungen, dass diese Aufrüstungsmaßnahmen in den nächsten zehn
Jahren 150 Milliarden DM dem Steuerzahler kosten werden. Hier muss
gegengesteuert werden. Dafür lasst uns auf die Straße gehen! Wir sollten nicht
auf die wirklich einschneidenden Maßnahmen zur Finanzierung dieser Aufrüstung
warten und auch nicht darauf, dass die ersten Bundeswehrsoldaten irgendwo auf
der Welt kämpfen und sterben. Dann hätten wir echt was zu jammern!
Heinz
Böer, Robert Hülsbusch
Friedensinitiative
Nottuln