Wider den permanenten Krieg

Strategiekonferenz der „Kooperation für den Frieden“[1]  am 28./29. September in Dortmund

Drei Kampagnen empfiehlt die Strategiekonferenz der „Kooperation für den Frieden“ der Friedensbewegung als Schwerpunktaktivitäten der nächsten Wochen und Monate:

1.      Konkrete Widerstandaktionen am Bombodrom in der FREIen HEIDe bei Wittstock, zusammen mit einem weltweiten Aktionstag am 15.2.2004

2.      eine Kampagne gegen den Mauerbau zwischen Israel und Palästina   und

3.      die Einmischung in den Europawahlkampf 2004 mit dem Ziel die Gefahren einer Militarisierung Europas zu thematisieren.

„Ziel der Friedensbewegung“ – so hieß es in der Einladung zur Strategiekonferenz „ist es heute, gegen die militärische Durchsetzung von wirtschaftlichen Globalisierungsinteressen wirkungsvoll einzutreten und alternative Politikansätze zu stärken.“
Soziale Bewegungen existieren in Wellenform. Zwischen bewegenden Höhepunkten wie den weltweiten Großdemonstrationen gegen den Irakkrieg spielen dabei sorgfältig überlegte Kampagnen eine wichtige Rolle. Sie ermöglichen kleine Spitzen in den öffentlichen Aufmerksamkeitstälern, die soziale Bewegungen immer wieder durchschreiten müssen. Dabei ist kaum eine Organisation oder ein „Spektrum" der Friedensbewegung in der Lage, für sich allein wirkungsvolle Kampagnen zu planen und umzusetzen. Zudem gibt es immer mehr wichtige und notwendige Themen, als Ressourcen zu ihrer wirkungsvollen Bearbeitung.
Aus einer Vielfalt von Themen und Ideen nun solche herauszuarbeiten, die eine Chance haben, viele Aktive zur Mitarbeit zu begeistern und dadurch bestmögliche Voraussetzungen für politischen Erfolg bieten, dieser spannenden Aufgabe wollte sich die Strategiekonferenz widmen.

Das Ergebnis und der Prozess an diesem Wochenende können sich sehen lassen: Konstruktiv und kooperativ arbeiteten die ca. 60 Teilnehmer der Konferenz in der Räumen der Universität Dortmund an der Planung von Kampagnen. Ulrich Wohland (Werkstatt für gewaltfreie Aktion Baden) moderierte den Prozess und trug ein gutes Stück zum Erfolg der Veranstaltung bei. In einem Eingangsstatement machte er noch mal deutlich, warum sorgfältig geplante Kampagnen für die Friedensbewegung wichtig sind und welche Kriterien an eine erfolgreiche Kampagne anzulegen sind:  Kampagnen können Ohnmacht überwinden, Handlungsfähigkeit aufbauen, Gegenmacht entwickeln, Erfolge möglich machen, Kräfte bündeln, Kooperation herstellen. Eine Synergie der Kompetenzen wird möglich.
Kampagnen sind dabei geplante Aktivitäten, die aufeinander bezogen und eskalierend aufgebaut sind. Sie finden im öffentlichen Raum statt, sind zeitlich befristet mit einem konkreten Fahrplan, mit einem Kampagnenhöhepunkt und mit einem begrenzten Ziel. Wichtig für den Erfolg von Kampagnen sind darüber hinaus emotionale Elemente drastische Bilder und reale Orte für die Aktionen. Vielfalt in der Einheit wird realisiert. „Anschlussfähigkeit“ ist von großer Bedeutung: Verschiedene Organisationen müssen sich mit ihrem Logo, mit ihrer Identität anschließen können.  Ein Kampagnenrat begleitet und steuert den Prozess.
Wer diese Überlegungen ernst nimmt, wird sich über das Ergebnis der Strategiekonferenz nicht wundern.

 

Die Strategiekonferenz schlägt den  Friedensorganisationen in Deutschland vor:

·        Resist now – 200 Gruppen in die FREIe HEIDe

 

Zentrales Element  der modernen Kriegsführung sind Bombenangriffe aus großer Höhe wie in Jugoslawien, Afghanistan und Irak. In der Bundesrepublik könnten sie nur auf dem Bombodrom bei Wittstock, einem der größten Luft-Boden-Schießplätze Europas, trainiert werden. Die Umsetzung der neuen verteidigungspolitischen Richtlinien, des unbegrenzten Einsatzes der Bundeswehr in der ganzen Welt, wird hier möglich gemacht. Damit erhält der Widerstand gegen ein solches militärisches Konzept einen lokalen Kristallisationspunkt. Vergleichbar mit Mutlangen und dem Hunsrück wird hier wieder konkret erfahrbarer Widerstand gegen ein Aufrüstungskonzept möglich. (siehe dazu weiter: Jochen Stay Kasten).
Der Slogan: „200 Gruppen in die FREIe HEIDe, 200 Oben-Ohne-Tage.“ Der Ansatz: 200 Gruppen aus Friedensorganisationen, Kirchenkreise, Betriebe, Gewerkschaften usw. fahren in die FREIe HEIDe, um diese für einen Tag „touristisch“ zu nutzen, so dass ein militärischer Übungsbetrieb an diesem Tag nicht möglich ist. Auftakt der Aktionen ist Ostern 2004 oder der sogenannte B-Tag (der Tag, an dem die ersten Bomben fallen), wenn dieser früher stattfinden sollte.
 Kontakt:  Andreas Will, FREIe HEIDe Berlin/Neurupin Mail: andreaswill@email.de

·        15.2.2004   -  Gegen Massenvernichtungswaffen – Kriege verhindern

Am 15.2. 2004 werden gleichzeitig europa- und weltweit Protestmärsche zu Atomwaffenlagern, Atomwaffenfabriken und zu anderen Orten von großer militärischer Bedeutung, z.B. auch zum Bombodrom (s.o.), organisiert. Die Idee dazu lieferte die IPPNW, allen voran Dr. Horst-Eberhard Richter. Mittlerweile haben sich viele Organisationen dieser angeschlossen. Auf dem europäischen Sozialforum in Paris soll ausgelotet werden, ob diese Idee international umsetzbar ist. Die Aktion soll klarstellen, dass die falsche im Irak verortete Weltbedrohung durch Massenvernichtungswaffen in Wahrheit von der Macht ausgeht, die mit ihrer offiziellen „Nationalen Sicherheitsstrategie“ verkündet, jede ihre nukleare Überlegenheit antastende Nation präventiv angreifen zu wollen. Angesichts der erstrebten eigenen Unverwundbarkeit durch den zu bauenden Raketenabwehrschild bedeutet das den Anspruch auf eine neue unilaterale auf nukleare Erpressung gegründete Weltherrschaft anstelle der auf Gleichheit und Ebenbürtigkeit der Länder gegründeten Ordnung der Vereinten Nationen. Die Hypothese: Der Themenbereich nuklearer Erpressung, Androhung neuer Angriffskriege gegen „Schurkenstaaten“, Anheizung eines neuen Wettrüstens, Verweigerung atomarer Abrüstung – dieser Themenbereich steht nach dem Irak-Desaster so im Brennpunkt, dass es sinnvoll erscheint, ihm speziell eine koordinierte internationale Aktion zu widmen.
Gleichzeitig schlug das Komitee für Grundrechte und Demokratie vor, dieser Aktion um die Themen und um das allgemeine Motto: „Kriege verhindern“ zu erweitern.
Kontakt: Dr. Horst-Eberhard Richter, IPPNW; Mail:  H.E.Richter@t-online.de
               Komitee für Grundrechte und Demokratie; Mail: grundrechtekomitee@t-online.de

·        „Stoppt den Mauerbau in Palästina/Israel

 

Der israelisch-palästinensische Konflikt hat zentrale Bedeutung im gegenwärtigen globalen Krieg, weit über die Region hinausgehend. Er repräsentiert Elemente des Nord-Süd-Konflikts, und wurde zum Symbol von Feindbildern: Islam gegen christlich-jüdischen Okzident.

                                     

Ziel der Kampagne sind die  Sensibilisierung und Aktivierung der deutschen Öffentlichkeit und die Unterstützung israelischer und palästinensischer Kräfte für eine friedliche Lösung des Konflikts, die ein Ende der israelischen Okkupation einschließen muss. In diesem Sinne muss auch auf die deutsche Bundesregierung Einfluss genommen werden.
Handlungsangebote: Erarbeitung eines gemeinsamen Aufrufs, rasche Verbreitung, Gewinnen von unterstützenden Organisationen und Einzelpersonen, nach Möglichkeit Veröffentlichung auch durch Zeitungsannonce, Sammeln und Erstellen von Info-Material zur Nutzung für dezentrale Veranstaltungen. Dabei soll  auch der Kontext mit anderen Mauern erörtert die Begriffe von gegenseitiger Sicherheit versus  Trennung thematisiert werden. Geplant sind auch öffentliche Aktionen, z.B. „Konzert an der Mauer“

Kontakt:  Matthias Jochheim, IPPNW, Mail: Matthias.Jochheim@t-online.de

 

 

Europa beginnt sich von den USA zu emanzipieren. Die einen wollen das durch ein militärisch starkes Europa erreichen (Stichwort: Militarisierung Europas). Die andere Perspektive ist die eines Europas, das friedenspolitische Impulse setzt und den Weg in eine zukunftsfähige Entwicklung zeigt. Deshalb ist es wichtig, dass die Friedensbewegung sich  zum ersten Mal intensiv in den Wahlkampf einmischt.

Die Wahlkampfzeit ist eine politisch sensible Zeit, die genutzt werden sollte, in erster Linie um friedenspolitische Inhalte in die öffentliche Diskussion einzubringen. Eine Möglichkeit: eine öffentliche Kandidatenbefragung durchführen. Dafür soll ein Kandidatenfragebogen entwickelt werden, der allen friedenspolitisch interessierten und engagierten Organisationen vor allem vor Ort zur Verfügung gestellt wird. Mit diesem besteht die Möglichkeit mit dem/der Europakandidaten/in im Wahlkreis in einen Dialog über europäische Friedens- und Sicherheitspolitik einzusteigen.
Ablauf der Kampagne vor Ort – nachdem Material (u.a. einen Fragebogen) entwickelt wurde:

 

  1. Anschreiben der EU-Kandidaten/innen aller Parteien im Wahlkreis und Vorstellung des Befragungsvorhabens mit der Bitte, den Fragebogen auszufüllen.
  2. Möglich ist es eine Wahlveranstaltung mit allen Kandidaten/innen des Wahlkreises durchführen und den ausgefüllten Fragebogen als Grundlage für die Diskussion nutzen (rechtzeitig terminieren!).
  3. Möglich ist aber auch der Besuch von Wahlveranstaltungen: Mit Hilfe der Fragen und/oder schon mit den Ergebnissen der Befragung kann man aktiv mitdiskutieren, kommentieren, eigene Gegenvorschläge entwickeln...
  4. Die Ergebnisse der Befragung können veröffentlicht und kommentiert werden.

Kontakt: Robert Hülsbusch, DFG-VK, Mail: finottuln@t-online.de

 

Ideen sind produziert. Packen wir´s an!

 

Robert Hülsbusch, Vertreter der DFG-VK in der Kooperation für den Frieden

 


 

[1] Die Kooperation für den Frieden ist ein Zusammenschluss von 34 bundesdeutsche Friedensorganisationen, darunter die großen Organisationen DFG-VK, IPPNW, Pax Christi, Naturwissenschaftlicher für den Frieden, Komitee für Grundrechte und Demokratie, Netzwerk Friedenskooperative, BSV usw.  (Siehe ZC 1/2003 Seite 19)