16. Herbstfahrt führte FI-Mitglieder nach Brüssel

 

Besuch des  EU-Parlaments und des Hauptquartiers der Nato

 

Perspektiven einer Europäische Friedens- und Sicherheitspolitik erörtert

 

Brüssel/Nottuln   Ausführlich über die Aufgaben der Nato„gebrieft“ durch den  Assistant Sekretary General for Public Diplomacy, Jamie Shea, kamen neun Mitglieder der Friedensinitiative Nottuln (FI) am Mittwochabend von ihrer Herbstfahrt nach Brüssel in die Baumberge-Gemeinde zurück. Jamie Shea wird vielen noch bekannt sein durch seine PR-Aufgabe 1999, als er Tag für Tag über das Fernsehen der ganzen Welt den Luftangriff der Nato auf Jugoslawien und die einzelnen Operationen zu erklären suchte. Am Mittwochmorgen nahm er sich im Brüsseler Hauptquartier der Nato für die Nottulner eine Stunde Zeit, um die gegenwärtigen Aufgaben der Militärorganisation zu erklären.   Die momentanen „Friedensmissionen“ müssten erfolgreich erledigt werden, damit die Nato weiter Glaubwürdigkeit besitze. In Bosnien sei dies zu 80 Prozent gelungen. In Afghanistan sei noch nicht absehbar, ob es der Nato geführten „Isaf-Mission“ gelingen werde, das Land in eine friedliche Richtung zu bringen. Shea: „Die Aussichten auf Erfolg bewegen sich zwischen O und 100 Prozent“. Auch kritischen Nachfragen stellt sich der oberste Öffentlichkeitsreferent der Nato. Der Luftangriff auf Jugoslawien sei nicht durch das Völkerrecht gedeckt gewesen, aber dies bleibe eine Ausnahme.“ Allerdings stellte er auch fest, dass 25 demokratische Staaten nicht illegal handeln könnten. Die Mitglieder der Friedensinitiative Nottuln waren da anderer Ansicht. Der Amerikaner Mihai Carp, der die Crisis Management Section der Nato leitet, erläuterte im Anschluss an das Gespräch mit Jamie Shea den FI-Mitgliedern ausführlicher die Nato-Einsätze auf dem Balkan und in Afghanistan. Oliver Neola  stellte das Nato-Konzept „Partnership for Peace“ vor. Mit über 40 Staaten arbeitet die Nato gegenwärtig zusammen, vor allem mit den jungen Staaten der ehemaligen Sowjetunion, um diese auf eine demokratische Zukunft vorzubereiten. Dieses Engagement der Nato, da waren sich die drei Offiziellen einig, sei keine Konkurrenz zu den Bemühungen der Europäischen Union, auch eine starke militärische Komponente aufzubauen. Über die Perspektiven der europäischen Friedens- und Sicherheitspolitik informierte sich die Friedensinitiative im ersten Teil ihrer Herbstfahrt. Zweimal besuchten die Nottulner dazu das Europäische Parlament und führten zu diesen Fragen intensive Gespräche mit Mitarbeitern der SPD- und mit der Grünen-Fraktion.

Für Norbert Gresch, stellvertretender Leiter des Sekretariats im Auswärtigen Ausschuss des EU-Parlaments, war die Sache klar: Die EU wird keine Militärmacht werden. Dies entspreche nicht ihrem Wesen und ihrer Tradition. Aber sie wird auch keine reine Zivilmacht werden. „Ohne militärische Fähigkeiten“ forderte der Beamte die FI heraus, „könne man keine glaubwürdige Politik betreiben.“ Dass viele in der EU eine zukünftige gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) stark militarisieren wollen, um mit den Amerikanern konkurrieren zu können, das verrieten in einem weiteren Gespräch die grünen Mitarbeiter, Ira Kiesslich-Köcher und Niels Fischer. Zwar gebe es Bestrebungen, gerade nicht-militärische, zivile Instrumente der Konfliktbewältigung in Europa aufzubauen, aber – so Niels Fischer, Mitarbeiter der EU-Parlamentarierin Heide Rühle, „die Befürchtung, dass die EU eine Militärmacht werden soll, ist berechtigt.“ Beim Aufbau einer gemeinsamen EU-Außenpolitik werde das Militär stark favorisiert. Sein Kompromissvorschlag: Ein militärischer Einsatz dürfe nur als letztes Mittel und geographisch begrenzt auf Europa durchgeführt werden. Gleichzeitig würden ernsthaft zivile Präventionsinstrumente in die EU-Außenpolitik implementiert. Langfristig konnte sich der grüne Politiker vorstellen, dass die nationalen Armeen abgebaut und nur noch EU-Soldaten zum Einsatz kämen. Zu befürchten sei jedoch, dass gerade die großen Staaten da nicht mitmachten. Andere Argumente hörten die Friedensbewegten aus Nottuln als sie „ifias“ (Institut for International Assistance and Solidarity) in Brüssel besuchten, eine Organisation, die sich in den letzten Jahren von einer SPD-nahen Friedensorganisation zu einem Büro entwickelte, das mit konkreten Projekten vor allem in Osteuropa Friedensarbeit leistet. Gerd Greune, der Geschäftsführer von ifias, teilt grundsätzlich nicht die These, dass – wie es nun auch in einem Bericht der Außenausschusses des EU-Parlaments zu lesen sei - nur über ein starkes Militär eine glaubwürdige Politik möglich sei. Greune: „Ganz im Gegenteil. Gerade die militärische Zurückhaltung hätte Europa ein gutes Renommee in der Welt gebracht – und Einfluss.“ Dies soll man nicht aufs Spiel setzen. Der Reflex, die USA nachzuahmen, müsse in nächster Zeit energisch bekämpft werden. Zudem könnten die großen Bedrohungen unserer Zeit  nicht mit Militär gelöst werden: Aids, Armut, Hunger und Umweltkatastrophen. Mit ifias wird die Friedensinitiative Nottuln eine neue Zusammenarbeit beginnen. Und natürlich werden die FI-Mitglieder ihre neuen Erfahrungen in nächster Zeit auswerten und in die Europawahl-Diskussion einbringen. Der nächster Europa-Termin steht schon fest: Am 1.12.2003 erwartet die FI Dr. Angelica Schwall-Düren, die in ihrer Bundestagsfraktion das Spezialgebiet Europa übernommen hat. Nicht nur Berlin, auch Brüssel ist eine Reise wert. Da waren sich die Herbstfahrer einig: Brüssel ist eine wunderschöne Stadt – gerade auch für Touristen.