2011: FI auf Herbstfahrt nach Jühnde

 

 

19. Herbstfahrt: FI besuchte erste Bioenergiedorf in Deutschland
Viele Ideen für die Weiterentwicklung der Nottulner Energieversorgung

Nottuln. 77 Bioenergiedörfer gibt es bereits in der Bundesrepublik. Nottuln könnte das 78. Bioenergiedorf werden. Diese Meinung vertritt die Friedensinitiative Nottuln (FI), deren Mitglieder nun von der 19. Herbstfahrt zurück sind. Diese Fahrt führte die FI-Mitglieder, vorbereitet durch den FI-Geschäftsführer Norbert Wienke, nach Jühnde, einer kleinen Gemeinde im Süden Niedersachsens – ganz in der Nähe von Göttingen. Diese Gemeinde war das erste offiziell anerkannte Bioenergiedorf in Deutschland. In einem Bioenergiedorf wird das Ziel verfolgt, den überwiegenden Anteil der Wärme- und Stromversorgung auf die Basis des erneuerbaren Energieträgers Biomasse umzustellen. Seit 2005 wird in Jühnde die gesamte Wärme- und Stromversorgung durch den nachwachsenden und CO2-neutralen Energieträger Biomasse – durch Energiepflanzen in Form von Silage und Holzhackschnitzel – geleistet. Wie das funktioniert – davon konnten sich die FI-Mitglieder vor Ort überzeugen. Holger Deichfuß, Mitglied der extra gegründeten Genossenschaft Bioenergiedorf Jühnde e.G., begrüßte die Nottulner und bot eine fachgerechte Führung durch die Bioenergieanlage, die vor den Toren des Dorfes entstanden ist. Diese Anlage besteht im Wesentlichen aus drei Komponenten: einer Biogasanlage mit einem Blockheizkraftwerk, einem Holzhackschnitzelheizwerk und einem Nahwärmenetzwerk. Mit einer elektrischen Leistung von 716 kW – so erfuhren die Besucher – produziert die Biogasanlage klimaneutral im Jahr ca. 5 Millionen Kilowattstunden Strom. Das ist doppelt so viel, wie die 750 Bewohner des Dorfes Jühnde verbrauchen. Gleichzeitig produziert die Anlage pro Jahr ca. 4,5 Millionen Kilowattstunden Wärme. Zusammen mit dem Holzhackschnitzelheizwerk ist diese Anlage in der Lage, den gesamten Wärmebedarf des Dorfes abzudecken. 70 Prozent aller Haushalte – so Holger Deichfuß – sind an das Nahwärmenetzwerk angeschlossen. Diese Hausbesitzer haben keine Heizung mehr in ihren Häusern, sondern heizen mit der Wärme aus der Bioenergieanlage. So kann das Dorf pro Jahr 3000 Tonnen des Klimagases CO2 einsparen. Die Nottulner konnten die Anlage in Betrieb sehen. Da fuhren Landwirte mit großen Güllefässern vor, um die Gülle als Stoff für die Biogasanlage anzuliefern. Große Platten mit Silage warteten darauf, zusammen mit der Gülle in den Fermenter eingebracht zu werden. An einem weiteren Ort lagerten Tonnen von Holzhackschnitzel – produziert in der Region, in den Wäldern der Landwirte des Dorfes. „Dies führt zu einer regionalen Wertschöpfung“, zeigte sich der Jühnder Deichfuß stolz. „Wir transferieren nicht Unsummen von Geld in den Nahen Osten, sondern produzieren die Energie, die wir brauchen, in der Region. So wird hier investiert!“ Landwirte würden zu Energiewirten, Arbeitsplätze würden in der Region erhalten und geschaffen. Insgesamt hätte das Projekt zu einem neuen Lebens- und Wirgefühl im Dorf beigetragen. Auch der touristische Effekt sei enorm. Deichfuß: „Jühnde hat durch diesen Prozess zum Bioenergiedorf einen großen Imagegewinn erzielen können. Tausende von Besuchern aus aller Welt kamen und kommen noch jedes Jahr.“ Und die fänden ein sauberes Dorf vor, zeigte Deichfuß einen weiteren Gewinn durch die Biogasanlage auf: Die Gülle, die sonst in dieser ländlichen Region oft tagelang erbärmlich zum Himmel gestunken habe, werde „veredelt“. Der Düngegehalt sei nach dem Vergärungsprozess deutlich besser – und das Produkt rieche nicht mehr – was Dorfbewohner und Gäste sehr erfreuten. Die Mitglieder der FI zeigten sich sehr beeindruckt. Norbert Wienke: „Was möglich ist, wenn konsequent Bürgerinnen und Bürger an Planungsprozessen beteiligt werden, wenn mit einem Genossenschaftsmodell möglichst viele – auch finanziell - in eine zukunftsfähige Energieversorgung einbezogen werden, zeigt das Dorf Jühnde.“ Nottuln – so Wienke – habe hier bereits gute Ansätze und nannte in diesem Zusammenhang die Bürgersolaranlagen, das Nahwärmenetz mit Holzhackschnitzelheizwerk und Blockheizkraftwerk für die Bäder und die Schulen und auch die Beteiligungsmöglichkeiten an dem Solarpark in Appelhülsen. Diesen Weg gelte es weiter zu gehen. So könnten nun die Voraussetzungen für Bürgerwindkraftanlagen geschaffen werden. Auch eine größere Biogasanlage passe zusammen mit einem Nahwärmenetz gut in die Struktur der Gemeinde Nottuln. Möglicherweise könnten die Gemeindewerke in diesem Sinne weiterentwickelt werden.
Und vielleicht kämen dann auch schon bald viele Besucher in das Bioenergiedorf Nottuln, um dort ein Zentrum für Neue Energien zu besichtigen.
Weitere Informationen: www.fi-nottuln.de

Mit freundlichem Gruß
Robert Hülsbusch

Foto: Mitglieder der Friedensinitiative Nottuln besuchten das erste Bioenergiedorf Jühnde und brachten Ideen für die Entwicklung in Nottuln mit: (vlnr.) Rainer Möllenkamp, Norbert Wienke, Michael Keimburg, Marion Rosué-Beckers, Robert Hülsbusch und Heinz Böer

Kleines Foto im Bild: Der 1000 PS-starke Motor im Blockheizkraftwerk liefert umweltfreundlich Strom.