Branka
Jovanovic
1.
AKTUELLE POLITISCHE UND SOZIO-OEKONOMISCHE LAGE IN JUGOSLAWIEN
Ich moechte diesem Bericht eine Anmerkung
voranschicken: Die Lage in Jugoslawien ist inzwischen sehr kompliziert und
konflikttraechtig geworden. Die Gruende liegen
in der Ueberschneidung mehrerer Prozesse.
Der Umsturz des alten Regimes hat nicht zugleich die
Veraenderung der Institutionen mit sich gebracht, in dem der Geist des alten
Regimes und das Interesse seiner Beamten konserviert war.
Es hat sich gezeigt, dass es nicht genug
inlaendisches Know how und ausreichende menschliche Ressourcen gibt, die einen
institutionellen Rahmen der Reformen (Gerichtswesen, Parlament,
Gesundheitswesen, Schulwesen usw.) aufbauen koennten Fast alle Institutionen
sind deshalb durch einen tiefen Streit der Beamten zerruettet.
Die Entlassungen der ehemaligen Beamten laufen ohne
klare Kriterien und Gesetzesgrundlagen ab, weshalb sie mehr einer privaten
Revanche aehneln als einem fundamentalen Erneuerungsprozess, der eine Klarheit
und Katharse mit sich bringt. Dies macht unmoeglich, die Frage nach der
Verantwortung fuer die politische Entwicklung der frueheren Jahren zu stellen.
Viele neue Gesetze werden durch sehr unerfahrene
neuangestellte junge Beamten verabschiedet, die oft in sich widerspruechlich
sindDa sich inzwischen ganz integere Menschen in den Institutionen ganz entsetzt
zurueckziehen, werden diese Institutionen auf ein sehr schwaches Fundament
gegruendet.
Die Lage verkompliziert sich durch den teilweise
intransparenten und teilweise offengetragenen Streit der Geheimdienste von
Polizei und Militaer untereinander. Dadurch wird eine politische
Intrigenwirtschaft entwickelt, welche die Autoritaeten jeglicher politischer
Fuehrungsschicht untergraebt. Dementsprechend ziehen die von ihnen halb
informierten Massenmedien alle Politiker vom Staatspraesidenten ueber
Premierminister bis zu den Ministern in den Schmutz. Vermutungen. Spekulationen
werden als Wahrheiten dargelegt, so dass Buerger und Buergerinnen absolut
orientierungslos werden.
Ein wichtiger Prozess der wirtschaftlichen Transition
laeuft sehr verdeckt als ein Machtkampf bestimmter politischer Clans um die
besten Ressourcen des Landes (Telecom, Kommunikation, Transitwege, grosse
Baufirmen mit gutem Ruf im Ausland, Banken, Elektrowerke usw.).
In vielen auslaendischen Berichten wird die
Kriminalisierung der serbischen Wirtschaft als Haupthindernis fuer die
auslaendischen Investitionen angesehen.
Es gibt keinen einzigen Bereich, in dem Menschen
nicht von Angst um ihre Zukunft besetzt sind. Deshalb kann mein Bericht kaum die
Lage wiedergeben, weil jeden Tag eine Hiobsbotschaft die andere abloest. Dadurch
veraltet jeder Bericht in Kuerze. Z.B. wurde gestern ein Bericht eines
Ausschusses in Montenegro veroeffentlicht, der die Existenz eines riesigen
Ausmasses an Zigarettenmafia bestaetigt hat. Mit diesen Mafiageschaeften
(Schmuggel von Tasusenden Tonnen an Zigaretten) verbinden die Zeitungen seit
Monaten aus der ganzen Region bis hin nach Zagreb zwei wichtige Politiker: den
montenegrinischen Staatspraesidenten Milo Djukanovic und den serbischen
Premierminister Zoran Djindjic. Demzufolge kann von einer Kooperation der Mafia
mit Polizeikraeften ausgegangen werden, die von oberster Stelle gedeckt werden.
Wies sich diese Aufdeckungen politisch entwickeln, liegt im Unklaren, da die
Verhandlungen ueber die Rekonstruktion des jugoslawischen Staates voll im Gange
sind und in ihnen Milo Djukanovic eine wichtige Rolle spielt.
Voll im Gange ist
auch die tiefe und ernsthafte Zerstrittenheit zwischen Staatspraesident Vojislav
Kostunica und dem serbischen Premierminister Zoran Djindjic. Jedoch liegen alle
politischen Koordinaten der heutigen jugoslawischen Politik immer noch sehr im
Dunklen.
Meine Analyse aus dem
letzten Bericht hat sich bestaetigt, dass es sich nicht nur um zwei voellig
entegengesetzte politische Fuehrungsstile und Ideen (Legalismus, konservative
Vorsicht, nationale Orientierung des Staatspraesidenten Kostunica sowie das
revolutionaere Recht, den Reformenthusiasmus eines Neoliberalen und die
bedingungslos westlich orientierte Politik des Premierministers Djindjic)
handelt, sondern auch um die tatsaechlich unausgewogene Machtverteilung nach den
Oktoberwahlen.
Der Staatspraesident
ist immer noch die beliebteste politische Persoenlichkeit in Serbien. Durch die
Schwaeche seiner Partei und seiner Verfassungsposition konnte er sein Ansehen
und seine politischen Vorstellungen nicht institutionalisieren, so dass er ueber
keine Insturmente verfuegt, die Entscheidungen des regierenden Blocks
entsprechend zu beinflussen. Dies traegt zu seiner starken persoenlichen
Frustration und zur Enttäuschung seiner Partei und anderer Kreise, die ihn
unterstuetzen, bei. Das fuehrte dazu, dass er und seine Partei den regierenden
Parteiblock (DOS) verlassen haben. Daraufhin
wurden die Abgeordneten seiner Partei aus dem serbischen Parlament geschmissen.
Kostunica reagierte mit der Bildung einer Schattenregierung.
Jetzt sind die Wahlen
fuer den Staatspraesidenten Serbiens ausgeschrieben und Praesident Kostunica
wird sich fuer diese maechtigere Position bewerben. Dadurch wird er
voraussichtlich in eine noch schaerfere Konkurrenz zu Dijindjic kommen, da es
sich um die politischen Positionen innerhalb der Republik Serbien und um einen
engeren politischen Raum als Kampffeld handelt. Als Gegenmassnahme hat Djindjic eine den Auflagen des
Internationalen Waehrungsfonds aufgeschlossen gegenueberstehende Persoenlichkeit,
Miroljub Labus, in diese Position vorgeschlagen, so dass Kostunica kuenftig
langsam aus dem politischen Feld gedraengt werden wird.
Die Fehden zwischen
dem Staatspraesidenten und dem Regierungsschef fuehrten inzwischen zur
tatsaechlichen Spaltung der Bundes- und Republikverwaltung und ziehen eine sehr
bedrohliche Spaltung der staatlichen Institutionen, wie Gerichtswesen, Armee und
Polizei, nach sich.
Praesident Kostunica
hat gerade den Chef des Generalstabs, General Nebojsa Pavkovic, pensioniert.
Diese Pensionierung forderten alle westlichen Regierungen. Der Generalstabschef,
der das Kommando ueber die 3. Armee im NATOkrieg innehatte und dadurch in der
Bevoelkerung beliebt ist, hat jedoch abgelehnt, in Rente zu gehen. Nun
konstruiert er eine sehr ernsthafte und folgentraechtige Affaere eines von
Praesident Kostunica in Auftrag gegebenen militaerischen Putsches gegen die
Regierung Djindjic.
Die in ihren
Finanzmitteln in letzter Zeit sehr reduzierte Armee ist stark frustriert und
destabilisiert. Keiner weiss, in welche Richtung sich jetzt die Situation
entwickeln wird. Unklar ist auch, wer welche Faeden ziehen wird: Militaer,
Geheimdienste, Polizei oder auslaendische Maechte, die anscheindend in diesem
Streit arg mitgespielt haben.
Der Streit der
Parteien, der voll im Gange ist, wurde ueberlagert von dem oben beschriebenen
Streit. Doch bleibt das Problem:
Viele Parteien in der
serbischen Regierung sind sehr klein. (Keine von ihnen wuerde den Zensus von 5%
erreichen). Die Parteien bleiben durch den starken Druck der auslaendischen
Faktoren und die vielfaeltigen Verwicklungen in verschiedene Geschaefte
zusammen. Die reelle schwache Verwurzelung der regierenden Parteien in der
Waehlerschaft ist auch eine Quelle der Streitereien, weil die Partei des
Staatspraesidenten mit Recht mehr Einfluss auf den Prozess des politischen
Entscheidens verlangt, als ihn eine Partei hat, die 0,05% Prozent der
Waehlerstimmen auf sich vereinigt und dabei mehrere Minister in der serbischen
Regierung stellt.
Auch unter den
kleinen Parteien gibt es Querelen, wie sie sich in der Oeffentlichkeit
profilieren sollen, um bei den naechsten Wahlen besser abzuschneiden. (Jetzt
profiliert sich eine der kleinen Parteien, die DHS, christlich-demokratische
Partei Serbiens, durch die verwirrenden Kampagne des Referendums fuer die
Unabhaengigkeit Serbiens. Die BuergerInnen wissen nicht recht, ob dahinter die
Regierung Serbiens steht, da sie sich nicht besonders dagegen wehrt. Dies
schwaecht die EU-Position, weil Solana als Sonderabgesandter der Europaeischen
Union direct am Aufbau des neuen Staates Serbien-Montenegro beteiligt ist.
Gleichzeitig schwaecht dieser Vorstoss der kleinen Partei die Position des
Staatspraesidenten, der sich stark fuer die Reorganisierung des jetztiges
Staates einsetzt.
Auch der
stellvertretende Ministerpraesident der serbischen Regierung, Nebojse Covic,
schlachtet die Probleme in Suedserbien parteipolitisch aus, indem er sich so
darstellt, als wuerde er das Problem in Suedserbien und Kosovo loesen, obwohl er
kein einziges Projekt als ein multiethnisches definiert und durchgesetzt hat.
Es gibt kein einziges
politisches Thema, das nicht in diesem Streit politisch ausgenuetzt wird und die
zerstrittenen Seiten immer mehr voneinander entfernt und den Staat ernsthaft
bedroht:
Der Wunsch der
Republik Montenegro nach Unabhaengigkeit laesst die Frage der Stabilisierung der
Region weiterhin offen. Das neueste Abkommen ueber die neue Staatengemeinschaft
Serbiens und Montenegros beinhaltet allzu viele unklare Punkte. Der Wille der
Montenegriner zur Seperation ist nach nach wie vor sehr stark. Die Parteien
arbeiten unter dem Druck der EU an einer neuen Verfassung. Die EU zwingt sie zu
einer Kooperation. Verbal bekunden die Montenegriner ihre Bereitschaft zur
Zusammenarbeit. De facto werden alle Verhandlungen in die Laenge gezogen. In
Montenegro rechnet man, dass die politische Krise in Serbien eskaliert und die
Politiker an der Regierungsspitze daher unfaehig sein werden, die ernsthafte
Konsolidierung oder Gruendung eines neuen Staates durchzusetzen. Man befuerchtet
weiterhin kuenftige politische Erdbeben, die das neu konzipierte Staatsgebilde
voellig zerstoeren werden.
Von der Loesung
dieser Frage haengt auch die Frage nach dem Status vom Kosovo ab, da mit dem
endgueltigen Zerfall der BR Jugoslawien alle UN-Resolutionen hinsichtlich des
Kosovo hinfaellig werden.
Diese ungeloeste
Geschichte setzt sich fort in den Unabhaengigkeitsbestrebungen der Albaner in
Mazedonien, Montenegro und im Sueden von Serbien. Noch immer scheint das Modell
der bewaffneten Auseinandersetzung als eines erfolgreichen Weges zu mehr
Autonomie bis zur voelligen Unabhaengigkeit sehr verlockend und stellt eine
offene Gefaehrdung des Friedens in der Region dar.
Inzwischen eroeffnen bestimmte Parteien aus der Vojvodina die Frage nach
deren Autonomie und Unabhaengigkeit. Es wird verlangt, dass die Vojvodina auch
eine Republik wird, was eine weitere Zerstueckelung des Landes bedeutet, dessen
Ende nicht mehr absehbar wird.
Auf der symbolischen Ebene zeigt sich dieser Vorgang folgendermassen:
Nenad Canak, der Regierungschef der Vojvodina, der einflussreichste Politiker
der Region, der ausgerechnet zum DOS-Buendnis gehoert, zeigt sich seit neuestem
mit einem Palaestinesertuch um den Hals. Er moechte diesen erst abnehmen, wenn
die Vojvodina unabhaengig ist. Damit stellt er die Vojvodina als Opfer Serbiens
dar und diese Opferrolle in die Tradition von Rugova und Arafat, obwohl er zur
Regierungspartei gehoert. Rugova schwor, einen dunkelroten Schal, die Farbe der
albanischen Flagge, so lange zu tragen, bis das Kosovo von Serbien unabhaengig
wuerde. Seit der Besetzung des Kosovo durch die NATO nahm er den Schal ab. Canac
versucht auf diese Weise in Deutschland einen starken Verbuendeten zu finden,
indem er die Frage nach dem Status der Deutschen in der Vojvodina aufwirft.
Es steht ein neues Gesetz in Aussicht, wonach allen
enteigneten Personen ihr ehemaliges Eigentum zurueckgegeben werden soll. Dadurch
stellt sich eine sehr empfindliche Frage nach der Rueckgabe und Rueckkehr der
nach dem 2. Weltkrieg vertriebenen Deutschen. Diese Frage wird langsam in einem
konflikttraechtigen Schluessel politisiert, zumal die Haeuser der Deutschen an
die Montenegriner, Dalmatiner und Kaina-Serben gegeben wurden, die im 2.
Weltkrieg sehr gelitten haben. Es stellt sich daher die Frage, wohin sollen sie
gehen. Die Verbaende der Vertriebenen in Deutschland puschen diese Frage sehr
hoch, vor allem in Bayern. Dieser Frage muss in Zukunft eine besondere
Aufmerksamkeit gezollt werden.
In Jugoslawien hat
sich auch die wirtschaftliche Lage den letzten Monaten zugespitzt. Inzwischen
gibt es einen Preisanstieg, jaehrlich etwa um 40-60% bei stagnierenden Loehnen:
viele Unternehmen gingen Pleite. Gestern wurde der Strompreis um 50% erhoeht.
Viele Haushalte sind nicht mehr in der Lage, die Stromrechnung zu bezahlen.
Intransparent sind vor allem die Vorgaenge, wie noch einigermassen
funktionierende Firmen heruntergewirtschaftet werden, so dass sie fuer ein
Minimum des Wertes erworben werden koennen. Voellig unklar ist es, wie die
Regierung die sog. “strategischen Partner” finden soll, die angeblich
verpflichtet sind, 5 Jahre im Land zu bleiben. Aus den neuesten Erklaerungen des
Ministers fuer Privatisierung ging klar hervor, dass viele Firmen vom
auslaendischen Kapital fuer kleines Geld abgekauft werden, um geschlossen zu
werden, damit ein neuer Markt fuer auslaendische Produkte entstehen kann. Man
schaetzt, dass dadurch in diesem Jahr zusaetzlich 500.000 Menschen entlassen
werden sollen.
Mann/Frau soll dazu
bedenken, dass in fast allen Bereichen eine sehr hohe Arbeitslosigkeit herrscht.
40% der Familien leben schon jetzt unter dem Existenzminimum.
Jugoslawien steht
weiterhin unter dem starken Druck (vor allem von seiten der USA), verschiedene
Auflagen des Westens zu erfuellen, um Kredite zu bekommen. Das ruft verschiedene
politische Krisen hervor. Die Loesung der Krisen braucht Zeit. Die Loesungen
sind jedoch erzwungen und halbherzig, weshalb die Krisen weiterhin lauern. Die
Folge: Das auslaendische Kapital moechte nicht im Land investieren. Die
politischen Kraefte um Dr. Kostunica und Dr Djindjic sehen die Auflagen des
Westens verschieden. Dies schiebt
die wirtschaftliche Hilfe ebenfalls auf, was wiederum die allgemeine Krise der
serbischen Gesellschaft vertieft.
Die erwartetete
wirtschaftliche Hilfe des Westens blieb zum grossen Teil aus, weil sie in Form
von zurueckzuzahlenden Krediten gegeben wurde und alte Schulden dadurch
zurueckgezahlt werden.
Ich habe neulich im
Bildungsministerium eine Liste der Lehrmittel fuer Schulen gesehen, die die
Weltbank fuer 12 Regionen zugestanden hat. Zum Beispiel bekommt eine Region nur
ein Mikroskop. Das heisst etwa fuer Bujanovac: 14 Schulen brauchen ein
Mikroskop. Das bedeutet, sie muessen nach Leskovac, ins Zentrum der Region,
gehen, um dort das Mikroskop fuer kurze Zeit ausleihen zu duerfen, wobei
Leskovac eine Region mit mehr als 200 Schulen abzudecken hat.
Auf der anderen Seite ist die politische und wirtschaftliche Instabilitaet
des Landes ein Grund, nicht in die Wirtschaft Jugoslawiens zu investieren.
Jugoslawien zaehlt immer noch zu den wirtschaftlich unsicheren Regionen. Die
erhofften Investitionen blieben aus, so dass sich das Ganze im Teufelskreis
dreht.
Die Hoffnung, dass
die Transition der Wirtschaft einen sozialen Dialog ermoeglicht, hat sich nicht
erfuellt. Gewerkschaften sind marginalisiert. Streiks zeitigten keine grosse
Wirkung. Die Arbeits- und Sozialrechte sind ausgehebelt.
Die Oeffentlichkeit
erschuettern sehr oft die Nachrichten ueber die Verflechtung der neuen
demokratischen politischen Strukturen mit starken mafioesen Strukturen, die im
Dunkeln die Faeden ziehen. BuergerInnen haben oft den Eindruck, dass es sich auf
allen Ebenen der Politik nur um einen persoenlichen Machtstreit handelt, der
sehr wenig mit der aeusserst gespannten wirtschaftlichen und sozialen Lage im
Land zu tun hat.
Mann/Frau spricht von
einer schmerzlichen Schocktherapie, die Fruechte in den naechsten Jahren tragen
soll. Doch ist es sehr schwer einzuschaetzen, ob arbeitslose Menschen
langfristige Geduld aufbringen. Zur Zeit sind mehrere Streiks fuer den Herbst
angekuendigt.
Zur Zeit versuchen
die in den letzten Wahlen gescheiterten Parteien ihren Einfluss auf die
unzufriedenen Massen geltend zu machen und rufen erneut zu grossen
Demonstrationen und Aufstaenden auf (Vuk Draskovic, Rechtsradikale und
Sozialisten). Fuer den 29.06.2002 ist die erste Kundgebung der politischen
Verlierer in Belgrad angesagt.
Viele Analytiker
glauben jedoch nicht an die erfolgreiche Rueckkehr ausgerechnet dieser
Politiker. Denn die sozial-wirtschaftliche Dimension des Lebens der BuergerInnen
verlangt die wahren Loesungen der Problematik und nicht das ueble, fruchtlose
und letztlich althergebrachte politische Spiel der verbrauchten Parteien.
Die
Politikverdrossenheit ist trotzdem eine Chance der Reformer, da die BuergerInnen
nicht dazu neigen, das Alte zu restaurieren. Viele wuenschen konsequente
Reformen unter anderen Politikern, die mehr Vision, Empfindlichkeit,
Ernsthaftigekit und Verstaendnis fuer das Land und ihre Buerger zeigen.
In Serbien herrscht
wieder ein Gefuehl von einem politischen Chaos vor, dessen Ausgang ungewiss und
erschreckend sein kann. Enttaeuschung und politische Muedigkeit breiten sich
aus. Jedoch erkennt man nicht mehr die politische Kraft, die an einem echten und
verantwortungsbewussten politischen
Strang ziehen wuerde.
Fuer 27. Juli 2002
sind Wahlen in drei Gemeinden in Suedserbien (Bujanovac, Preshevo, Medjeva)
ausgeschrieben. Die kritische Gemeinde ist Bujanovac, weil Albaner dort mit ca.
60 % die Mehrheit der Bevoelkerung bilden, aber in der Verwaltung nicht
beteiligt waren. Sie bekommen daher kuenftig die Verwaltung.
Die bevorstehende
politische Veraenderung der Nationalstruktur im oeffentlichen Dienst, wo Albaner
bis jetzt stark unterrepraesentiert waren, werden zur Entlassung der
ueberrepraesentierten Serben notwendigerweise fuehren. Dies wird auch zur
falschen Rezeption eines normalen demokratischen Vorganges fuehren, zumal die
serbische Regierung den Konflikt in Suedserbien nur vom militaerischen Aspekt
oeffentlich verarbeitet und
dadurch alle Albaner zu Terroristen stilisiert hat.
Die albanischen
Politiker aus der Region Suedserbiens sprechen ihrerseits nur ueber die
Menschenrechte der Albaner. Sie sind in regelmaessigem Austausch mit Pristina.
Unter ihnen gibt es zwei Stroemungen: eine gemaessigte, die sich an Rugova
orientiert, eine der UCPMB, die sich Hacim Taci anschliesst. Ihre politische
Meinung unterscheidet sich zwar in der Wahl der liberalen oder militaerischen
Mittel. In ihrem langfristigen politischen Ziel, dass Suedserbien an das Kosovo
angeschlossen werden soll, sind sie sich jedoch einig. Sie meiden regelmaessig
das Wort Serbien, verhandeln ungern direkt mit der serbischen Regierung und
waehlen lieber die Vermittlung der internationalen Organisationen wie OSZE oder
US-Botschaft. Niemand weiss, ob im Hintergrund eine solche Entscheidung schon
mit auslaendischen Maechten und der serbischen Regierung getroffen wurde, zumal
man/frau von der Kantonisierung Kosovos und der Regionalisierung Suederbiens
spricht, was in unserem politischen Verstaendnis als Vorstufe der
Unabhaengigkeit solcher Gebilde, die dann auch ausgetauscht werden koennten,
gedeutet wird. Dadurch fuehlen sich die Serben sehr verunsichert und an die Wand
gedrueckt. Ihre Aengste verstaerkt die Tatsache, dass sie aus dem Ganzen
Verhandlungsprozess um die neue politische Konstellation in Bujanovac, Presevo
und Medvedja ausgeschlossen wurden und keinen einzigen Aspekt der Loesung direkt
kennen oder selber entschieden haben.
Soweit ich informiert
bin, bevorzugen insgeheim viele Albaner im Sueden Serbiens den Tausch der
Territorien: drei Gemeinden Suedserbiens sollen um Mitrovica-Gebiet im
Nordkosovo ausgetauscht werden. Das ganze Leben der albanischen Gemeinschaft in
Suedserbien orientiert sich sehr nach Kosovo und Pristina. Schueler besuchen
Grabstaetten der Gafallenen im NATO-Krieg um Kosovo, Geschaeftsleute verhandeln
mit Geschaeftspartnern in Pristina, Familien besuchen Pristina, wenn sie ins
Theater gehen wollen. Immer weniger wird Serbien als der Staat der Albaner
erlebt.
Ein weiteres Problem
ergibt sich aus der Situation, dass die fuehrenden albanischen Politiker aus
Suedserbien weder eine
wirtschaftliche noch eine
multiethnische Vision entwickelt haben und den Serben und Roma angeboten haben.
Insofern entwickeln alle in der Region lebenden Ethnien starke Aengste,
vertrieben zu werden oder nicht mehr an politischen und wirtschaftlichen
Prozessen beteiligt zu werden.
In einer solch gespanngten Lage bieten derzeit Albaner den verunsicherten Serben in Bujanovac fuer deren Haeuser, Wohnungen und Ackerland zum Teil um 7-fach ueberhoehte Preise an. Sie verlassen nach und nach Bujanovac, sei es um die guenstigen Angebote zum Aufbau einer neuen Existenz auszunuetzen. Argumente der Politiker gegen einen Wegzug der Serben und anderen Ethnien haben demgegenueber kein Gewicht, zumal die Politiker ihnen keine wirtschaftliche Perspektive anbieten.
Ich betrachte diesen Prozess als die Folge der
eindeutig autoritaeren Politik der serbischen Regierung in dieser Gegend. Es gab
absolut keine Anstrengung der serbischen Regierung, Serben und Albaner
zueinander zu fuehren. Ich habe nie eine Vertrauensbildungsmassnahme der
serbischen Regierung gesehen, die die Feindbilder haette abbauen und die Angst
der BuergwerInnen vor den neuen Entwicklungen mindern koennen.
Die
basisdemokratische Orientierung der Politik ist weiterhin aufgehoben, die
Erfahrung des gemeinsamen Lebens der BuergerInnen verschiedener Ethnien wird
nicht ausgenuetzt, um die Lage zu stabilisieren. Die Buerger sehen sich in ihrer
politischen Ohnmacht als Objekte der Prozesse, die schnell die Form des
Konfliktes einnehmen koennen.
Ich bleibe bei meiner Einschaetzung aus dem letzten
Bericht: Aengste der anderen
Ethnien als Zeichen von deren Irrationalitaet oder Nationalismus zu deuten, ist
falsch. Auch die Irrationalitaet ist ein Beweis, dass schlechte Politik gemacht
wird, weil BuergerInnen nicht genug aufgeklaert sind, um rational die Lage
einzuschaetzen und rationale Entscheidungen treffen zu koennen.
Dies bestimmt
weiterhin meine wichtigsten friedenspolitischen Ziele.
a)
Ich moechte die BuergerInnen
staerken, sich als politische Subjekte zu erfahren, die ueber die Lage in der
Region entscheiden koennen
b)
ihren Friedenswillen
sichtbar machen und sie dadurch staerken, sich als echte Partner der Politik und
der internationalen Organisationen zu erleben und durchzusetzen.
Alle unsere Projekte verfolgen folgende weitere wichtige Ziele
c)
die Realisierung eines
beispielgebenden Pilotprojekts in der konflikttraechtigen Grenzzone;
d)
die Schaffung des
Bewusstseins ueber die Stellung der Region in der Gesamtwirtschaftsentwicklung
Suedosteuropas und Europas ueberhaupt;
e)
die Schaffung des Bewusstseins ueber die Stabilitaet als Grundlage der
Stabilitaet der Region;
f)
die Schaffung des Bewusstseins ueber die erforderlichen Formen der
Demokratisierung im multi-ethnischen Kontext des Suedens Serbiens als
Voraussetzungen des Friedens und gesunden Wirtschaftens;
g)
die Schaffung des Bewusstseins ueber die Notwendigkeit der Kooperation
und Solidaritaet
h)
die Schaffung des Bewusstseins ueber die Ressourcen der Region;
i)
die Unterstuetzung der Ressourcen und Potentiale der Menschen aller
Ethnien;
j)
das Erwecken des Bewusstseins, dass wache, intelligente, kreative,
fleissige Menschen ihre Region auf allen Ebenen (wirtschaftlich, politisch,
sozial, kulturell) modernisieren koennen;
k)
die wirtschaftliche und existentielle Stabilisierung der Lage in einer
verarmten Krisenregion, die in einem bewaffneten Konflikt stand;
l)
die Schaffung einer Atmosphaere, in der Menschen demokratisch und
friedlich handeln koennen;
m)
eine Erhoehung der Beschaeftigungschancen verschiedener sozialer Gruppen
(Frauen, Jugend, mittlere Altersgruppe);
n)
das Aufhalten der Migrationsstroeme;
o)
die Verhinderung der Entstehung des sog. grauen Marktes in der Grenzzone;
p)
die Staerkung der Buerger in ihrem Wunsch, korrupte Strukturen bekaempfen
zu koennen;
q)
die Verbesserung der Kommunikation und Transitwege;
r)
die Verbesserung der Informationsbasis der BuergerInnen;
s)
eine Ermutigung der BuergerInnen, die grossen Probleme anzugehen, anstatt
sich aufzugeben und sich von ihnen erdruecken zu lassen;
t)
die Unterstuetzung der Menschen, aus der desolaten emotionalen Lage einen
Weg herauszufinden;
u)
einen Abbau der sozialen Spannungen;
v)
einen Beitrag leisten zur Entschaerfung der militaerischen Krisen in der
Region;
w)
einen Beitrag zu leisten zum Prozess der Demokratisierung und Befriedung
der Region;
x)
den Interessierten das Know how der zivilen Konfliktbewaeltigung
beizubringen.
3.
PROJEKTE IN BUJANOVAC
Zunaechst
moechte ich darueber berichten, wer als Gast in Bujanovac bei mir weilte. Es
waren: im Maerz Manfred von der Muensterer Friedensinitiative in Nottuln und
Almut Hielscher als Hospitantin der AG Qualifizierung[1].
Ausserdem besuchten unser Zentrum mehrere Organisationen. Zwei wichtige Besuche
waren von Thomas Eckert vom Auswaertigen Amt, der zur Zeit im Team von Xavier
Solana in Belgrad weilt und von Dr. Hildegard Heusch von der GTZ. Allen diesen
Gaesten haben wir alle Projekte vorgestellt und verschiedene Projekte vor Ort
vorgestellt. Diese Besuche waren ausserordentlich wichtig, weil sie die Zukunft
der Projekte garantieren koennen.
Hiermit
liste ich die Projekte auf, die in Bujanovac z. Zt. laufen, und kommentiere sie:
-
Englischkurse
fuer ethnisch gemischte Gruppen
Ziel
des Projektes: Unterstuetzung
des Dialogs und Unterstuetzung der TeilnehmerInnen, bessere Jobchancen zu haben
Projektbeginn:
1.09.2001-30.06.2002.
Dauer
des Projektes:
10 Monate
Finanzielle
Unterstuetzung durch:
das Forum ZFD, Internationalesf Frauennetz fuer den Frieden, Bonn
Anmerkung:
Dieser Kurs geht zu Ende und wird wahrscheinlich nicht mehr angeboten, weil die
UNDP viele Kurse veranstaltet hat und den Bedarf gedeckt hat. Unser Kurs war der
erste und hat sehr viel zum guten Ruf unseres Zentrums beigetragen, da man von
aussen immer die Gruppen sehen konnte, die gearbeitet haben. Diese Menschen
waeren auch fuer ein Kulturangebot erreichbar, in dem viele Elemente der
Friedenskultur der Konfliktbewaeltigung angesprochen werden koennten. Sollte ein
Kollege oder eine Kollegin in das Projekt kommen, so wird sie eine gute
Ausgangslage fuer die naechste Stufe unserer Arbeit vorfinden, die darin
bestehen sollte, Elemente des Friedens und des Konfliktes bewusster zu machen.
Das war ich nicht in der Lage, allein zu leisten, weil ich eine grosse Gruppe
von 20 Menschen nicht in einem Workshop allein ansprechen konnte. Die hoechste
Schwierigkeit meiner Arbeit bestand darin, dass ich keine Arbeit im Team
vornehmen konnte. Es hat sich erwiesen, dass 15 Menschen zu viel sind und so
gross waren alle Gruppen.
-
Computerkurse
fuer ethnisch gemischte Gruppen
Ziel
des Projektes:
Unterstuetzung des Dialogs und Unterstuetzung der TeilnehmerInnen, bessere
Jobchancen zu haben
Projektbeginn:
1.4.2002.
Dauer
des Projektes: 9
Monate
Finanzielle
Unterstuetzung durch:
Auswaertiges Amt der BRD und Freedom House
Anmerkung:
Das Projekt
laeuft seit dem 1.4.02. Geleitet wird der Kurs von einer Serbin und einem
Albaner und koordiniert von einer Albanerin. In unserem Zentrum sind 10 Computer
aufgestellt. Wir haben drei multiethnische Gruppen gebildet, die insgesamt 60
Teilnehmer umfassten. Bis zum Ende des Projektes werden wir 180 Besucher des
Projektes haben. Es herrscht eine sehr schoene Atmosphaere im Kurs vor. Diese
moechte ich an einem Beispiel verdeutlichen: eine 46-jaehrige Serbin steht kurz
vor ihrer Entlassung. Als ein Albaner davon hoerte, bot er ihr an, ihr bei der
Suche nach einem neuen Job behilflich zu sein. Die einzige Schwierigkeit
bereitet uns hier das Freedom House, das das Projekt nicht fuer 9 Monate
abgesichert hat, wie sie es versprochen hatte. Dies bringt eine gewisse
Nervositaet unter die Lehrkraefte, weil ihre Taetigkeit moeglicherweise nicht
bezahlt werden kann.
-
Computerkurse
fuer ethnisch gemischte Frauen- und Maedchengruppen
Ziel
des Projektes:
Unterstuetzung des Dialogs und der Unterstuetzung der Teilnehmerinnen, bessere
Jobchancen zu haben
Projektbeginn:
1.4.2002.
Dauer
des Projektes: 9
Monate
Finanzielle
Unterstuetzung durch:
Auswaertiges Amt der BRD und Freedom House
Anmerkung:
Dieser Kurs ist spezifisch nur fuer Maedchen und Frauen organisiert, weil viele
Frauen vor der Entlassung stehen, weil sie keine Computerkenntnisse besassen. In
einem Fall hat es einen Arbeitsplatz gerettet. Dieser Kurs soll auch unsere
anderen Frauenprojekte unterstuetzen.
-
Computerkurse
fuer die Dorfjugend in den albanischen und serbischen Doerfern
(ein
Teil des BUS-NET-Projektes)
Ziel
des Projektes:
Unterstuetzung des Dialogs und Befaehigung der Dorfjugend, besser die oberen
Schulen abzuschliessen
Projektbeginn:
1.11.2001
Dauer
des Projektes 12 Monate (6 x 2-monantige Kurse)
Finanzielle
Unterstuetzung durch: Auswaertiges Amt der BRD
Anmerkung:
Wir haben einen zweimonatigen Kurs hinter uns in einem albanischen und in einem
serbischen Dorf. Gerade laeuft ein Kurs in einem gemischten Dorf. Die Erfahrung
zeigt, dass Kinder voller Vorurteile sind. Sie haben negative Vorbilder in den
anderen Ethnien und sind voll von Aengsten, dass die andere Ethnie sie auch
hasst. Andererseits braucht man nur wenige Mittel dazu, die Neugier der Kinder
auf den Kontakt mit Kindern der anderen Ethnie zu wecken. In gemischten Doerfern
kennen sich die Kinder besser und so sind hier die Spannungen geringer. Diese
Projekte sind unsere Eintrittskarte fuer ein Dorf. Aufgrund unserer Taetigkeit
lernen wir dann die Doerfer und ihre Probleme kennen und versuchen die
Gemeinsamkeiten festzustellen, die dann die Menschen einander naeher bringen.
Wir sind jetzt auch von Doerfern um Beistand gebeten worden, die als Hochburgen
der UCPMB galten, wie Comcul. Dieses Projekt wird bis Ende November gehen,
solange die Finanzierung durch das Auswaertige Amt dauert.
-
Ausstattung
der Grundschulen der Gemeinde Bujanovac (gemeinsam
mit UNICEF und OSZE)
Ziel
des Projektes:
Unterstuetzung des Dialogs unter den Schulleitern, Lehrern und Schuelern
Projektbeginn:
1.03.2002
Dauer
des Projektes 6 Monate
Finanzielle
Unterstuetzung durch:
offen
Anmerkung:
Das Projekt verlief sehr gut trotz der Tatsache, dass die OSZE sich nicht an
ihre Versprechungen hielt. Fuer das Projekt selbst, Lobbyarbeit zu leisten, hat
sich die UNICEF bereit erklaert: sie will das Projekt bei den verschiedenen
Donatoren unterstuetzen. Wir haben eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich aus den
Schuldirektoren der verschiedenen Orte, Gemeinden und Kulturinstitutionen
zusammensetzte. Diese Arbeitsgruppe traf sich regelmaessig, diskutierte ueber
die Lage in den Schulen und sie hat klare Kriterien aufgestellt, wie die
Beduerfnisse der Schulen befriedigt werden sollten. Durch diese klare Prozedur
und klaren Kriterien entstand eine grosse Solidaritaet und grosses Verstaendnis
untereinander, weil sie erkannten, dass alle Schulen dieselben Probleme haben.
In Absprache mit UNICEF haben wir die stellvertretende Bildungsministerin in
Belgrad besucht, so dass das Projekt auch die Unterstuetzung der serbischen
Regierung erhielt. Unterstuetzt durch die Regierung, UNICEF und formell durch
die OSZE hat das Projekt eine grosse Chance, realisiert zu werden. Eine Folge
des Projektes ist, dass die Schulen eine weitere Kooperation vereinbart haben.
Sie haben eine kleine, bescheidene Praesentation organisiert. Wir luden die
besten Schueler der 8. Klasse (Abschlussklasse)
ins Kulturzentrum in Bujanovac ein und sie lasen einige Aufsaetze in Albanisch
und Serbisch vor. Beides wurde synchron uebersetzt. Zum Schluss haben die besten
Schueler der Gemeinde Bujanovac auf 40 Ballons ihre Botschaften fuer die Welt
geschrieben und diese Ballons gemeinsam in die Luft gesandt. In diesem Projekt
war der Direktor der Schule aus dem Dorf Lucane, einer der Hochburgen der UCPMB,
in der heute noch Bomben explodieren. In seiner Schule hielten wir unseren
Computerkurs und den Kurs fuer Gesundheit ab, die beide sehr gut besucht waren.
Zum Schluss des Kurses hat mir der albanische Direktor einen Kugelschreiber
geschenkt, auf dem der weisse Engel vom Grab Christi aus der Stadt Priepolje,
der Geburtsstaette meiner Mutter gemalt worden ist. Diese Begegnungen verliefen
insgesamt sehr herzlich. Es bedarf nur der Achtung und Achtsamkeit, den Menschen
gegenueber, um sich gegenseitig zu oeffnen.
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Multiethnische
Schule fuer Landwirte
Ziel
des Projektes:
Unterstuetzung des Dialogs und Befaehigung der Landwirte, die neuen
Marktverhaeltnisse besser zu verstehen und besser fuer den Markt zu produzieren
Projektbeginn:
1.11.2002.
Dauer
des Projektes:
8 Monate
Anmerkung:
Das Projekt war sehr erfolgreich. Es wird aber trotzdem abgebrochen, weil
wir eine maechtige Konkurrenz durch das Welternaehrungsprogramm (FAO) bekamen,
die ein aehnliches Projekt jetzt planen. Sie haben mehr Geld, mehr
Moeglichkeiten, dasselbe Projekt durchzufuehren. Allerdings ist ihr Projekt kein
Friedensprojekt. Das zeigt die Aeusserung eines ihrer Vertreter: ob das Serben
oder Albaner sind, ist voellig egal. Wenn wir einen normalen Zustand in der
Gemeinde haetten, waere das ein normaler Satz. Aber in einer konfliktgeladenen
Situation muessen die Menschen erst zueinander gebracht werden.
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Naehkurse
fuer ethnisch gemischte Frauen- und Maedchengruppen
Ziel
des Projektes: Unterstuetzung des Dialogs und Befaehigung der Frauen, wirtschaftlich
selbststaendig zu werden
Projektbeginn:
15.06.2002.
Dauer
des Projektes:
12 Monate
Finanzielle
Unterstuetzung durch:
Open Society Foundation
Anmerkung:
Nach unserem erfolgreichen viermonatigen Kurs hat sich die Koenig
Boudouin-Stiftung entschlossen, die Naehkurse fuer ein ganzes Jahr zu
finanzieren. Wir sind gerade bei der Planung dieses Kurses. Das ist auch das
erste Projekt, wo wir die Projektmittel der lokalen Gruppe Nachbarn fuer den
Frieden verwalten lassen. Damit wollen wir erreichen, dass sie verantwortlich
lernen mit den Geldern umzugehen, zumal die NGOs dazu neigen, die Gelder
gesetzeswidrig zu gebrauchen (Ueberweisungen auf Privatkontos, mit Rechnungen
mogeln), was jede NGO angreifbar macht. Diese Selbstverwaltung soll den
Selbstachtungsprozess staerken. Instruktoren sind eine Albanerin und eine
Serbin. Die zweite Albanerin ist die Organisatorin des Kurses.
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Promotion
der Frauengesundheit
Ziel
des Projektes:
Unterstuetzung des Dialogs und Befaehigung der Frauen, die Stressfaktoren in
einer Konfliktregion besser zu bewaeltigen
Projektbeginn:
1.11.2001-31.07.2002.
Dauer
des Projektes:
9 Monate
Finanzielle
Unterstuetzung durch:
Open Society Foundation
Anmerkung:
Dieses Projekt hat sich als erfolgreicher auf dem Land als in der Stadt
erwiesen. Vor allem empfinden Albanerinnen solche Kurse als eine Art
gesellschaftliches Ereignis, das ihnen erlaubt die haeuslichen Verhaeltnisse
fuer eine Weile zu verlassen. Auf ihnen lastet eine riesige Arbeit. Solche
Stunden empfinden sie sehr oft als eine Art Befreiung. Ob dieser Kurs
fortgesetzt wird, ist unklar, weil er zum dritten Mal von derselben Stiftung
finanziert sein sollte, was nicht ueblich ist.
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Promotion
der Gesundheit der Romafrauen
Ziel
des Projektes:
Unterstuetzung des Dialogs und Befaehigung der Frauen, die Stressfaktoren in
einer Konfliktregion und unter den schweren Lebensbedingungen der Romaethnie
besser zu bewaeltigen
Projektbeginn:
1.11.2001-31.07.2002.
Dauer
des Projektes:
9 Monate
Finanzielle
Unterstuetzung durch:
Open Society Foundation
Anmerkung:
Einen Teil des obigen Projektes haben wir den Romafrauen zugedacht, weil diese
selten die Zeit finden, zu solchen Veranstaltungen zu kommen. Wir haben
versucht, sie als eine zusammenhaengende Gruppe anzusprechen und nur sie, um
ihnen eine besondere Achtung zu erweisen. Ein Teil des Workshops fand in unserem
Zentrum statt, ein Teil im Zentrum der Partnerorganisation der Roma, das die
Nottulner Friedensinitiative fuer drei Monate finanzieren. Von 37 Workshops
hatten die Romafrauen 16. Daraus geht hervor, dass sie sehr angenommen wurden.
Wir denken, dass die Gesundheitsproblematik eine Achse fuer viele Projekte sein
koennte, weil die Roma in vielerlei Hinsicht bedroht sind.
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Wirtschaftliche
und politische Unterstuetzung der Frauen durch Seminare und Workshops
Ziel
des Projektes:
Unterstuetzung des Dialogs und Befaehigung der Frauen, die neuen Bedingungen der
Marktwirtschaft zu verstehen
Projektbeginn:
1.02.2001-31.07.2002.
Dauer
des Projektes:
5 Monate
Finanzielle
Unterstuetzung durch:
Schweizer Staats Agenz (SDC)
Anmerkung:
Das Geld ist
ueberwiesen worden. Wir werden dieses Projekt gemeinsam mit der Association der
Fraueninitiative in Belgrad durchfuehren. Geplant sind zwei Reisen im Juli, eine
nach Ohrid (Mazedonien) und eine nach Sremski Karlovci (Vojvodina). Die
Moderatorinnen werden drei erfahrene Beraterinnen sein.
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Frauengeschichten
Ziel
des Projektes:
Bildung einer konsistenten Frauengruppe, die spezifische Probleme der Frauen
ansprechen soll.
Projektbegrinn:
1. Mai
Projektdauer:
31. November 2002
Finanzielle
Unterstuetzung: Helsinki
Citizens Parlament (Bonn), finanziert aus dem CIVIC-Projekt des Auswaertigen
Amtes der BRD
Anmerkung:
Es wurden schon 4 Seminare abgehalten. Es handelt sich um eine multiethnisch
besetzte Gruppe von 25 Frauen. Die Hauptthemen der ersten Einfuehrungsworkshops
waren die Geschichte der Frauenbewegung in Jugoslawien, verschiedene Formen der
Gewalt gegenueber Frauen. Die Workshops sollen kuenftig die Lage der Frauen im
Konflikt von Suedserbien behandeln und zum Schluss in eine Art Zukunftswerkstatt
muenden. Das schoene Resultat dieser Begegnung ist das multiethnische
Fotokochbuch, das eine Alternative zur Versorgung in Restaurants eroeffnet. Eine
Albanerin und eine Serbin kochen fuer die ganze Gruppe ihre Spezialitaeten. Die
Rezepte werden auf albanisch und serbisch aufgeschrieben. Die Arbeit in der
Kueche und die Speisezubereitung sowie Verspeisung werden fotografiert und die
Fotos mit Rezepten als ein gemeinsames Buch zusammengeheftet. Es hat sich
herausgestellt, dass dieses Kochen zunaechst sehr viel Spass macht, dass das
Essen selbst zum Fest ausartet. Zum Schluss wird jeweils eine schoene Geschichte
erzaehlt, wie etwa ueber Sheherazades Kochkunst. Auch das Kochbuch von Marcel
Proust aus seinem Roman Die verlorene Zeit wurde behandelt. Zusaetzlich
boten wir wunderschoene Ausgaben von Schoener Wohnen zur Diskussion ueber
das Thema an: kann eine Frau im Haus fuer sich selbst eine Ecke gestalten. Was
kann eine solche geschuetzte Ecke fuer die Frauen selbst bedeuten, um zu sich zu
kommen. Anregungen kamen auch ueber die Gestaltung von Bauernmoebeln. Gezeigt
wurden Beispiele von Feministinnen auf der Welt, wie sie ihre Tische mit Decken
gestalteten, auch wenn sie arm waren.
Ziel des
Projekts:
Verbesserung der Marktverhaeltnisse und Engagierung einer multiethnischen
BuergerInnengruppe
Projektbeginn:
1.11.2001
Projektende:
30.11.2002
Finanzierung:
Auswaertiges Amt Deutschland
Die
Arbeit mit den Frauen war so erfolgreich, dass sie sich bereit erklaert haben,
den Markt in Bujanovac mit Mitteln des Auswaertigen Amtes zu betreiben.
Inzwischen wurde eine Arbeitsgruppe gebildet und diese hat es soweit gebracht,
dass wir die Baugenehmigung fuer einen Brunnen und Toiletten haben und praktisch
stehen wir vor der Ausschreibung und schaetzen ein, dass der Markt in Bujanovac
bis Ende August die Toiletten haben wird.
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Unterstuetzung
der lokalen Arbeitsgruppe, die fuer die Regelung des Flusses Juzna Morava
eintritt (Teil des BUS-NET-Projektes)
Ziel
des Projektes:
Befaehigung der Dorfgemeinden, den Fluss Juzna Morava vor der
widergesetzlichen Sandabbaggerung seitens der Staatsmafia zu schuetzen
Projektbeginn:
1.02.2001
Dauer
des Projektes:
unbegrenzt
Finanzielle
Unterstuetzung durch:
Auswaertiges Amt der BRD
Anmerkung:
Wie bereits frueher beschrieben, ist es uns gelungen, durchzusetzen, dass die
Regierung einen Ausschuss gebildet hat, der den Zustand des Flusses Morava
geprueft hat. Der Ausschuss hat fuer ein Jahr jegliche Abtragung des Sandufers
untersagt. Nach der Unterbindung der kriminellen Arbeit stieg der Preis vom Sand
und vom Kies. Dann stuerzten sich die Mafiabosse erst recht auf die Ausbaggerung
des Sandufers. Jetzt haben wir diese Situation dem zustaendigen Ausschuss
mitgeteilt. Die Buerger erwaegen zur Zeit, die Strassen zu sperren, um den Fluss
zu retten.
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Aufbau
der Wasserbrunnen in den Doerfern Nesalce und Zbevac ((Teil des BUS-NET
Projektes)
Ziel
des Projektes:
Aufbau der Kooperation und Entschaerfung des Konfliktes
Projektbeginn:
1.11. 2001-31.11.2002
Dauer
des Projektes:
12 Monate
Finanzielle
Unterstuetzung durch: Auswaertiges
Amt der BRD
Anmerkung:
Wir haben die
Projektfinanzierung jetzt dem Auswaertigen Amt ueberlassen. Inzwischen war Dr.
Thomas Eckert in Bujanovac, hat beide Doerfer besucht und sich von der schlimmen
Wasserlage selber informiert. Er hat unser Projekt stark befuerwortet. Die
letzte Nachricht von ihm war, dass das auswaertige Amt das Projekt finanzieren
will. Es prueft nur noch Einzelheiten. Daher warten wir auf den Bescheid. Sollte
sich dieses Projekt verwirklichen, wird es der groesste Erfolg unserer
Initiative sein, da es nicht als Entwicklungs-, sondern Friedensprojekt
definiert wurde und als solches die Unterstuetzung fand.
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Aufbau
der Partnerschaft zwischen dem albanischen Dorf Nesalce und dem serbischen Dorf
Zbevac (Teil des BUS-NET Projektes)
Ziel
des Projektes:
Aufbau der Kooperation und Entschaerfung des Konfliktes
Projektbeginn:
1.11. 2001-31.11.2002
Dauer
des Projektes:
12 Monate
Finanzielle
Unterstuetzung durch:
Auswaertiges Amt der BRD
Anmerkung:
In beiden
Doerfern haben wir bereits mehrere Projekte verwirklicht (Computerkurse fuer
Schueler, Gesundheitskurs fuer Frauen, Landwirtschaftliche Vortraege). Sollte
der Aufbau der Brunnen genehmigt werden, ist vereinbart, dass beide Doerfer ein
riesiges Fest veranstalten, um so eine neue Zusammenarbeit zu projektieren. Das
Projekt sieht vor, dass ein Dorf dem anderen Dorf beim Aufbau der Brunnen und
Wasserleitungen hilft. Daraus kann sich ein Pilotprojekt fuer die ganze Region
entwickeln. Man soll nur daran denken, dass beide Doerfer nahe am Kosovo liegen
und demzufolge die Zusammenarbeit der Serben und Albaner der Gemeinde Bujanovac
beispielhaft fuer die zukuenftige Zusammenarbeit der Serben und Albaner im
Kosovo dienen koennte.
-
Drehen
eines Dokumentarfilmes mit den albanischen und serbischen Schuelern aus Nesalce
und Zbevac (Teil des BUS-NET Projektes)
Ziel
des Projektes:
Aufbau der Kooperation zwischen den Schuelern der Grundschulen beider Doerfer
Projektbeginn:
1.03. 2002
Dauer
des Projektes:
6 Monate
Finanzielle
Unterstuetzung durch:
Auswaertiges Amt der BRD und Clemens Ronnenfeld
Anmerkung:
Mit dem
albanischen Kollegen Orhan Kamberi habe ich einen Monat mit 30 Schuelern der 7.
und 8. Klasse der albanischen Schule im Dorf Nesalce einen Dokumentarfilm
gedreht. Wir haben zunaechst die albanischen Schueler gefragt, was sie aus ihrem
Dorf den serbischen Kindern im Dorf Zbevac zeigen wollten. Es kristallisierten
sich fuenf Themen heraus und fuenf fuer diese Themen interessierte Gruppen. Die
Gruppen schrieben dann die Texte darueber, was sie sagen wollten, ueber Schule,
Natur, Moschee, das eigene Leben und das Dorf selbst. In diesem Monat war jede
Gruppe fuer einen Teil des Projektes zustaendig. Wir gingen durch das Dorf, wie
ein Fernsehteam mit einer neuen Fernsehkamera. Zum Schluss haben wir das
Material auf VHS-System uebertragen und in unserem Zentrum die Rohfassung
angesehen. Leider hat es in diesem Monat sehr viel geregnet, so dass
Aussenaufnahmen nicht moeglich waren. Im Mai waren die Abschlusspruefungen, so
dass das Zusammenschneiden der Filme verschoben werden musste. Es gab auch
einige technische Fehler, die unser Kollege als Filmamateur gemacht hat. Das war
der Grund, weshalb ich mich entschlossen habe, diesen Film als eine Art Szenario
fuer einen professionellen Dokumentarfilm drehen zu lassen. Ich bin zur
Dokumentarredaktion des staatlichen Fernsehens gegangen und habe ein
schriftliches Angebot gemacht, einen Dokumentarfilm zu drehen. Ich bekam die
prinzipielle Zusage. Es ist die Frage des Termins, wann wir das machen. Wenn wir
schon beim Sender sind, so moechte ich darauf hinweisen, dass die
Dokumentarredaktion bereit ist, ueber alle Projekte einen Dokumentarfilm zu
drehen.
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Englischkurs
fuer die ehemaligen UCPMB Kaempfern (Teil des BUS-NET Projektes)
Ziel
des Projektes:
Integration der ehemaligen UCPBM-Kaempfer
in die Zivilgesellschaft durch die Requalifizierung in den ethnisch gemischten Betrieben
Projektbeginn:
1.02.2002
Dauer
des Projektes:
3 Monate
Finanzielle
Unterstuetzung durch:
Auswaertiges Amt der BRD
Anmerkung:
Ich habe das
Projekt an das Forum ZFD mit dem letzten Bericht geschickt. Deshalb moechte ich
hier nur mitteilen, dass der Englischkurs abgeschlossen worden ist und die
Teilnehmer eine Pruefung abgelegt haben. Sie haben dann plangemaess ein Fest
veranstaltet. Es waren ca. 50 Menschen dabei. Wir haben bei dieser Gelegenheit
dem Jugendforum Crnotince einen Computer mit Drucker geschenkt.
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Computerkurs
fuer die ehemaligen UCPMB Kaempfer (Teil des BUS-NET-Projektes)
Ziel
des Projektes:
Integration der ehemaligen UCPBM-Kaempfer in die Zivilgesellschaft durch die
Requalifizierung in den ethnisch gemischten
Betrieben
Projektbeginn:
1.02.2002
Dauer
des Projektes:
3 Monate
Finanzielle
Unterstuetzung durch:
Auswaertiges Amt der BRD
Anmerkung:
Dieser Kurs
endete ebenfalls planmaessig und die Feier fand zum selben Zeitpunkt wie die des
obigen Kurses, d.h. gleichzeitig und gemeinsam statt. Eine kurze Umfrage, wie
sie sich fuehlen, ergab, dass sie alle sehr stolz auf ihr Ergebnis waren. Es war
merkbar, dass sie jetzt eine Art Freundschaft zu uns empfanden, weil jetzt am
Fest auch Serben teilnahmen.
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Schach
club Crnotnce
Ziel
des Projektes:
Sinnvolle Freizeitbeschaeftigung auf dem Land, wo Juegendliche wenig
Unterhaltungsmoeglichekiten haben
Projektbeginn:
1.02.2002
Dauer
des Projektes:
Finanzielle
Unterstuetzung durch:
Auswaertiges Amt der BRD
Anmerkung:
Wir haben 5 Schachgarnituren gekauft und den Juegndlichen zur
Verfuegung gestellt. Sie werden diese Garnituren in ihrem
Jugendzentrum aufstellen.
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Requalifizierung
der ehemaligen UCPMB-Kaempfer (Teil des BUS-NET-Projektes)
Ziel
des Projektes:
Integration der ehemaligen UCPBM-Kaempfer
in die Zivilgesellschaft durch die Requalifizierung in den ethnisch gemischten Betrieben
Projektbeginn:
1.02.2002
Dauer
des Projektes: 6
Monate
Finanzielle
Unterstuetzung durch:
Auswaertiges Amt der BRD
-
Anmerkung:
Nach dem Kreativworkshop absolvierten sie den theoretischen Teil ueber
Arbeitsschutz und Arbeitsrechte. Danach
traten sie 250 Stunden Praxis im gewaehlten Job an, um diesen Teil der
Requalifizierung erfolgreich durchzusetzen, haben wir eine Arbeitsgruppe
gegruendet, die sich regelmaessig 2 Mal in der Woche in Crnotince traf und alle
Probleme besprach und loeste. Ich fuhr zweimal nach Kosovo, um die
Requalifizierung von sechs jungen Maennern im Kosovo zu organisieren, da sie nur
in Pristina moeglich war (Hotelbetrieb). Es gab auch grosse Schwierigkeiten, die
Menschen davon zu ueberzeugen, dass sie die Praxis regelmaessig zu besuchen.
Anfaenglich versuchten sie die Bescheinigung der Firmen ueber die Praxis
regelrecht zu kaufen. Sie boten den Vorarbeitern 50 Euro, damit sie gar nicht
erscheinen muessten. Um das zu vermeiden, haben wir die ganze Praxis nach
Bujanovac verlagert, wo unser Kollege sie jeden Tag von Crnotince nach Bujanovac
und zurueckgefahren habt. Unser Projekt wurde fast das Opfer des allgemeinen
Geistes der Korruption in dieser Gegend. Manchmal passierte es, dass sie 10
Minuten in die Firma kamen und dann die Firma verliessen, ohne uns zu
benachrichtigen, um ihren eigenen Interessen nachzugehen. So haben sich 6
Teilnehmer unseres Kurses ploetzlich entschieden, sich als Zoellner ausbilden zu
lassen. Ihr Motiv war, die Moeglichkeit, sich ueber Nacht mit
Schmuggelgeschaeften zu bereichern. Um sie bei der Stange zu halten, musste ich
immer wieder auf einen elementaren Kodex zurueckgreifen, wie: Ihr habt selbst
das Projekt gewollt. Ihr habt die Verantwortung uebernommen. Ihr habt die
Unterschriften geleistet. Ihr wolltet das. Es war Eure Entscheidung, diesen
Beruf zu ergreifen. Wenn das Geld gegeben wurde, dann habt Ihr eine menschliche
Verpflichtung dem Geldgeber gegenueber. Aber es war wie auf einem Karussel. Es
gibt einfach keine Arbeitskultur, da alles gekauft werden kann. Wenn jemand ihre
eigenen Normen eintrieb, wurde dieser als Sklaventreiber angesehen. Zum Schluss,
als sie die Pruefung unter der strengen Regelung bestanden hatten, waren sie
wieder ganz stolz. Ich habe gerade durch mein konsequentes Stehen zu ihren
eigenen Entscheidungen erlebt, dass sie mich wert geschaetzt haben. Manchmal,
wenn man an Walberberg denkt, muss man wesentlich mehr die Konsenstheorien,
Beduerfnis- und Verhaltensanalysen als einen Idealismus betrachten, da es
unendlich viel Zeit bedarf, um eine Erziehung zur Arbeit oder Bewusstwerdung zu
erreichen. Menschen in einer armen Gegend versuchen die kurzen Wege zu gehen.
Demokratie ist meiner Erfahrung nach dort sehr unerwuenscht, wo kurze Wege des
Bestechens zum Ziel zu fuehren scheinen. Eine weitere wesentliche Schwierigkeit
bestand darin, dass ich mich auf Kollegen, die die Aufgabe hatten, das Ganze
waehrend meines Aufsuchens von Donatoren in Belgrad zu kontrollieren, nicht
verlassen konnte. Dadurch ergibt sich immer die Zuverlaessigkeit von Menschen in
einer armen Gegend, die nach tausenden Jobs Aussicht halten muessen.
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Um
der allgemeinen Korruption entgegenzuwirken, haben wir beim Auswaertigen Amt ein
Projekt zur Finanzierung vorgeschlagen, das den Aufbau des multiethnischen
Business-Clubs vorsieht (siehe Attachement)
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Errichtung
eines Obstgartens und eines Parks im Dorf Crnotince
(Teil
des BUS-NET-Projektes)
Ziel
des Projektes:
Aufbau des Vertrauens zwischen den UCPBM-Kaempfern und der multiethnischen
Organisation Nachbarn fuer den Frieden
Projektbeginn:
1.03 2002
Dauer
des Projektes:
4 Monate
Finanzielle
Unterstuetzung durch:
Auswaertiges Amt der BRD
Anmerkung:
Das Projekt ist
halbwegs erfuellt in dem Ausmass, das wir versprochen haben. Sie haben sich
entschlossen, das Geld, das fuer das Fest in Beyug auf das Feiern der Diplome
vorgesehen war, in den Park investieren. Dabei war von unserer Seite her die
Auflage, dass sie einen festen Arbeits- und Finanzplan aufstellen, uns die
Firmen angeben, die den Park realisieren, damit jegeliche Korruption zu
unterbinden ist. Der groesste Erfolg dieses Projektes war nicht nur, dass wir
als die direkt Mitbeteiligten freundschaftlich in einem Dorf aufgenommen wurden,
in dem eine der militantesten UCPMB-Einheiten untergebracht wurden, sondern dass
diese jungen Maenner bereit waren, mit uns zusammen einen neuen Kurs zu
betreuen, in dem auch serbische Soldaten sein sollen. Sie sagten, dass sie
verstehen, wie sich ein junger Mensch im Krieg fuehlt und dass auch Serben nicht
freiwillig in den Krieg gezogen sind, dass es ganz andere Zwaenge gibt, die die
Menschen ins Kriegsgeschehen bringen. Meine eigene Einschaetzung ist jedoch,
dass diese Gruppe einfach nicht organisationsfaehig ist, sich an solchem Projekt
zu beteiligen. Die Gruppe muss zunaechst lernen, mit eigenen Entscheidungen und
Menschen korrekt umzugehen, die ihnen positiv entgegenkommen. Die naechste
Gruppe wird von der Open Society Foundation finanziert und sie wird
multiethnisch besetzt sein. Wir werden die Albaner aus anderen Doerfern nehmen,
die zur Gemeinde Bujanovac gehoeren, ausgerechnet aus Doerfern, die als starke
Hochburgen der UCPMB gelten: Veliki Trnovac, Lucane, Konculje, Dobrosim. Als
Zwischenmassnahme haben wir aus Mitteln, die wir als kleine Donationen
verschiedener Friedensgruppen erhalten, fuer die Requalifizierung von 22 jungen
Maennern organisiert. Es sind 7 Serben und 13 Albaner. Sie haben gerade ein
Planungsseminar, dann einen 3-taegigen theoretischen Unterricht hinter sich. Bei
dieser Gruppe haben wir alle Fehler und Probleme beseitigt, die wir in der
Arbeit mit der ersten Gruppe in Crnotince festgestellt haben. Es herrscht eine
sehr kollegiale, heitere, gelassene Atmosphaere.
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Gruendung
der Dorfbibliothek im Dorf Crnotince (Teil des BUS-NET-Projektes)
Ziel
des Projektes:
Aufbau des Vertrauens zwischen den UCPBM- Kaempfern und der multiethnischen
Organisation Nachbarn fuer den Frieden
Projektbeginn:
1.03 2002
Dauer
des Projektes:
4 Monate
Finanzielle
Unterstuetzung durch:
Privatspende von Dr. Ilina Fach und ihrer Familie aus Muenchen
Anmerkung:
Die Buecher ueber deutsche Grundlagenliteratur vom dem 18. bis ins 20.
Jahrhundert (Goethe, Schiller, etc.) und Lexika (Deutsch-Albanisch,
Albanisch-Deutsch, Fremdsprachenlexikon) sind bereits gekauft. Bei der Auswahl
habe ich mit einem Albanologen beraten. Darueberhinaus habe ich Romane aus alten
Buecherbestaenden zusammengestellt. Problem ist der Transport, der erst mit
einem Tracker im Dezember stattfinden kann, weil die Kosten andernfalls zu hoch
sind.
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Erneuerung
der Musikinstrumentekollektion im Dorf Crnotince (Teil des BUS-NET-Projektes)
Ziel
des Projektes:
Aufbau des Vertrauens zwischen den UCPBM Kaempfern und der multiethnischen
Organisation Nachbarn fuer den Frieden
Projektbeginn:
1.03 2002
Dauer
des Projektes: 4 Monate
Finanzielle
Unterstuetzung durch:
Friedensinitaiative Notuln Muenster, eventuell die Stadt Turin
Anmerkung:
Die Nottulner Friedensinitiative sammelt bereits in den Schulen Instrumente.
4.
GEPLANTE PROJEKTE
-
Sex
traficing-Workshops in allen Schulen der Gemeinde Bujanovac
Anmerkung:
Dieses Projekt wird auch demnaechst finanziert. Es soll im September beginnen.
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Unterstuetzung
der Kampagne der Gewerkschaften fuer den fairen Dialog der sozialen Gruppen im
Prozess der Transition
Anmerkung:
gerade
haben wir die Nachricht erhalten, dass die Deutsche Botschaft dieses Projekt
finanzieren moechte (siehe Attachement).
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Unterstuetzung
der Roma NRO ZENTRUM FUER DEN ROMAPROGRESS
Wir
versuchen verschiedene Projekte mit Roma zu gruenden und bei Donatoren zu
vertreten. Im Attachement liegt eines der Projekte als Beispiel bei, um zu
sehen, dass die Problematik der Roma anders angegangen werden muss. Es ist fuer
diese Gruppe sehr schwierig, Donatoren zu gewinnen.
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Aufbau
der multiethnischen Schachschule
(Finanzierung
ist noch nicht gesichert)
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Aufbau
des Multiethnischen Dichterclubs
(Finanzierung ist noch nicht gesichert)
Ein
voellig neues
Friedensprojekt, das aus der Zusammenarbeit mit der Frauengruppe aus dem Verein Nachbarn
fuer den Frieden in Sremski Karlovci erwaechst, bezieht sich auf die Vojvodina.
Die
Vojvodina ist traditionell ein Gebiet, in dem sich im Verlauf vieler
Jahrhunderte seit dem 18. Jahrhundert wechselnde Ethnien angesiedelt haben
(Ungarn, Serben, Oesterreicher, Schwaben, Roma).
Die
Geschichte war durch kriegerische Ereignisse gekennzeichnet, aber auch durch
Friedensschluesse. Eine kleine Kapelle erinnert in Sremski Karlovci an den
ersten europaeischen Friedensschluss. Das erste serbische Gymnasium wurde hier
gegruendet, das Archipiskopat der serbisch-orthodoxen Kirche hatte hier
Jahrhunderte ihren Bischofssitz im grosszuegig gebauten Bischofspalast und eine
serbisch-orthodoxe Kirche neben der katholischen Kirche aus der K+K-Monarchie,
beide aus der Barockzeit.
Geographisch
liegt Sremski Karlovci 10 Minuten von Novi Sad entfernt. Die meisten Haeuser
stamen aus dem 18. Jahrhundert und atmen wie Weimar den Geist der Aufklaerung.
Nach
dem Zweiten Weltkrieg, dem in der Vojvodina am meisten Serben auf grausame Weise
zum Opfer gefallen waren, fanden Vertreibungen und Morde auch an Deutschen
statt, die als Kollaborateure der deutschen Nationalsozialisten galten. Heute
wird diese Frage unter der Idee des grossen Deutschen Reiches politisiert. Dies
verunsichert und radikalisiert die serbische Bevoelkerung und alle Kolonisten,
die nach dem Zweiten Weltkrieg die deutschen Haeuser zugewiesen bekamen. Daher
erscheint es mir sehr wichtig, hier praeventiv eine Friedensinitiative fuer
multiethnische Projekte zu starten.
Die
Ausgangslage ist guenstig fuer Sremski Karlovci, weil hier das erste deutsche
Bauernhaus steht. Es koennte fuer die Friedensinitiative als Buero ausgebaut
werden. Dieses Projekt wird heute der Botschaft des Deutschen Auswaertigen Amtes
vorgestellt.