Kriege der Zukunft
 

                   Wassernot, Bio-Terror und Kampfroboter - Militärplaner
                   schauen voraus

                   Londoner Verteidigungsministerium zeigt die Welt im Jahr
                   2030: "Wehrwille" und Patriotismus gehören der
                   Vergangenheit an

                   Von Peter Nonnenmacher (London)

                   Schön nimmt sie sich nicht aus, die Welt im Jahr 2030. Trinkwasser-Mangel,
                   Öl-Knappheit und Abhängigkeit von den Gasreserven der Erde führen zu
                   neuen, gefährlichen Konflikten. Bewaffnete Roboter marschieren auf,
                   unbemannte Kampfflugzeuge schwirren durch die Lüfte. Biogenetischer
                   Terror schreckt die Bewohner ganzer Regionen.

                   Apokalyptische Aussichten? Nun, so ähnlich stellt sich jedenfalls das britische
                   Verteidigungsministerium die Welt in 30 Jahren vor: In einem kühnen Szenarium
                   hat sich das Ministerium von seinen Chefstrategen mögliche Entwicklungen
                   aufzeichnen lassen, die das Verteidigungsverständnis des Vereinigten Königreichs
                   und die Lage der bewaffneten Streitkräfte der Insel betreffen. Die militärische
                   Abwehr der neuen Gefahren werden durch nachlassenden "Wehrwillen" und
                   lähmenden Einfluss der Medien erschwert. Junge Soldaten für die "Heimatfront"
                   sind nicht mehr zu finden, und ausgesandte Friedenstruppen verstricken sich
                   zunehmend im Elend der Entwicklungsländer, in den aidsverwüsteten
                   Städtedschungeln Asiens.

                   "Das strategische Verteidigungsumfeld der Zukunft" nennt sich, eher nüchtern, der
                   jetzt veröffentlichte Report, der grimmige Blick der Militärplaner in die Kristallkugel.
                   Und in der Tat kommt der Report zu einigen trostlosen Schlussfolgerungen.
                   Trinkwassermangel und Knappheit an landwirtschaftlich nutzbaren Flächen, vor
                   allem in Afrika und Nahost, werden als besondere Gefahr der Zukunft eingeschätzt:
                   "Wenn der gegenwärtige Verbrauch anhält, werden bis 2025 zwei Drittel der
                   Weltbevölkerung nicht ausreichend mit Trinkwasser versorgt sein." Kriege um
                   Wasser und Land, bei gleichzeitigen Überschwemmungen in Folge globaler
                   Erwärmung, werden zu enormen Auswanderungswellen führen.

                   Diese würden "den Empfängerstaaten und ihren schon angespannten
                   Wirtschaftssystemen untragbare Lasten aufbürden und bestehende ethnische,
                   kulturelle und religiöse Spannungen zusätzlich verstärken", prophezeit der Report.
                   Öllieferungen aus der Golfregion könnten sich als krisenanfällig erweisen, und beim
                   Gas werde sich ein Land wie Großbritannien zunehmend als abhängig erweisen.
                   Schon im Jahr 2020 werde die Insel 90 Prozent ihres Gasbedarfs im Ausland
                   decken müssen - "und die wichtigsten Gasproduzenten werden Russland, Iran und
                   Algerien einschließen".

                   Technologischer Fortschritt werde derweil, im eigenen Land wie bei potenziellen
                   Gegnern, zu neuartigen Waffensystemen - mit unbemannten Flugobjekten und
                   Robotern auf den Schlachtfeldern - führen: Auch auf "genetische Kriegsführung"
                   und "biogenetischen Terror", der auf massenhafte Vernichtung von Lebensmitteln
                   zielen könnte, müsse man sich einstellen.

                   "Kampfmoral zu erhalten, dürfte sich als schwierig erweisen", meint der Report. Mit
                   mehr als zwei Milliarden Akademikern 2025 könnte für eine "internationale
                   Bildungselite" das gemeinsame Interesse wichtiger werden als die Identifikation mit
                   den Ungebildeten im jeweils eigenen Lande - was das Ende des herkömmlichen
                   Patriotismus bedeuten würde.

                   Anders als ihre Kollegen im US-Verteidigungsministerium wagen die Briten auch
                   optimistische Prognosen. Russland beispielsweise stelle für den Westen keine
                   konventionelle militärische Gefahr mehr dar - und die Bedrohung durch so genannte
                   Gangsterstaaten werde durchaus überschätzt. Vertiefen werde sich derweil die
                   technologische Kluft zwischen Europa und den USA mit den dazugehörigen
                   Problemen für die Nato.
 
 

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                   Copyright © Frankfurter Rundschau 2001
                   Dokument erstellt am 09.02.2001 um 21:10:43 Uhr
                   Erscheinungsdatum 10.02.2001