Branka Jovanovic

Bericht April, Mai, Juni 2002

 

 

Belgrad, den 20.06.2002

 

1.      AKTUELLE POLITISCHE UND SOZIO-OEKONOMISCHE LAGE IN JUGOSLAWIEN

 

Ich moechte diesem Bericht eine Anmerkung voranschicken: Die Lage in Jugoslawien ist inzwischen sehr kompliziert und konflikttraechtig geworden. Die Gruende  liegen in der Ueberschneidung mehrerer Prozesse.

Der Umsturz des alten Regimes hat nicht zugleich die Veraenderung der Institutionen mit sich gebracht, in dem der Geist des alten Regimes und das Interesse seiner Beamten konserviert war.

Es hat sich gezeigt, dass es nicht genug inlaendisches Know how und ausreichende menschliche Ressourcen gibt, die einen institutionellen Rahmen der Reformen (Gerichtswesen, Parlament, Gesundheitswesen, Schulwesen usw.) aufbauen koennten Fast alle Institutionen sind deshalb durch einen tiefen Streit der Beamten zerruettet.

Die Entlassungen der ehemaligen Beamten laufen ohne klare Kriterien und Gesetzesgrundlagen ab, weshalb sie mehr einer privaten Revanche aehneln als einem fundamentalen Erneuerungsprozess, der eine Klarheit und Katharse mit sich bringt. Dies macht unmoeglich, die Frage nach der Verantwortung fuer die politische Entwicklung der frueheren Jahren zu stellen.

Viele neue Gesetze werden durch sehr unerfahrene neuangestellte junge Beamten verabschiedet, die oft in sich widerspruechlich sindDa sich inzwischen ganz integere Menschen in den Institutionen ganz entsetzt zurueckziehen, werden diese Institutionen auf ein sehr schwaches Fundament gegruendet.

Die Lage verkompliziert sich durch den teilweise intransparenten und teilweise offengetragenen Streit der Geheimdienste von Polizei und Militaer untereinander. Dadurch wird eine politische Intrigenwirtschaft entwickelt, welche die Autoritaeten jeglicher politischer Fuehrungsschicht untergraebt. Dementsprechend ziehen die von ihnen halb informierten Massenmedien alle Politiker vom Staatspraesidenten ueber Premierminister bis zu den Ministern in den Schmutz. Vermutungen. Spekulationen werden als Wahrheiten dargelegt, so dass Buerger und Buergerinnen absolut orientierungslos werden.

Ein wichtiger Prozess der wirtschaftlichen Transition laeuft sehr verdeckt als ein Machtkampf bestimmter politischer Clans um die besten Ressourcen des Landes (Telecom, Kommunikation, Transitwege, grosse Baufirmen mit gutem Ruf im Ausland, Banken, Elektrowerke usw.).

In vielen auslaendischen Berichten wird die Kriminalisierung der serbischen Wirtschaft als Haupthindernis fuer die auslaendischen Investitionen angesehen.

Es gibt keinen einzigen Bereich, in dem Menschen nicht von Angst um ihre Zukunft besetzt sind. Deshalb kann mein Bericht kaum die Lage wiedergeben, weil jeden Tag eine Hiobsbotschaft die andere abloest. Dadurch veraltet jeder Bericht in Kuerze. Z.B. wurde gestern ein Bericht eines Ausschusses in Montenegro veroeffentlicht, der die Existenz eines riesigen Ausmasses an Zigarettenmafia bestaetigt hat. Mit diesen Mafiageschaeften (Schmuggel von Tasusenden Tonnen an Zigaretten) verbinden die Zeitungen seit Monaten aus der ganzen Region bis hin nach Zagreb zwei wichtige Politiker: den montenegrinischen Staatspraesidenten Milo Djukanovic und den serbischen Premierminister Zoran Djindjic. Demzufolge kann von einer Kooperation der Mafia mit Polizeikraeften ausgegangen werden, die von oberster Stelle gedeckt werden. Wies sich diese Aufdeckungen politisch entwickeln, liegt im Unklaren, da die Verhandlungen ueber die Rekonstruktion des jugoslawischen Staates voll im Gange sind und in ihnen Milo Djukanovic eine wichtige Rolle spielt.

Voll im Gange ist auch die tiefe und ernsthafte Zerstrittenheit zwischen Staatspraesident Vojislav Kostunica und dem serbischen Premierminister Zoran Djindjic. Jedoch liegen alle politischen Koordinaten der heutigen jugoslawischen Politik immer noch sehr im Dunklen.

Meine Analyse aus dem letzten Bericht hat sich bestaetigt, dass es sich nicht nur um zwei voellig entegengesetzte politische Fuehrungsstile und Ideen (Legalismus, konservative Vorsicht, nationale Orientierung des Staatspraesidenten Kostunica sowie das revolutionaere Recht, den Reformenthusiasmus eines Neoliberalen und die bedingungslos westlich orientierte Politik des Premierministers Djindjic) handelt, sondern auch um die tatsaechlich unausgewogene Machtverteilung nach den Oktoberwahlen.

Der Staatspraesident ist immer noch die beliebteste politische Persoenlichkeit in Serbien. Durch die Schwaeche seiner Partei und seiner Verfassungsposition konnte er sein Ansehen und seine politischen Vorstellungen nicht institutionalisieren, so dass er ueber keine Insturmente verfuegt, die Entscheidungen des regierenden Blocks entsprechend zu beinflussen. Dies traegt zu seiner starken persoenlichen Frustration und zur Enttäuschung seiner Partei und anderer Kreise, die ihn unterstuetzen, bei. Das fuehrte dazu, dass er und seine Partei den regierenden Parteiblock (DOS) verlassen haben.  Daraufhin wurden die Abgeordneten seiner Partei aus dem serbischen Parlament geschmissen. Kostunica reagierte mit der Bildung einer Schattenregierung.

Jetzt sind die Wahlen fuer den Staatspraesidenten Serbiens ausgeschrieben und Praesident Kostunica wird sich fuer diese maechtigere Position bewerben. Dadurch wird er voraussichtlich in eine noch schaerfere Konkurrenz zu Dijindjic kommen, da es sich um die politischen Positionen innerhalb der Republik Serbien und um einen engeren politischen Raum als Kampffeld handelt.  Als Gegenmassnahme hat Djindjic eine den Auflagen des Internationalen Waehrungsfonds aufgeschlossen gegenueberstehende Persoenlichkeit, Miroljub Labus, in diese Position vorgeschlagen, so dass Kostunica kuenftig langsam aus dem politischen Feld gedraengt werden wird.

Die Fehden zwischen dem Staatspraesidenten und dem Regierungsschef fuehrten inzwischen zur tatsaechlichen Spaltung der Bundes- und Republikverwaltung und ziehen eine sehr bedrohliche Spaltung der staatlichen Institutionen, wie Gerichtswesen, Armee und Polizei, nach sich.

Praesident Kostunica hat gerade den Chef des Generalstabs, General Nebojsa Pavkovic, pensioniert. Diese Pensionierung forderten alle westlichen Regierungen. Der Generalstabschef, der das Kommando ueber die 3. Armee im NATOkrieg innehatte und dadurch in der Bevoelkerung beliebt ist, hat jedoch abgelehnt, in Rente zu gehen. Nun konstruiert er eine sehr ernsthafte und folgentraechtige Affaere eines von Praesident Kostunica in Auftrag gegebenen militaerischen Putsches gegen die Regierung Djindjic.

Die in ihren Finanzmitteln in letzter Zeit sehr reduzierte Armee ist stark frustriert und destabilisiert. Keiner weiss, in welche Richtung sich jetzt die Situation entwickeln wird. Unklar ist auch, wer welche Faeden ziehen wird: Militaer, Geheimdienste, Polizei oder auslaendische Maechte, die anscheindend in diesem Streit arg mitgespielt haben.

Der Streit der Parteien, der voll im Gange ist, wurde ueberlagert von dem oben beschriebenen Streit. Doch bleibt das Problem:

Viele Parteien in der serbischen Regierung sind sehr klein. (Keine von ihnen wuerde den Zensus von 5% erreichen). Die Parteien bleiben durch den starken Druck der auslaendischen Faktoren und die vielfaeltigen Verwicklungen in verschiedene Geschaefte zusammen. Die reelle schwache Verwurzelung der regierenden Parteien in der Waehlerschaft ist auch eine Quelle der Streitereien, weil die Partei des Staatspraesidenten mit Recht mehr Einfluss auf den Prozess des politischen Entscheidens verlangt, als ihn eine Partei hat, die 0,05% Prozent der Waehlerstimmen auf sich vereinigt und dabei mehrere Minister in der serbischen Regierung stellt.

Auch unter den kleinen Parteien gibt es Querelen, wie sie sich in der Oeffentlichkeit profilieren sollen, um bei den naechsten Wahlen besser abzuschneiden. (Jetzt profiliert sich eine der kleinen Parteien, die DHS, christlich-demokratische Partei Serbiens, durch die verwirrenden Kampagne des Referendums fuer die Unabhaengigkeit Serbiens. Die BuergerInnen wissen nicht recht, ob dahinter die Regierung Serbiens steht, da sie sich nicht besonders dagegen wehrt. Dies schwaecht die EU-Position, weil Solana als Sonderabgesandter der Europaeischen Union direct am Aufbau des neuen Staates Serbien-Montenegro beteiligt ist. Gleichzeitig schwaecht dieser Vorstoss der kleinen Partei die Position des Staatspraesidenten, der sich stark fuer die Reorganisierung des jetztiges Staates einsetzt.  

Auch der stellvertretende Ministerpraesident der serbischen Regierung, Nebojse Covic, schlachtet die Probleme in Suedserbien parteipolitisch aus, indem er sich so darstellt, als wuerde er das Problem in Suedserbien und Kosovo loesen, obwohl er kein einziges Projekt als ein multiethnisches definiert und durchgesetzt hat.   

Es gibt kein einziges politisches Thema, das nicht in diesem Streit politisch ausgenuetzt wird und die zerstrittenen Seiten immer mehr voneinander entfernt und den Staat ernsthaft bedroht:

Der Wunsch der Republik Montenegro nach Unabhaengigkeit laesst die Frage der Stabilisierung der Region weiterhin offen. Das neueste Abkommen ueber die neue Staatengemeinschaft Serbiens und Montenegros beinhaltet allzu viele unklare Punkte. Der Wille der Montenegriner zur Seperation ist nach nach wie vor sehr stark. Die Parteien arbeiten unter dem Druck der EU an einer neuen Verfassung. Die EU zwingt sie zu einer Kooperation. Verbal bekunden die Montenegriner ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit. De facto werden alle Verhandlungen in die Laenge gezogen. In Montenegro rechnet man, dass die politische Krise in Serbien eskaliert und die Politiker an der Regierungsspitze daher unfaehig sein werden, die ernsthafte Konsolidierung oder Gruendung eines neuen Staates durchzusetzen. Man befuerchtet weiterhin kuenftige politische Erdbeben, die das neu konzipierte Staatsgebilde voellig zerstoeren werden.

Von der Loesung dieser Frage haengt auch die Frage nach dem Status vom Kosovo ab, da mit dem endgueltigen Zerfall der BR Jugoslawien alle UN-Resolutionen hinsichtlich des Kosovo hinfaellig werden.

Diese ungeloeste Geschichte setzt sich fort in den Unabhaengigkeitsbestrebungen der Albaner in Mazedonien, Montenegro und im Sueden von Serbien. Noch immer scheint das Modell der bewaffneten Auseinandersetzung als eines erfolgreichen Weges zu mehr Autonomie bis zur voelligen Unabhaengigkeit sehr verlockend und stellt eine offene Gefaehrdung des Friedens in der Region dar.

Inzwischen eroeffnen bestimmte Parteien aus der Vojvodina die Frage nach deren Autonomie und Unabhaengigkeit. Es wird verlangt, dass die Vojvodina auch eine Republik wird, was eine weitere Zerstueckelung des Landes bedeutet, dessen Ende nicht mehr absehbar wird.

Auf der symbolischen Ebene zeigt sich dieser Vorgang folgendermassen: Nenad Canak, der Regierungschef der Vojvodina, der einflussreichste Politiker der Region, der ausgerechnet zum DOS-Buendnis gehoert, zeigt sich seit neuestem mit einem Palaestinesertuch um den Hals. Er moechte diesen erst abnehmen, wenn die Vojvodina unabhaengig ist. Damit stellt er die Vojvodina als Opfer Serbiens dar und diese Opferrolle in die Tradition von Rugova und Arafat, obwohl er zur Regierungspartei gehoert. Rugova schwor, einen dunkelroten Schal, die Farbe der albanischen Flagge, so lange zu tragen, bis das Kosovo von Serbien unabhaengig wuerde. Seit der Besetzung des Kosovo durch die NATO nahm er den Schal ab. Canac versucht auf diese Weise in Deutschland einen starken Verbuendeten zu finden, indem er die Frage nach dem Status der Deutschen in der Vojvodina aufwirft.

Es steht ein neues Gesetz in Aussicht, wonach allen enteigneten Personen ihr ehemaliges Eigentum zurueckgegeben werden soll. Dadurch stellt sich eine sehr empfindliche Frage nach der Rueckgabe und Rueckkehr der nach dem 2. Weltkrieg vertriebenen Deutschen. Diese Frage wird langsam in einem konflikttraechtigen Schluessel politisiert, zumal die Haeuser der Deutschen an die Montenegriner, Dalmatiner und Kaina-Serben gegeben wurden, die im 2. Weltkrieg sehr gelitten haben. Es stellt sich daher die Frage, wohin sollen sie gehen. Die Verbaende der Vertriebenen in Deutschland puschen diese Frage sehr hoch, vor allem in Bayern. Dieser Frage muss in Zukunft eine besondere Aufmerksamkeit gezollt werden.

In Jugoslawien hat sich auch die wirtschaftliche Lage den letzten Monaten zugespitzt. Inzwischen gibt es einen Preisanstieg, jaehrlich etwa um 40-60% bei stagnierenden Loehnen: viele Unternehmen gingen Pleite. Gestern wurde der Strompreis um 50% erhoeht. Viele Haushalte sind nicht mehr in der Lage, die Stromrechnung zu bezahlen. Intransparent sind vor allem die Vorgaenge, wie noch einigermassen funktionierende Firmen heruntergewirtschaftet werden, so dass sie fuer ein Minimum des Wertes erworben werden koennen. Voellig unklar ist es, wie die Regierung die sog. “strategischen Partner” finden soll, die angeblich verpflichtet sind, 5 Jahre im Land zu bleiben. Aus den neuesten Erklaerungen des Ministers fuer Privatisierung ging klar hervor, dass viele Firmen vom auslaendischen Kapital fuer kleines Geld abgekauft werden, um geschlossen zu werden, damit ein neuer Markt fuer auslaendische Produkte entstehen kann. Man schaetzt, dass dadurch in diesem Jahr zusaetzlich 500.000 Menschen entlassen werden sollen.

Mann/Frau soll dazu bedenken, dass in fast allen Bereichen eine sehr hohe Arbeitslosigkeit herrscht. 40% der Familien leben schon jetzt unter dem Existenzminimum.

Jugoslawien steht weiterhin unter dem starken Druck (vor allem von seiten der USA), verschiedene Auflagen des Westens zu erfuellen, um Kredite zu bekommen. Das ruft verschiedene politische Krisen hervor. Die Loesung der Krisen braucht Zeit. Die Loesungen sind jedoch erzwungen und halbherzig, weshalb die Krisen weiterhin lauern. Die Folge: Das auslaendische Kapital moechte nicht im Land investieren. Die politischen Kraefte um Dr. Kostunica und Dr Djindjic sehen die Auflagen des Westens verschieden.  Dies schiebt die wirtschaftliche Hilfe ebenfalls auf, was wiederum die allgemeine Krise der serbischen Gesellschaft vertieft.

Die erwartetete wirtschaftliche Hilfe des Westens blieb zum grossen Teil aus, weil sie in Form von zurueckzuzahlenden Krediten gegeben wurde und alte Schulden dadurch zurueckgezahlt werden.

Ich habe neulich im Bildungsministerium eine Liste der Lehrmittel fuer Schulen gesehen, die die Weltbank fuer 12 Regionen zugestanden hat. Zum Beispiel bekommt eine Region nur ein Mikroskop. Das heisst etwa fuer Bujanovac: 14 Schulen brauchen ein Mikroskop. Das bedeutet, sie muessen nach Leskovac, ins Zentrum der Region, gehen, um dort das Mikroskop fuer kurze Zeit ausleihen zu duerfen, wobei Leskovac eine Region mit mehr als 200 Schulen abzudecken hat.

Auf der anderen Seite ist die politische und wirtschaftliche Instabilitaet des Landes ein Grund, nicht in die Wirtschaft Jugoslawiens zu investieren. Jugoslawien zaehlt immer noch zu den wirtschaftlich unsicheren Regionen. Die erhofften Investitionen blieben aus, so dass sich das Ganze im Teufelskreis dreht.

Die Hoffnung, dass die Transition der Wirtschaft einen sozialen Dialog ermoeglicht, hat sich nicht erfuellt. Gewerkschaften sind marginalisiert. Streiks zeitigten keine grosse Wirkung. Die Arbeits- und Sozialrechte sind ausgehebelt.

Die Oeffentlichkeit erschuettern sehr oft die Nachrichten ueber die Verflechtung der neuen demokratischen politischen Strukturen mit starken mafioesen Strukturen, die im Dunkeln die Faeden ziehen. BuergerInnen haben oft den Eindruck, dass es sich auf allen Ebenen der Politik nur um einen persoenlichen Machtstreit handelt, der sehr wenig mit der aeusserst gespannten wirtschaftlichen und sozialen Lage im Land zu tun hat.

Mann/Frau spricht von einer schmerzlichen Schocktherapie, die Fruechte in den naechsten Jahren tragen soll. Doch ist es sehr schwer einzuschaetzen, ob arbeitslose Menschen langfristige Geduld aufbringen. Zur Zeit sind mehrere Streiks fuer den Herbst angekuendigt.

Zur Zeit versuchen die in den letzten Wahlen gescheiterten Parteien ihren Einfluss auf die unzufriedenen Massen geltend zu machen und rufen erneut zu grossen Demonstrationen und Aufstaenden auf (Vuk Draskovic, Rechtsradikale und Sozialisten). Fuer den 29.06.2002 ist die erste Kundgebung der politischen Verlierer in Belgrad angesagt.

Viele Analytiker glauben jedoch nicht an die erfolgreiche Rueckkehr ausgerechnet dieser Politiker. Denn die sozial-wirtschaftliche Dimension des Lebens der BuergerInnen verlangt die wahren Loesungen der Problematik und nicht das ueble, fruchtlose und letztlich althergebrachte politische Spiel der verbrauchten Parteien.

Die Politikverdrossenheit ist trotzdem eine Chance der Reformer, da die BuergerInnen nicht dazu neigen, das Alte zu restaurieren. Viele wuenschen konsequente Reformen unter anderen Politikern, die mehr Vision, Empfindlichkeit, Ernsthaftigekit und Verstaendnis fuer das Land und ihre Buerger zeigen.

In Serbien herrscht wieder ein Gefuehl von einem politischen Chaos vor, dessen Ausgang ungewiss und erschreckend sein kann. Enttaeuschung und politische Muedigkeit breiten sich aus. Jedoch erkennt man nicht mehr die politische Kraft, die an einem echten und verantwortungsbewussten  politischen Strang ziehen wuerde.

 

 

  1. AKTUELLE POLITISCHE UND SOZIO-OEKONOMISCHE LAGE IN BUJANOVAC

 

Fuer 27. Juli 2002 sind Wahlen in drei Gemeinden in Suedserbien (Bujanovac, Preshevo, Medjeva) ausgeschrieben. Die kritische Gemeinde ist Bujanovac, weil Albaner dort mit ca. 60 % die Mehrheit der Bevoelkerung bilden, aber in der Verwaltung nicht beteiligt waren. Sie bekommen daher kuenftig die Verwaltung.

Die bevorstehende politische Veraenderung der Nationalstruktur im oeffentlichen Dienst, wo Albaner bis jetzt stark unterrepraesentiert waren, werden zur Entlassung der ueberrepraesentierten Serben notwendigerweise fuehren. Dies wird auch zur falschen Rezeption eines normalen demokratischen Vorganges fuehren, zumal die serbische Regierung den Konflikt in Suedserbien nur vom militaerischen Aspekt oeffentlich verarbeitet   und dadurch alle Albaner zu Terroristen stilisiert hat. 

Die albanischen Politiker aus der Region Suedserbiens sprechen ihrerseits nur ueber die Menschenrechte der Albaner. Sie sind in regelmaessigem Austausch mit Pristina. Unter ihnen gibt es zwei Stroemungen: eine gemaessigte, die sich an Rugova orientiert, eine der UCPMB, die sich Hacim Taci anschliesst. Ihre politische Meinung unterscheidet sich zwar in der Wahl der liberalen oder militaerischen Mittel. In ihrem langfristigen politischen Ziel, dass Suedserbien an das Kosovo angeschlossen werden soll, sind sie sich jedoch einig. Sie meiden regelmaessig das Wort Serbien, verhandeln ungern direkt mit der serbischen Regierung und waehlen lieber die Vermittlung der internationalen Organisationen wie OSZE oder US-Botschaft. Niemand weiss, ob im Hintergrund eine solche Entscheidung schon mit auslaendischen Maechten und der serbischen Regierung getroffen wurde, zumal man/frau von der Kantonisierung Kosovos und der Regionalisierung Suederbiens spricht, was in unserem politischen Verstaendnis als Vorstufe der Unabhaengigkeit solcher Gebilde, die dann auch ausgetauscht werden koennten, gedeutet wird. Dadurch fuehlen sich die Serben sehr verunsichert und an die Wand gedrueckt. Ihre Aengste verstaerkt die Tatsache, dass sie aus dem Ganzen Verhandlungsprozess um die neue politische Konstellation in Bujanovac, Presevo und Medvedja ausgeschlossen wurden und keinen einzigen Aspekt der Loesung direkt kennen oder selber entschieden haben.

Soweit ich informiert bin, bevorzugen insgeheim viele Albaner im Sueden Serbiens den Tausch der Territorien: drei Gemeinden Suedserbiens sollen um Mitrovica-Gebiet im Nordkosovo ausgetauscht werden. Das ganze Leben der albanischen Gemeinschaft in Suedserbien orientiert sich sehr nach Kosovo und Pristina. Schueler besuchen Grabstaetten der Gafallenen im NATO-Krieg um Kosovo, Geschaeftsleute verhandeln mit Geschaeftspartnern in Pristina, Familien besuchen Pristina, wenn sie ins Theater gehen wollen. Immer weniger wird Serbien als der Staat der Albaner erlebt. 

Ein weiteres Problem ergibt sich aus der Situation, dass die fuehrenden albanischen Politiker aus Suedserbien    weder eine wirtschaftliche   noch eine multiethnische Vision entwickelt haben und den Serben und Roma angeboten haben. Insofern entwickeln alle in der Region lebenden Ethnien starke Aengste, vertrieben zu werden oder nicht mehr an politischen und wirtschaftlichen Prozessen beteiligt zu werden.

In einer solch gespanngten Lage bieten derzeit Albaner den verunsicherten Serben in Bujanovac fuer deren Haeuser, Wohnungen und Ackerland zum Teil um 7-fach ueberhoehte Preise an. Sie verlassen nach und nach Bujanovac, sei es um die guenstigen Angebote zum Aufbau einer neuen Existenz auszunuetzen. Argumente der Politiker gegen einen Wegzug der Serben und anderen Ethnien haben demgegenueber kein Gewicht, zumal die Politiker ihnen keine wirtschaftliche Perspektive anbieten.

Ich betrachte diesen Prozess als die Folge der eindeutig autoritaeren Politik der serbischen Regierung in dieser Gegend. Es gab absolut keine Anstrengung der serbischen Regierung, Serben und Albaner zueinander zu fuehren. Ich habe nie eine Vertrauensbildungsmassnahme der serbischen Regierung gesehen, die die Feindbilder haette abbauen und die Angst der BuergwerInnen vor den neuen Entwicklungen mindern koennen.

Die basisdemokratische Orientierung der Politik ist weiterhin aufgehoben, die Erfahrung des gemeinsamen Lebens der BuergerInnen verschiedener Ethnien wird nicht ausgenuetzt, um die Lage zu stabilisieren. Die Buerger sehen sich in ihrer politischen Ohnmacht als Objekte der Prozesse, die schnell die Form des Konfliktes einnehmen koennen.

Ich bleibe bei meiner Einschaetzung aus dem letzten Bericht:  Aengste der anderen Ethnien als Zeichen von deren Irrationalitaet oder Nationalismus zu deuten, ist falsch. Auch die Irrationalitaet ist ein Beweis, dass schlechte Politik gemacht wird, weil BuergerInnen nicht genug aufgeklaert sind, um rational die Lage einzuschaetzen und rationale Entscheidungen treffen zu koennen. 

Dies bestimmt weiterhin meine wichtigsten friedenspolitischen Ziele.

 

a)    Ich moechte die BuergerInnen staerken, sich als politische Subjekte zu erfahren, die ueber die Lage in der Region entscheiden koennen

b)    ihren Friedenswillen sichtbar machen und sie dadurch staerken, sich als echte Partner der Politik und der internationalen Organisationen zu erleben und durchzusetzen.

                  Alle unsere Projekte verfolgen folgende weitere wichtige Ziele

c)    die Realisierung eines beispielgebenden Pilotprojekts in der konflikttraechtigen Grenzzone;

d)    die Schaffung des Bewusstseins ueber die Stellung der Region in der Gesamtwirtschaftsentwicklung Suedosteuropas und Europas ueberhaupt;

e)   die Schaffung des Bewusstseins ueber die Stabilitaet als Grundlage der Stabilitaet der Region;

f)     die Schaffung des Bewusstseins ueber die erforderlichen Formen der Demokratisierung im multi-ethnischen Kontext des Suedens Serbiens als Voraussetzungen des Friedens und gesunden Wirtschaftens;

g)   die Schaffung des Bewusstseins ueber die Notwendigkeit der Kooperation und Solidaritaet

h)   die Schaffung des Bewusstseins ueber die Ressourcen der Region;

i)     die Unterstuetzung der Ressourcen und Potentiale der Menschen aller Ethnien;

j)     das Erwecken des Bewusstseins, dass wache, intelligente, kreative, fleissige Menschen ihre Region auf allen Ebenen (wirtschaftlich, politisch, sozial, kulturell) modernisieren koennen;

k)      die wirtschaftliche und existentielle Stabilisierung der Lage in einer verarmten Krisenregion, die in einem bewaffneten Konflikt stand;

l)        die Schaffung einer Atmosphaere, in der Menschen demokratisch und friedlich handeln koennen;

m)    eine Erhoehung der Beschaeftigungschancen verschiedener sozialer Gruppen (Frauen, Jugend, mittlere Altersgruppe);

n)      das Aufhalten der Migrationsstroeme;

o)      die Verhinderung der Entstehung des sog. grauen Marktes in der Grenzzone;

p)      die Staerkung der Buerger in ihrem Wunsch, korrupte Strukturen bekaempfen zu koennen;

q)      die Verbesserung der Kommunikation und Transitwege;

r)       die Verbesserung der Informationsbasis der BuergerInnen;

s)       eine Ermutigung der BuergerInnen, die grossen Probleme anzugehen, anstatt sich aufzugeben und sich von ihnen erdruecken zu lassen;

t)        die Unterstuetzung der Menschen, aus der desolaten emotionalen Lage einen Weg herauszufinden;

u)      einen Abbau der sozialen Spannungen;

v)      einen Beitrag leisten zur Entschaerfung der militaerischen Krisen in der Region;

w)    einen Beitrag zu leisten zum Prozess der Demokratisierung und Befriedung der Region;

x)      den Interessierten das Know how der zivilen Konfliktbewaeltigung beizubringen.

 

 

3. PROJEKTE IN BUJANOVAC 

 

Zunaechst moechte ich darueber berichten, wer als Gast in Bujanovac bei mir weilte. Es waren: im Maerz Manfred von der Muensterer Friedensinitiative in Nottuln und Almut Hielscher als Hospitantin der AG Qualifizierung[1]. Ausserdem besuchten unser Zentrum mehrere Organisationen. Zwei wichtige Besuche waren von Thomas Eckert vom Auswaertigen Amt, der zur Zeit im Team von Xavier Solana in Belgrad weilt und von Dr. Hildegard Heusch von der GTZ. Allen diesen Gaesten haben wir alle Projekte vorgestellt und verschiedene Projekte vor Ort vorgestellt. Diese Besuche waren ausserordentlich wichtig, weil sie die Zukunft der Projekte garantieren koennen.

Hiermit liste ich die Projekte auf, die in Bujanovac z. Zt. laufen, und kommentiere sie:             

 

                                                                                 

-                  Englischkurse fuer ethnisch gemischte Gruppen

Ziel des Projektes: Unterstuetzung des Dialogs und Unterstuetzung der TeilnehmerInnen, bessere Jobchancen zu haben

Projektbeginn: 1.09.2001-30.06.2002.

Dauer des Projektes: 10 Monate 

Finanzielle Unterstuetzung durch: das Forum ZFD, Internationalesf Frauennetz fuer den Frieden, Bonn

Anmerkung: Dieser Kurs geht zu Ende und wird wahrscheinlich nicht mehr angeboten, weil die UNDP viele Kurse veranstaltet hat und den Bedarf gedeckt hat. Unser Kurs war der erste und hat sehr viel zum guten Ruf unseres Zentrums beigetragen, da man von aussen immer die Gruppen sehen konnte, die gearbeitet haben. Diese Menschen waeren auch fuer ein Kulturangebot erreichbar, in dem viele Elemente der Friedenskultur der Konfliktbewaeltigung angesprochen werden koennten. Sollte ein Kollege oder eine Kollegin in das Projekt kommen, so wird sie eine gute Ausgangslage fuer die naechste Stufe unserer Arbeit vorfinden, die darin bestehen sollte, Elemente des Friedens und des Konfliktes bewusster zu machen. Das war ich nicht in der Lage, allein zu leisten, weil ich eine grosse Gruppe von 20 Menschen nicht in einem Workshop allein ansprechen konnte. Die hoechste Schwierigkeit meiner Arbeit bestand darin, dass ich keine Arbeit im Team vornehmen konnte. Es hat sich erwiesen, dass 15 Menschen zu viel sind und so gross waren alle Gruppen.

 

-                  Computerkurse fuer ethnisch gemischte Gruppen

Ziel des Projektes: Unterstuetzung des Dialogs und Unterstuetzung der TeilnehmerInnen, bessere Jobchancen zu haben

Projektbeginn: 1.4.2002.

Dauer des Projektes: 9 Monate  

Finanzielle Unterstuetzung durch: Auswaertiges Amt der BRD und Freedom House

Anmerkung: Das Projekt laeuft seit dem 1.4.02. Geleitet wird der Kurs von einer Serbin und einem Albaner und koordiniert von einer Albanerin. In unserem Zentrum sind 10 Computer aufgestellt. Wir haben drei multiethnische Gruppen gebildet, die insgesamt 60 Teilnehmer umfassten. Bis zum Ende des Projektes werden wir 180 Besucher des Projektes haben. Es herrscht eine sehr schoene Atmosphaere im Kurs vor. Diese moechte ich an einem Beispiel verdeutlichen: eine 46-jaehrige Serbin steht kurz vor ihrer Entlassung. Als ein Albaner davon hoerte, bot er ihr an, ihr bei der Suche nach einem neuen Job behilflich zu sein. Die einzige Schwierigkeit bereitet uns hier das Freedom House, das das Projekt nicht fuer 9 Monate abgesichert hat, wie sie es versprochen hatte. Dies bringt eine gewisse Nervositaet unter die Lehrkraefte, weil ihre Taetigkeit moeglicherweise nicht bezahlt werden kann.

 

-                  Computerkurse fuer ethnisch gemischte Frauen- und Maedchengruppen

Ziel des Projektes: Unterstuetzung des Dialogs und der Unterstuetzung der Teilnehmerinnen, bessere Jobchancen zu haben

Projektbeginn: 1.4.2002.

Dauer des Projektes: 9 Monate 

Finanzielle Unterstuetzung durch: Auswaertiges Amt der BRD und Freedom House

Anmerkung: Dieser Kurs ist spezifisch nur fuer Maedchen und Frauen organisiert, weil viele Frauen vor der Entlassung stehen, weil sie keine Computerkenntnisse besassen. In einem Fall hat es einen Arbeitsplatz gerettet. Dieser Kurs soll auch unsere anderen Frauenprojekte unterstuetzen.          

 

-                  Computerkurse fuer die Dorfjugend in den albanischen und serbischen Doerfern

(ein Teil des BUS-NET-Projektes)

Ziel des Projektes: Unterstuetzung des Dialogs und Befaehigung der Dorfjugend, besser die oberen Schulen abzuschliessen 

Projektbeginn: 1.11.2001

Dauer des Projektes 12 Monate (6 x 2-monantige Kurse)

Finanzielle Unterstuetzung durch: Auswaertiges Amt der BRD

Anmerkung: Wir haben einen zweimonatigen Kurs hinter uns in einem albanischen und in einem serbischen Dorf. Gerade laeuft ein Kurs in einem gemischten Dorf. Die Erfahrung zeigt, dass Kinder voller Vorurteile sind. Sie haben negative Vorbilder in den anderen Ethnien und sind voll von Aengsten, dass die andere Ethnie sie auch hasst. Andererseits braucht man nur wenige Mittel dazu, die Neugier der Kinder auf den Kontakt mit Kindern der anderen Ethnie zu wecken. In gemischten Doerfern kennen sich die Kinder besser und so sind hier die Spannungen geringer. Diese Projekte sind unsere Eintrittskarte fuer ein Dorf. Aufgrund unserer Taetigkeit lernen wir dann die Doerfer und ihre Probleme kennen und versuchen die Gemeinsamkeiten festzustellen, die dann die Menschen einander naeher bringen. Wir sind jetzt auch von Doerfern um Beistand gebeten worden, die als Hochburgen der UCPMB galten, wie Comcul. Dieses Projekt wird bis Ende November gehen, solange die Finanzierung durch das Auswaertige Amt dauert.   

 

-                  Ausstattung der Grundschulen der Gemeinde Bujanovac  (gemeinsam mit UNICEF und OSZE)

Ziel des Projektes: Unterstuetzung des Dialogs unter den Schulleitern, Lehrern und Schuelern

Projektbeginn: 1.03.2002

Dauer des Projektes 6 Monate 

Finanzielle Unterstuetzung durch: offen

Anmerkung: Das Projekt verlief sehr gut trotz der Tatsache, dass die OSZE sich nicht an ihre Versprechungen hielt. Fuer das Projekt selbst, Lobbyarbeit zu leisten, hat sich die UNICEF bereit erklaert: sie will das Projekt bei den verschiedenen Donatoren unterstuetzen. Wir haben eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich aus den Schuldirektoren der verschiedenen Orte, Gemeinden und Kulturinstitutionen zusammensetzte. Diese Arbeitsgruppe traf sich regelmaessig, diskutierte ueber die Lage in den Schulen und sie hat klare Kriterien aufgestellt, wie die Beduerfnisse der Schulen befriedigt werden sollten. Durch diese klare Prozedur und klaren Kriterien entstand eine grosse Solidaritaet und grosses Verstaendnis untereinander, weil sie erkannten, dass alle Schulen dieselben Probleme haben. In Absprache mit UNICEF haben wir die stellvertretende Bildungsministerin in Belgrad besucht, so dass das Projekt auch die Unterstuetzung der serbischen Regierung erhielt. Unterstuetzt durch die Regierung, UNICEF und formell durch die OSZE hat das Projekt eine grosse Chance, realisiert zu werden. Eine Folge des Projektes ist, dass die Schulen eine weitere Kooperation vereinbart haben. Sie haben eine kleine, bescheidene Praesentation organisiert. Wir luden die besten Schueler der 8. Klasse  (Abschlussklasse) ins Kulturzentrum in Bujanovac ein und sie lasen einige Aufsaetze in Albanisch und Serbisch vor. Beides wurde synchron uebersetzt. Zum Schluss haben die besten Schueler der Gemeinde Bujanovac auf 40 Ballons ihre Botschaften fuer die Welt geschrieben und diese Ballons gemeinsam in die Luft gesandt. In diesem Projekt war der Direktor der Schule aus dem Dorf Lucane, einer der Hochburgen der UCPMB, in der heute noch Bomben explodieren. In seiner Schule hielten wir unseren Computerkurs und den Kurs fuer Gesundheit ab, die beide sehr gut besucht waren. Zum Schluss des Kurses hat mir der albanische Direktor einen Kugelschreiber geschenkt, auf dem der weisse Engel vom Grab Christi aus der Stadt Priepolje, der Geburtsstaette meiner Mutter gemalt worden ist. Diese Begegnungen verliefen insgesamt sehr herzlich. Es bedarf nur der Achtung und Achtsamkeit, den Menschen gegenueber, um sich gegenseitig zu oeffnen.       

 

 

-                  Multiethnische Schule fuer Landwirte

Ziel des Projektes: Unterstuetzung des Dialogs und Befaehigung der Landwirte, die neuen Marktverhaeltnisse besser zu verstehen und besser fuer den Markt zu produzieren

Projektbeginn: 1.11.2002.

Dauer des Projektes:  8 Monate  

Finanzielle Unterstuetzung durch: Auswaertiges Amt der BRD und Forum ZFD

Anmerkung:  Das Projekt war sehr erfolgreich. Es wird aber trotzdem abgebrochen, weil wir eine maechtige Konkurrenz durch das Welternaehrungsprogramm (FAO) bekamen, die ein aehnliches Projekt jetzt planen. Sie haben mehr Geld, mehr Moeglichkeiten, dasselbe Projekt durchzufuehren. Allerdings ist ihr Projekt kein Friedensprojekt. Das zeigt die Aeusserung eines ihrer Vertreter: ob das Serben oder Albaner sind, ist voellig egal. Wenn wir einen normalen Zustand in der Gemeinde haetten, waere das ein normaler Satz. Aber in einer konfliktgeladenen Situation muessen die Menschen erst zueinander gebracht werden.     

                       

 

-                  Naehkurse fuer ethnisch gemischte Frauen- und Maedchengruppen

Ziel des Projektes: Unterstuetzung des Dialogs und Befaehigung der Frauen, wirtschaftlich selbststaendig zu werden

Projektbeginn: 15.06.2002.

Dauer des Projektes: 12 Monate

Finanzielle Unterstuetzung durch: Open Society Foundation

Anmerkung: Nach unserem erfolgreichen viermonatigen Kurs hat sich die Koenig Boudouin-Stiftung entschlossen, die Naehkurse fuer ein ganzes Jahr zu finanzieren. Wir sind gerade bei der Planung dieses Kurses. Das ist auch das erste Projekt, wo wir die Projektmittel der lokalen Gruppe Nachbarn fuer den Frieden verwalten lassen. Damit wollen wir erreichen, dass sie verantwortlich lernen mit den Geldern umzugehen, zumal die NGOs dazu neigen, die Gelder gesetzeswidrig zu gebrauchen (Ueberweisungen auf Privatkontos, mit Rechnungen mogeln), was jede NGO angreifbar macht. Diese Selbstverwaltung soll den Selbstachtungsprozess staerken. Instruktoren sind eine Albanerin und eine Serbin. Die zweite Albanerin ist die Organisatorin des Kurses.     

 

 

-                  Promotion der Frauengesundheit

Ziel des Projektes: Unterstuetzung des Dialogs und Befaehigung der Frauen, die Stressfaktoren in einer Konfliktregion besser zu bewaeltigen

Projektbeginn: 1.11.2001-31.07.2002.

Dauer des Projektes:  9 Monate

Finanzielle Unterstuetzung durch:  Open Society Foundation

Anmerkung: Dieses Projekt hat sich als erfolgreicher auf dem Land als in der Stadt erwiesen. Vor allem empfinden Albanerinnen solche Kurse als eine Art gesellschaftliches Ereignis, das ihnen erlaubt die haeuslichen Verhaeltnisse fuer eine Weile zu verlassen. Auf ihnen lastet eine riesige Arbeit. Solche Stunden empfinden sie sehr oft als eine Art Befreiung. Ob dieser Kurs fortgesetzt wird, ist unklar, weil er zum dritten Mal von derselben Stiftung finanziert sein sollte, was nicht ueblich ist.

 

 

-                  Promotion der Gesundheit der Romafrauen

Ziel des Projektes: Unterstuetzung des Dialogs und Befaehigung der Frauen, die Stressfaktoren in einer Konfliktregion und unter den schweren Lebensbedingungen der Romaethnie besser zu bewaeltigen

Projektbeginn: 1.11.2001-31.07.2002.

Dauer des Projektes:  9 Monate

Finanzielle Unterstuetzung durch:  Open Society Foundation

Anmerkung: Einen Teil des obigen Projektes haben wir den Romafrauen zugedacht, weil diese selten die Zeit finden, zu solchen Veranstaltungen zu kommen. Wir haben versucht, sie als eine zusammenhaengende Gruppe anzusprechen und nur sie, um ihnen eine besondere Achtung zu erweisen. Ein Teil des Workshops fand in unserem Zentrum statt, ein Teil im Zentrum der Partnerorganisation der Roma, das die Nottulner Friedensinitiative fuer drei Monate finanzieren. Von 37 Workshops hatten die Romafrauen 16. Daraus geht hervor, dass sie sehr angenommen wurden. Wir denken, dass die Gesundheitsproblematik eine Achse fuer viele Projekte sein koennte, weil die Roma in vielerlei Hinsicht bedroht sind.

 

-                  Wirtschaftliche und politische Unterstuetzung der Frauen durch Seminare und Workshops

Ziel des Projektes: Unterstuetzung des Dialogs und Befaehigung der Frauen, die neuen Bedingungen der Marktwirtschaft zu verstehen

Projektbeginn: 1.02.2001-31.07.2002.

Dauer des Projektes:  5 Monate

Finanzielle Unterstuetzung durch:  Schweizer Staats Agenz (SDC)

Anmerkung: Das Geld ist ueberwiesen worden. Wir werden dieses Projekt gemeinsam mit der Association der Fraueninitiative in Belgrad durchfuehren. Geplant sind zwei Reisen im Juli, eine nach Ohrid (Mazedonien) und eine nach Sremski Karlovci (Vojvodina). Die Moderatorinnen werden drei erfahrene Beraterinnen sein.         

 

-                  Frauengeschichten

Ziel des Projektes: Bildung einer konsistenten Frauengruppe, die spezifische Probleme der Frauen ansprechen soll.

Projektbegrinn: 1. Mai

Projektdauer: 31. November 2002

Finanzielle Unterstuetzung: Helsinki Citizens Parlament (Bonn), finanziert aus dem CIVIC-Projekt des Auswaertigen Amtes der BRD

Anmerkung: Es wurden schon 4 Seminare abgehalten. Es handelt sich um eine multiethnisch besetzte Gruppe von 25 Frauen. Die Hauptthemen der ersten Einfuehrungsworkshops waren die Geschichte der Frauenbewegung in Jugoslawien, verschiedene Formen der Gewalt gegenueber Frauen. Die Workshops sollen kuenftig die Lage der Frauen im Konflikt von Suedserbien behandeln und zum Schluss in eine Art Zukunftswerkstatt muenden. Das schoene Resultat dieser Begegnung ist das multiethnische Fotokochbuch, das eine Alternative zur Versorgung in Restaurants eroeffnet. Eine Albanerin und eine Serbin kochen fuer die ganze Gruppe ihre Spezialitaeten. Die Rezepte werden auf albanisch und serbisch aufgeschrieben. Die Arbeit in der Kueche und die Speisezubereitung sowie Verspeisung werden fotografiert und die Fotos mit Rezepten als ein gemeinsames Buch zusammengeheftet. Es hat sich herausgestellt, dass dieses Kochen zunaechst sehr viel Spass macht, dass das Essen selbst zum Fest ausartet. Zum Schluss wird jeweils eine schoene Geschichte erzaehlt, wie etwa ueber Sheherazades Kochkunst. Auch das Kochbuch von Marcel Proust aus seinem Roman Die verlorene Zeit wurde behandelt. Zusaetzlich boten wir wunderschoene Ausgaben von Schoener Wohnen zur Diskussion ueber das Thema an: kann eine Frau im Haus fuer sich selbst eine Ecke gestalten. Was kann eine solche geschuetzte Ecke fuer die Frauen selbst bedeuten, um zu sich zu kommen. Anregungen kamen auch ueber die Gestaltung von Bauernmoebeln. Gezeigt wurden Beispiele von Feministinnen auf der Welt, wie sie ihre Tische mit Decken gestalteten, auch wenn sie arm waren.

 

 

-        Marktprojekt

Ziel des Projekts: Verbesserung der Marktverhaeltnisse und Engagierung einer multiethnischen BuergerInnengruppe

Projektbeginn: 1.11.2001

Projektende: 30.11.2002

Finanzierung: Auswaertiges Amt Deutschland

Die Arbeit mit den Frauen war so erfolgreich, dass sie sich bereit erklaert haben, den Markt in Bujanovac mit Mitteln des Auswaertigen Amtes zu betreiben. Inzwischen wurde eine Arbeitsgruppe gebildet und diese hat es soweit gebracht, dass wir die Baugenehmigung fuer einen Brunnen und Toiletten haben und praktisch stehen wir vor der Ausschreibung und schaetzen ein, dass der Markt in Bujanovac bis Ende August die Toiletten haben wird.

 

-                  Unterstuetzung der lokalen Arbeitsgruppe, die fuer die Regelung des Flusses Juzna Morava eintritt (Teil des BUS-NET-Projektes)

Ziel des Projektes:  Befaehigung der Dorfgemeinden, den Fluss Juzna Morava vor der widergesetzlichen Sandabbaggerung seitens der Staatsmafia zu schuetzen    

Projektbeginn: 1.02.2001

Dauer des Projektes:  unbegrenzt

Finanzielle Unterstuetzung durch:  Auswaertiges Amt der BRD

Anmerkung: Wie bereits frueher beschrieben, ist es uns gelungen, durchzusetzen, dass die Regierung einen Ausschuss gebildet hat, der den Zustand des Flusses Morava geprueft hat. Der Ausschuss hat fuer ein Jahr jegliche Abtragung des Sandufers untersagt. Nach der Unterbindung der kriminellen Arbeit stieg der Preis vom Sand und vom Kies. Dann stuerzten sich die Mafiabosse erst recht auf die Ausbaggerung des Sandufers. Jetzt haben wir diese Situation dem zustaendigen Ausschuss mitgeteilt. Die Buerger erwaegen zur Zeit, die Strassen zu sperren, um den Fluss zu retten.     

 

-                  Aufbau der Wasserbrunnen in den Doerfern Nesalce und Zbevac ((Teil des BUS-NET Projektes)

Ziel des Projektes: Aufbau der Kooperation und Entschaerfung des Konfliktes      

Projektbeginn: 1.11. 2001-31.11.2002

Dauer des Projektes:  12 Monate

Finanzielle Unterstuetzung durch:  Auswaertiges Amt der BRD

Anmerkung: Wir haben die Projektfinanzierung jetzt dem Auswaertigen Amt ueberlassen. Inzwischen war Dr. Thomas Eckert in Bujanovac, hat beide Doerfer besucht und sich von der schlimmen Wasserlage selber informiert. Er hat unser Projekt stark befuerwortet. Die letzte Nachricht von ihm war, dass das auswaertige Amt das Projekt finanzieren will. Es prueft nur noch Einzelheiten. Daher warten wir auf den Bescheid. Sollte sich dieses Projekt verwirklichen, wird es der groesste Erfolg unserer Initiative sein, da es nicht als Entwicklungs-, sondern Friedensprojekt definiert wurde und als solches die Unterstuetzung fand.

 

 

-                  Aufbau der Partnerschaft zwischen dem albanischen Dorf Nesalce und dem serbischen Dorf Zbevac (Teil des BUS-NET Projektes)

Ziel des Projektes: Aufbau der Kooperation und Entschaerfung des Konfliktes      

Projektbeginn: 1.11. 2001-31.11.2002

Dauer des Projektes:  12 Monate

Finanzielle Unterstuetzung durch:  Auswaertiges Amt der BRD

Anmerkung: In beiden Doerfern haben wir bereits mehrere Projekte verwirklicht (Computerkurse fuer Schueler, Gesundheitskurs fuer Frauen, Landwirtschaftliche Vortraege). Sollte der Aufbau der Brunnen genehmigt werden, ist vereinbart, dass beide Doerfer ein riesiges Fest veranstalten, um so eine neue Zusammenarbeit zu projektieren. Das Projekt sieht vor, dass ein Dorf dem anderen Dorf beim Aufbau der Brunnen und Wasserleitungen hilft. Daraus kann sich ein Pilotprojekt fuer die ganze Region entwickeln. Man soll nur daran denken, dass beide Doerfer nahe am Kosovo liegen und demzufolge die Zusammenarbeit der Serben und Albaner der Gemeinde Bujanovac beispielhaft fuer die zukuenftige Zusammenarbeit der Serben und Albaner im Kosovo dienen koennte.

 

 

-                  Drehen eines Dokumentarfilmes mit den albanischen und serbischen Schuelern aus Nesalce und Zbevac (Teil des BUS-NET Projektes)

Ziel des Projektes: Aufbau der Kooperation zwischen den Schuelern der Grundschulen beider Doerfer      

Projektbeginn: 1.03. 2002

Dauer des Projektes:  6 Monate

Finanzielle Unterstuetzung durch:  Auswaertiges Amt der BRD und Clemens Ronnenfeld

Anmerkung: Mit dem albanischen Kollegen Orhan Kamberi habe ich einen Monat mit 30 Schuelern der 7. und 8. Klasse der albanischen Schule im Dorf Nesalce einen Dokumentarfilm gedreht. Wir haben zunaechst die albanischen Schueler gefragt, was sie aus ihrem Dorf den serbischen Kindern im Dorf Zbevac zeigen wollten. Es kristallisierten sich fuenf Themen heraus und fuenf fuer diese Themen interessierte Gruppen. Die Gruppen schrieben dann die Texte darueber, was sie sagen wollten, ueber Schule, Natur, Moschee, das eigene Leben und das Dorf selbst. In diesem Monat war jede Gruppe fuer einen Teil des Projektes zustaendig. Wir gingen durch das Dorf, wie ein Fernsehteam mit einer neuen Fernsehkamera. Zum Schluss haben wir das Material auf VHS-System uebertragen und in unserem Zentrum die Rohfassung angesehen. Leider hat es in diesem Monat sehr viel geregnet, so dass Aussenaufnahmen nicht moeglich waren. Im Mai waren die Abschlusspruefungen, so dass das Zusammenschneiden der Filme verschoben werden musste. Es gab auch einige technische Fehler, die unser Kollege als Filmamateur gemacht hat. Das war der Grund, weshalb ich mich entschlossen habe, diesen Film als eine Art Szenario fuer einen professionellen Dokumentarfilm drehen zu lassen. Ich bin zur Dokumentarredaktion des staatlichen Fernsehens gegangen und habe ein schriftliches Angebot gemacht, einen Dokumentarfilm zu drehen. Ich bekam die prinzipielle Zusage. Es ist die Frage des Termins, wann wir das machen. Wenn wir schon beim Sender sind, so moechte ich darauf hinweisen, dass die Dokumentarredaktion bereit ist, ueber alle Projekte einen Dokumentarfilm zu drehen.

 

-                  Englischkurs fuer die ehemaligen UCPMB Kaempfern (Teil des BUS-NET Projektes)

Ziel des Projektes: Integration der ehemaligen  UCPBM-Kaempfer in die Zivilgesellschaft durch die Requalifizierung in den ethnisch gemischten  Betrieben

Projektbeginn: 1.02.2002

Dauer des Projektes:  3 Monate

Finanzielle Unterstuetzung durch:  Auswaertiges Amt der BRD

Anmerkung: Ich habe das Projekt an das Forum ZFD mit dem letzten Bericht geschickt. Deshalb moechte ich hier nur mitteilen, dass der Englischkurs abgeschlossen worden ist und die Teilnehmer eine Pruefung abgelegt haben. Sie haben dann plangemaess ein Fest veranstaltet. Es waren ca. 50 Menschen dabei. Wir haben bei dieser Gelegenheit dem Jugendforum Crnotince einen Computer mit Drucker geschenkt.

 

-                  Computerkurs fuer die ehemaligen UCPMB Kaempfer (Teil des BUS-NET-Projektes)

Ziel des Projektes: Integration der ehemaligen UCPBM-Kaempfer in die Zivilgesellschaft durch die Requalifizierung in den ethnisch gemischten  Betrieben

Projektbeginn: 1.02.2002

Dauer des Projektes:  3 Monate

Finanzielle Unterstuetzung durch:  Auswaertiges Amt der BRD

Anmerkung: Dieser Kurs endete ebenfalls planmaessig und die Feier fand zum selben Zeitpunkt wie die des obigen Kurses, d.h. gleichzeitig und gemeinsam statt. Eine kurze Umfrage, wie sie sich fuehlen, ergab, dass sie alle sehr stolz auf ihr Ergebnis waren. Es war merkbar, dass sie jetzt eine Art Freundschaft zu uns empfanden, weil jetzt am Fest auch Serben teilnahmen.

 

 

 

-                  Schach club Crnotnce

Ziel des Projektes: Sinnvolle Freizeitbeschaeftigung auf dem Land, wo Juegendliche wenig Unterhaltungsmoeglichekiten haben

Projektbeginn: 1.02.2002

Dauer des Projektes:  

Finanzielle Unterstuetzung durch:  Auswaertiges Amt der BRD

Anmerkung:  Wir haben 5 Schachgarnituren gekauft und den Juegndlichen zur Verfuegung gestellt. Sie werden diese Garnituren in ihrem  Jugendzentrum aufstellen.

 

-                  Requalifizierung der ehemaligen UCPMB-Kaempfer (Teil des BUS-NET-Projektes)

Ziel des Projektes: Integration der ehemaligen  UCPBM-Kaempfer in die Zivilgesellschaft durch die Requalifizierung in den ethnisch gemischten  Betrieben

Projektbeginn: 1.02.2002

Dauer des Projektes:  6 Monate

Finanzielle Unterstuetzung durch:  Auswaertiges Amt der BRD

-                  Anmerkung: Nach dem Kreativworkshop absolvierten sie den theoretischen Teil ueber Arbeitsschutz und Arbeitsrechte.  Danach traten sie 250 Stunden Praxis im gewaehlten Job an, um diesen Teil der Requalifizierung erfolgreich durchzusetzen, haben wir eine Arbeitsgruppe gegruendet, die sich regelmaessig 2 Mal in der Woche in Crnotince traf und alle Probleme besprach und loeste. Ich fuhr zweimal nach Kosovo, um die Requalifizierung von sechs jungen Maennern im Kosovo zu organisieren, da sie nur in Pristina moeglich war (Hotelbetrieb). Es gab auch grosse Schwierigkeiten, die Menschen davon zu ueberzeugen, dass sie die Praxis regelmaessig zu besuchen. Anfaenglich versuchten sie die Bescheinigung der Firmen ueber die Praxis regelrecht zu kaufen. Sie boten den Vorarbeitern 50 Euro, damit sie gar nicht erscheinen muessten. Um das zu vermeiden, haben wir die ganze Praxis nach Bujanovac verlagert, wo unser Kollege sie jeden Tag von Crnotince nach Bujanovac und zurueckgefahren habt. Unser Projekt wurde fast das Opfer des allgemeinen Geistes der Korruption in dieser Gegend. Manchmal passierte es, dass sie 10 Minuten in die Firma kamen und dann die Firma verliessen, ohne uns zu benachrichtigen, um ihren eigenen Interessen nachzugehen. So haben sich 6 Teilnehmer unseres Kurses ploetzlich entschieden, sich als Zoellner ausbilden zu lassen. Ihr Motiv war, die Moeglichkeit, sich ueber Nacht mit Schmuggelgeschaeften zu bereichern. Um sie bei der Stange zu halten, musste ich immer wieder auf einen elementaren Kodex zurueckgreifen, wie: Ihr habt selbst das Projekt gewollt. Ihr habt die Verantwortung uebernommen. Ihr habt die Unterschriften geleistet. Ihr wolltet das. Es war Eure Entscheidung, diesen Beruf zu ergreifen. Wenn das Geld gegeben wurde, dann habt Ihr eine menschliche Verpflichtung dem Geldgeber gegenueber. Aber es war wie auf einem Karussel. Es gibt einfach keine Arbeitskultur, da alles gekauft werden kann. Wenn jemand ihre eigenen Normen eintrieb, wurde dieser als Sklaventreiber angesehen. Zum Schluss, als sie die Pruefung unter der strengen Regelung bestanden hatten, waren sie wieder ganz stolz. Ich habe gerade durch mein konsequentes Stehen zu ihren eigenen Entscheidungen erlebt, dass sie mich wert geschaetzt haben. Manchmal, wenn man an Walberberg denkt, muss man wesentlich mehr die Konsenstheorien, Beduerfnis- und Verhaltensanalysen als einen Idealismus betrachten, da es unendlich viel Zeit bedarf, um eine Erziehung zur Arbeit oder Bewusstwerdung zu erreichen. Menschen in einer armen Gegend versuchen die kurzen Wege zu gehen. Demokratie ist meiner Erfahrung nach dort sehr unerwuenscht, wo kurze Wege des Bestechens zum Ziel zu fuehren scheinen. Eine weitere wesentliche Schwierigkeit bestand darin, dass ich mich auf Kollegen, die die Aufgabe hatten, das Ganze waehrend meines Aufsuchens von Donatoren in Belgrad zu kontrollieren, nicht verlassen konnte. Dadurch ergibt sich immer die Zuverlaessigkeit von Menschen in einer armen Gegend, die nach tausenden Jobs Aussicht halten muessen.

 

-                  Um der allgemeinen Korruption entgegenzuwirken, haben wir beim Auswaertigen Amt ein Projekt zur Finanzierung vorgeschlagen, das den Aufbau des multiethnischen Business-Clubs vorsieht (siehe Attachement)

 

 

-                  Errichtung eines Obstgartens und eines Parks im Dorf Crnotince

(Teil des BUS-NET-Projektes)

Ziel des Projektes: Aufbau des Vertrauens zwischen den UCPBM-Kaempfern und der multiethnischen Organisation Nachbarn fuer den Frieden                

Projektbeginn: 1.03 2002

Dauer des Projektes:  4 Monate

Finanzielle Unterstuetzung durch:  Auswaertiges Amt der BRD

Anmerkung: Das Projekt ist halbwegs erfuellt in dem Ausmass, das wir versprochen haben. Sie haben sich entschlossen, das Geld, das fuer das Fest in Beyug auf das Feiern der Diplome vorgesehen war, in den Park investieren. Dabei war von unserer Seite her die Auflage, dass sie einen festen Arbeits- und Finanzplan aufstellen, uns die Firmen angeben, die den Park realisieren, damit jegeliche Korruption zu unterbinden ist. Der groesste Erfolg dieses Projektes war nicht nur, dass wir als die direkt Mitbeteiligten freundschaftlich in einem Dorf aufgenommen wurden, in dem eine der militantesten UCPMB-Einheiten untergebracht wurden, sondern dass diese jungen Maenner bereit waren, mit uns zusammen einen neuen Kurs zu betreuen, in dem auch serbische Soldaten sein sollen. Sie sagten, dass sie verstehen, wie sich ein junger Mensch im Krieg fuehlt und dass auch Serben nicht freiwillig in den Krieg gezogen sind, dass es ganz andere Zwaenge gibt, die die Menschen ins Kriegsgeschehen bringen. Meine eigene Einschaetzung ist jedoch, dass diese Gruppe einfach nicht organisationsfaehig ist, sich an solchem Projekt zu beteiligen. Die Gruppe muss zunaechst lernen, mit eigenen Entscheidungen und Menschen korrekt umzugehen, die ihnen positiv entgegenkommen. Die naechste Gruppe wird von der Open Society Foundation finanziert und sie wird multiethnisch besetzt sein. Wir werden die Albaner aus anderen Doerfern nehmen, die zur Gemeinde Bujanovac gehoeren, ausgerechnet aus Doerfern, die als starke Hochburgen der UCPMB gelten: Veliki Trnovac, Lucane, Konculje, Dobrosim. Als Zwischenmassnahme haben wir aus Mitteln, die wir als kleine Donationen verschiedener Friedensgruppen erhalten, fuer die Requalifizierung von 22 jungen Maennern organisiert. Es sind 7 Serben und 13 Albaner. Sie haben gerade ein Planungsseminar, dann einen 3-taegigen theoretischen Unterricht hinter sich. Bei dieser Gruppe haben wir alle Fehler und Probleme beseitigt, die wir in der Arbeit mit der ersten Gruppe in Crnotince festgestellt haben. Es herrscht eine sehr kollegiale, heitere, gelassene Atmosphaere.

 

-                  Gruendung der Dorfbibliothek im Dorf Crnotince (Teil des BUS-NET-Projektes)

Ziel des Projektes: Aufbau des Vertrauens zwischen den UCPBM- Kaempfern und der multiethnischen Organisation Nachbarn fuer den Frieden  

Projektbeginn: 1.03 2002

Dauer des Projektes:  4 Monate

Finanzielle Unterstuetzung durch:  Privatspende von Dr. Ilina Fach und ihrer Familie aus Muenchen

Anmerkung: Die Buecher ueber deutsche Grundlagenliteratur vom dem 18. bis ins 20. Jahrhundert (Goethe, Schiller, etc.) und Lexika (Deutsch-Albanisch, Albanisch-Deutsch, Fremdsprachenlexikon) sind bereits gekauft. Bei der Auswahl habe ich mit einem Albanologen beraten. Darueberhinaus habe ich Romane aus alten Buecherbestaenden zusammengestellt. Problem ist der Transport, der erst mit einem Tracker im Dezember stattfinden kann, weil die Kosten andernfalls zu hoch sind.

 

 

-                  Erneuerung der Musikinstrumentekollektion im Dorf Crnotince (Teil des BUS-NET-Projektes)

Ziel des Projektes: Aufbau des Vertrauens zwischen den UCPBM Kaempfern und der multiethnischen Organisation Nachbarn fuer den Frieden  

Projektbeginn: 1.03 2002

Dauer des Projektes:  4 Monate

Finanzielle Unterstuetzung durch:  Friedensinitaiative Notuln Muenster, eventuell die Stadt Turin

Anmerkung: Die Nottulner Friedensinitiative sammelt bereits in den Schulen Instrumente.

 

 

 

 

4. GEPLANTE PROJEKTE

 

-                  Sex traficing-Workshops in allen Schulen der Gemeinde Bujanovac

Anmerkung: Dieses Projekt wird auch demnaechst finanziert. Es soll im September beginnen.

 

-                  Unterstuetzung der Kampagne der Gewerkschaften fuer den fairen Dialog der sozialen Gruppen im Prozess der Transition

Anmerkung: gerade haben wir die Nachricht erhalten, dass die Deutsche Botschaft dieses Projekt finanzieren moechte (siehe Attachement).

 

-                  Unterstuetzung der Roma NRO ZENTRUM FUER DEN ROMAPROGRESS

Wir versuchen verschiedene Projekte mit Roma zu gruenden und bei Donatoren zu vertreten. Im Attachement liegt eines der Projekte als Beispiel bei, um zu sehen, dass die Problematik der Roma anders angegangen werden muss. Es ist fuer diese Gruppe sehr schwierig, Donatoren zu gewinnen.

 

-                  Aufbau der multiethnischen Schachschule (Finanzierung ist noch nicht gesichert)

 

-                  Aufbau des Multiethnischen Dichterclubs (Finanzierung ist noch nicht gesichert)

 

Ein voellig neues Friedensprojekt, das aus der Zusammenarbeit mit der Frauengruppe aus dem Verein Nachbarn fuer den Frieden in Sremski Karlovci erwaechst, bezieht sich auf die Vojvodina.

Die Vojvodina ist traditionell ein Gebiet, in dem sich im Verlauf vieler Jahrhunderte seit dem 18. Jahrhundert wechselnde Ethnien angesiedelt haben (Ungarn, Serben, Oesterreicher, Schwaben, Roma).

Die Geschichte war durch kriegerische Ereignisse gekennzeichnet, aber auch durch Friedensschluesse. Eine kleine Kapelle erinnert in Sremski Karlovci an den ersten europaeischen Friedensschluss. Das erste serbische Gymnasium wurde hier gegruendet, das Archipiskopat der serbisch-orthodoxen Kirche hatte hier Jahrhunderte ihren Bischofssitz im grosszuegig gebauten Bischofspalast und eine serbisch-orthodoxe Kirche neben der katholischen Kirche aus der K+K-Monarchie, beide aus der Barockzeit.

Geographisch liegt Sremski Karlovci 10 Minuten von Novi Sad entfernt. Die meisten Haeuser stamen aus dem 18. Jahrhundert und atmen wie Weimar den Geist der Aufklaerung.

Nach dem Zweiten Weltkrieg, dem in der Vojvodina am meisten Serben auf grausame Weise zum Opfer gefallen waren, fanden Vertreibungen und Morde auch an Deutschen statt, die als Kollaborateure der deutschen Nationalsozialisten galten. Heute wird diese Frage unter der Idee des grossen Deutschen Reiches politisiert. Dies verunsichert und radikalisiert die serbische Bevoelkerung und alle Kolonisten, die nach dem Zweiten Weltkrieg die deutschen Haeuser zugewiesen bekamen. Daher erscheint es mir sehr wichtig, hier praeventiv eine Friedensinitiative fuer multiethnische Projekte zu starten.

Die Ausgangslage ist guenstig fuer Sremski Karlovci, weil hier das erste deutsche Bauernhaus steht. Es koennte fuer die Friedensinitiative als Buero ausgebaut werden. Dieses Projekt wird heute der Botschaft des Deutschen Auswaertigen Amtes vorgestellt.