Bericht über die Hamburgfahrt der FIHerbst 2000 Fotos
In der Geschäftsräumen der „Regenbogen“-Abgeordneten, eine Gruppe von Bürgerschaftsabgeordneten, die sich während des Jugoslawienkrieges von den Grünen trennte, diskutierten die Nottulner mit Dirk Hauer unter anderem über Rechtsradikalismus und über Möglichkeiten, diesem zu begegnen. Aus Hamburger Sicht berichtete Hauer über die sogenannte „Anti-Schmutz-Kampagne“ der Stadt vor drei Jahren. Drogenabhängige, Bettler, Obdachlose und alle anderen Personen, die das Einkaufsbild der Stadt „verschmutzten“, sollten verschwinden. Dirk Hauer dazu: „Das ist der Geist, der Neonazismus entstehen hilft!“ Rassismus und Nazismus kämen so aus der Mitte der Gesellschaft und aus der Mitte der Politik. Entscheidend seien nicht Toleranz, sondern ein respektvoller Umgang mit Menschen. Hauer: „Wichtig ist die Art und Weise, wie wir über andere Menschen denken, reden, wie wir sie behandeln.“ Man müsse sich nur mal - und das nicht nur in Hamburg – ansehen, wie ein Sozialamt funktioniere. Das sei auch eine Brutstätte für fremdfeindliches und rassistisches Denken.
Die Umweltorganisation Robin Wood stellte den Nottulner
FI-Mitgliedern ihre Kampagnen im Bereich Verkehrspolitik und Energiepolitik
vor. So fordert die bundesweit agierende Organisation die Verlagerung des
Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene. Dafür müsse aber massiv in den
Schienenverkehr investiert werden. Die Schiene sei in den letzten Jahrzehnten
hoffnungslos vernachlässigt worden. In Kürze wird deshalb Robin Wood mit einer
Aktion für eine „Schwerlastabgabe“ werben. LKW ab einer Größe von 3,5 Tonnen
sollten 50 Pf pro Kilometer bezahlen. Das entspräche auch den Folgekosten, die
Lastkraftwagen auf den Straßen und in der Umwelt produzierten. Ausführlich
berichteten die Robin-Wood-Aktivisten über ihre Aktionsformen. „Witzig müssen
sie sein, spektakulär und sie müssen ein gutes Klima bei allen Beteiligten
schaffen,“ war auch ein Rat an die Nottulner. Im zweiten Teil der Fahrt
beschäftigte sich die FI mit Fragen der Friedens- und Sicherheitspolitik. Im
Hamburger Institut für Friedensforschung und Sicherheit („Bahr-Institut“)
stellte der Leiter der neuen OSZE-Forschungseinrichtung CORE, Dr. Wolfgang
Zellner, seine Perspektiven für die OSZE vor. Wichtig sei, dass auch in Deutschland
endlich ein „Entsendegesetz“ verabschiedet wird, das regelt, dass und wie
zivile Friedensfachkräfte im Rahmen der OSZE in Krisengebieten tätig sein
können. Kurzfristig müsste Deutschland gut ausgebildete zivile Kräfte jederzeit
und schnell entsenden können. Dies sei eine Lehre aus dem Kosovokrieg.
Ausführlich erklärte Zellner die Arbeit des OSZE-Hochkommissars für Nationale
Minderheiten (HKNM). Ohne viel Öffentlichkeitsarbeit sei dieser ständig auf
Reisen, um die enormen Probleme zwischen Bevölkerungsgruppen in den
verschiedensten Staaten abzufedern. Die Erfolge seien dabei nicht öffentlich
nachzulesen. Vielfach jedoch hätte der Hochkommissar Krisen entschärft. Mit dem
derzeitigen Amtsinhaber, dem Niederländer Max von der Stoel, ist sich der Institutsdirektor
Dr. Zellner einig: „Friedenserhaltende Maßnahmen sind weitaus billiger als
Krieg. Und noch preisgünstiger sind präventive Maßnahmen!“ Die
Friedensinitiative Nottuln wird sich an die Bundestagsabgeordneten wenden und
mit diesen über Perspektiven eines „Entsendegesetzes“ sprechen. Zuvor hatten
die Nottulner die Arbeitsgemeinschaft „Kriegsursachenforschung“ (AKUF) an der
Universität Hamburg besucht. Frau Dr. Borchard stellte die Arbeit dieser
kleinen Wissenschaftlergruppe vor. 34 Kriege gäbe es derzeit auf der Welt, fast
alle fänden in Afrika und in Asien statt. Diese Tatsache weise schon auf die
wichtigste Kriegsursache hin: Armut und fehlende Perspektiven gingen oft einher
mit dem Zerfall staatlicher Ordnung. Über 80 Prozent der Kriege seien deshalb
auch innerstaatliche Kriege. Die Folgen dieser Erkenntnis lägen auf der Hand –
eine Außenwirtschaftspolitik der westlichen Industriestaaten, die regionale
Entwicklungen unterstützt oder erst ermöglicht. Borchard: „Man kann nicht nur
von Einer Welt reden, es muss auch ein Konzept dafür her und der Wille, es
umzusetzen.“ Leider würde die Forschungsarbeit an den Kriegsursachen von der
Politik nicht sehr honoriert. Die Folge: Die Weiterarbeitdieser Einrichtung ist
gefährdet. Auch in dieser Hinsicht wird die FI das Gespräch mit den
Bundestagsabgeordneten suchen. Nicht nur Gespräche, auch eine Hafenrundfahrt
und eine Stadtführung standen auf dem Reiseprogramm der FI. Mit einem kleinen
Boot zeigte die Organisation „Rettet die Elbe“ den Nottulner markante Stellen
im Hafen. Große Umschlagplätze für Rohstoffe aus den Ländern der Dritten Welt,
Flüchtlingsschiffe, Billigflaggschiffe und neue Containereinrichtungen, die
viele Menschen verdrängten, boten reichlich Stoff für Diskussionen. Die
Stadtführung zeigte den Nottulner Hamburger Wirkungsstätten im
Nationalsozialismus – große Aufmarschplätze, große Pläne für die neue
„Führerstadt Hamburg“, aber auch kleine zwischenmenschliche Begebenheiten. Was
Rassismus und Nationalismus aus Menschen machen, wie viel Leid und Elend sie
produzieren, das machte dieser Gang durch die Hamburger Innenstadt in
beeindruckender Weise deutlich. Auch dieser Programmpunkt bot Motivation für
die weitere Friedensarbeit in Nottuln. Und für das gute Gruppenklima sorgten
die vielen Freizeitunternehmungen der Nottulner – der obligatorische Besuch der
Reeperbahn, das Aufsuchen kleiner Kneipen im portugiesischen Viertel, ein
Kabarettabend mit Volker Pispers und ein Einkaufsbummelbummel durch die City
sorgten für beste Stimmung.