FI-Mitglieder reisen in die Sowjetunion

* Gespräche* Kontakte

* Empfang im Kreml

* Friedenserklärung

* Spenden für Tschernobyl

Die Koffer sind schon gepackt, die Gastgeschenke eingekauft. 5 Mitglieder der Friedensinitiative Nottuln fliegen am kommenden Freitag zu einer 9tägigen Reise in die Sowjetunion. Im Rahmen einer 135köpfigen Delegation der bundesdeutschen Friedensbewegung nehmen sie dort an der 2. deutsch-sowjetischen Friedenswoche teil. Gastgeber ist das sowjetischen Friedenskomitee. Auch ein Empfang im Kreml steht auf dem umfangreichen Programm.

Im vergangenen Jahr fand die 1. deutsch-sowjetische Friedenswoche in der Bundesrepublik statt. 150 Mitglieder des sowjetischen Friedenskomitees waren damals der Einladung der bundesdeutschen Friedensbewegung gefolgt. Die Friedensinitiative Nottuln hatte 2 Sowjetbürger in Nottuln zu Gast (wir berichteten). Im Gegenzug wurden nun Mitglieder der Nottulner Friedensinitiative eingeladen. Mit von der Partie sind Wilma Dirksen, Udo Hegemann, Jürgen Hilgers, Robert Hülsbusch und Margret Zumkley. Seit dem Frühjahr wird diese Fahrt schon vorbereitet. In einem Vorbereitungsseminar erörterten die Teilnehmer der Reise ihr Selbstverständnis. Sie verstehen sich als "Volksdiplomaten", die wichtige Beiträge dazu liefern wollen, daß der Versöhnungs- und Verständigungsprozeß zwischen der Sowjetunion und Deutschland auch von unten her ergänzt wird. Robert Hülsbusch: "Für die Friedensinitiative Nottuln ist diese Fahrt ein Höhepunkt in unserem jahrelangen Bemühen, freundschaftliche Kontakte zwischen den Menschen in Ost und West herzustellen." 

Das Vorhaben der Teilnehmer an der deutsch-sowjetischen Friedenswoche spiegelt sich in dem Reiseprogramm wider: Sofort nach der Ankunft auf dem Moskauer Flughafen geht es zu einem für beide Völker historischen Ort: zu den Panzersperren, die die sowjetische Hauptstadt im 2. Weltkrieg von der deutschen Armee schützen sollten. Hier wird die Friedenswoche vom Bürgermeister Moskaus eröffnet. Hier wird auch ein Friedensvertrag, den beide Seiten in den letzten Wochen ausgehandelt haben, veröffentlicht und unterzeichnet. Ein Jahr wollen beide Friedensbewegungen in ihren Ländern für diesen Friedensvertrag werben und Unterschriften sammeln. Nach einem kurzen Empfang beim Sowjetischen Friedenskomitee Moskau fahren dann die bundesdeutschen Teilnehmer mit den Nachtzügen in ihre Zielorte. Überall - in der gesamten Sowjetunion - werden sie privat untergebracht sein. Die Nottulner fahren nach Kursk, eine Stadt, die etwa 400 km südlich von Moskau liegt. Dort wartet auf die Mitglieder der FI ein umfassendes Programm. Fabriken, Jugendgruppen, Schulen, Journalisten usw. haben ihren Wunsch signalisiert, mit den Gästen aus der Bundesrepublik zu sprechen. Die Teilnahme an einer "Friedensschulstunde" - in sowjetischen Schulen um den 1. September herum eine Tradition - ist fest eingeplant. Hier werden die Nottulner die Gelegenheit haben, mit Schülern und Lehrern über die gemeinsame Vergangenheit, aber auch über die Zukunft mit ihren hoffnungsvollen Perspektiven zu diskutieren. Wichtig ist jedoch den FI-Mitgliedern, die Menschen und natürlich besonders ihre Gastgeber kennenzulernen. "Wir werden einfach viel von Nottuln erzählen, wie wir leben und arbeiten, welche Sorgen uns drücken und was uns Freude macht," nimmt sich Jürgen Hilgers vor. Klar, daß im Reisegepäck auch mehrere Exemplare des Prospektes über die Gemeinde Nottuln sind. "Und wir sind gespannt, wie die Menschen dort leben, was sie fühlen und über uns denken," fügt Wilma Dirksen hinzu.

Nach knapp einer Woche kehren alle Teilnehmer nach Moskau zurück. Neben der Besichtigung touristischer Attraktionen stehen in der Hauptstadt dann noch 2 Tage Gespräche und Seminare mit Kirchenvertretern, Wissenschaftlern und Journalisten auf dem Programm. Am Grab des unbekannten Soldaten wird es eine Gedenkfeier geben, in deren Verlauf gemeinsam - jeweils von einem sowjetischen Gastgeber und einem deutschen Gast - Blumen für die Opfer des 2. Weltkrieges niedergelegt werden. Höhepunkt des Aufenthaltes in der Metropole ist dann der Empfang im Kreml, wo der Friedensvertrag vorgestellt und erörtert werden soll. "Natürlich hoffen alle," so Udo Hegemann, " daß auch Gorbatschow persönlich für uns kurz Zeit hat."Nach einer Pressekonferenz wird dann mit einem großen Fest der Abschied von den sowjetischen Gastgebern gefeiert. Am Samstag, den 8. September fliegen die Bundesdeutschen wieder nach Frankfurt zurück.

Bereits im Vorfeld hat sich die FI überlegt, wie Nottulner Bürger an dieser Reise teilhaben können. Zwei Möglichkeiten bietet sie dazu an: So schickt sie Interessenten eine "Friedenserklärung" zu. "Ich verspreche Euch," heißt es u.a. in dieser Erklärung in deutscher und russischer Sprache, "dafür einzutreten, daß von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgeht und daß unsere Kinder und wir in einer gesunden Umwelt leben können." 30 Nottulner Bürger haben diese Friedenserklärung bereits unterzeichnet. Die Friedensinitiative wird diese mit nach Kursk nehmen und dort an Menschen, die sich für einen privaten Kontakt mit einem Bürger aus Nottuln interessieren, aushändigen. Weitere Interessenten für die Friedenserklärung können sich an die Friedensinitiative wenden.

Daneben hat die FI einen Spendenaufruf für das Komitee "Kinder von Tschernobyl" veröffentlicht. Knapp 1000 DM sind in den letzten 14 Tagen hier eingegangen. Möglicherweise werden die FI-Mitglieder die Spenden direkt dem Komitee in Weißrußland übergeben. Der Vorsitzende Gennadij Gruschewoi sprach jedenfalls in der letzten Woche in Münster bei einem Gespräch mit Robert Hülsbusch über eine mögliche Zusammenarbeit eine Einladung nach Minsk aus. Da jedoch Minsk von Kursk aus nicht einfach zu erreichen sei, stehe es noch nicht fest, ob dieser direkte Kontakt zustandekommen kann. Sollte dies nicht möglich sein, hat die Friedensinitiative die Möglichkeit, das dringend benötigte Spendengeld direkt - ohne Umwege - dem Komitee zu überweisen. Wer die Selbsthilfe der von radioaktiven Strahlen so arg betroffenen Menschen unterstützen will, kann sich ebenfalls an die Friedensinitiative wenden.