Rede 09. November 2000

 

 

 

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

 

Zusammen mit unseren Landsleuten in der ganzen Bundesrepublik wollen wir am heutigen Abend auch in Nottuln Zeichen setzen!

 

Deutliche und sichtbare Zeichen gegen Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.

 

Wir haben bereits Zeichen gesetzt mit unserer Zusammenkunft an der Evangelischen Kirche „Unter dem Kreuz“.

 

Wir haben Zeichen gesetzt durch die Worte der Vertreter der Kirchengemeinden.

 

Wir haben Zeichen gesetzt mit unserem Schweigemarsch zum Schulhof der Geschwister Scholl Schule.

 

An diesem Ort wollen wir weitere Zeichen setzen.

 

Die Schulleiterin, Frau Röttger, und die Schülerinnen und Schüler haben unsere Anliegen und die Aktionen der Geschwister Scholl Schule bereits verbunden.

 

Wir werden weitere Zeichen setzen durch Texte und Musik in der gleich beginnenden Lesenacht.

 

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, der 09. November hat in unserem Lande aber auch in unserer Gemeinde eine besondere, traurige Bedeutung. Ich denke in dieser Stunde nicht nur an die Ereignisse der sogenannten Reichskristallnacht, ich denke besonders an die Veranstaltungen, die wir hier in unserer Gemeinde aus diesem Anlass hatten. An die Übergabe und Einweihung der großen Gedenktafel am Portal am Turm unserer St. Martinus Kirche, an die mahnenden Worte meines Vorgängers, Herrn Bernd Mensing, und an die ergreifende Rede von Frau Hildegard Ballhorn, ebenso, wie an den beeindruckenden Schweigemarsch zum jüdischen Friedhof. Ich denke an die Enthüllung der Gedenktafel für die Verfolgten und Ermordeten der Jahre 1933 bis 1945, die wir an der Aschebergschen Kurie vor einem Jahr angebracht haben, und an die mutwillige Zerstörung, den Diebstahl und das Wiederauffinden dieser Gedenktafel. Mit unseren Veranstaltungen haben wir auch damals immer wieder Zeichen gesetzt.

 

Der Rat hat ebenfalls ein deutliches Zeichen gesetzt mit seiner einstimmig beschlossenen Resolution „Gegen Gewalt und für Menschenrechte“ vom 17.10.2000. Damit zeigt auch er Flagge und stellt sich der Verantwortung im Kampf gegen zunehmende Gewalt insbesondere von Rechtsextremisten.

 

Wenn wir heute wieder zusammen sind, dann geht dieser Abend mit seiner Intension über das bisherige hinaus! Wir wollen nicht nur gedenken, wir wollen artukulieren, dass wir Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Hass in unserer Gemeinde nicht dulden werden. Wir selbst und unsere mitgebrachten Lichter stehen als sichtbares Zeichen, das den Menschen sagen soll:

-       Wir lehnen jede Form von politischem Extremismus, ob von rechts oder links und jede Form von Gewalt entschieden ab.

 

-       Wir wollen mit unserem Hiersein deutlich machen, dass es ein Ende haben muss mit den täglichen Übergriffen auf jüdische Friedhöfe, Synagogen und ausländische Mitbürger.

 

-       Wir wollen deutlich machen, dass es nicht mehr sein darf, dass eine schweigende Mehrheit wegschaut, wenn unsere ausländischen Mitbürger wegen ihrer Hautfarbe, Religion oder einfach wegen ihres Andersseins beleidigt, angepöbelt und geschlagen werden. Unsere ausländischen Gäste, ob sie sich als Asylbewerber, Übersiedler, als Gastarbeiter oder eben nur als Gäste, die unser Land kennenlernen wollen bei uns sind, sollen bei uns sicher sein.

 

Unsere Zusammenkunft hier auf dem Schulhof, unser Zusammensein am heutigen Abend hat nur ein Ziel:

 

Wir wollen deutlich machen, dass Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus in unserer Gemeinde und in unserem Land nicht geduldet werden dürfen.

 

Rechte Gewalt darf nicht links liegen gelassen werden.

 

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, die Initialzündung, die Idee für unsere Zusammenkunft kam aus Ihrer Mitte. Ich habe sie gern aufgenommen und bin den Vertretern der Vereine, der Schulen, der Kirchen und allen die mitgeholfen haben, dass das Werk gelingt dankbar, es zeigt mir, dass es uns Nottulnern nicht egal ist, was draußen in unserem Lande und vereinzelt auch in unserer Gemeinde passiert. Wir leben nicht auf einer Insel. Auch bei uns gibt es Zeichen rechter Gewalt, Zeichen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Als Beispiel nenne ich hier die Hakenkreuzschmierereien vor dem Rathaus noch vor einigen Tagen. Wenn es auch bis jetzt Einzelfälle sind, Einzelfälle, die vielleicht noch keine besondere Bedeutung haben, für uns muss es heißen:

 

-       Hinschauen statt wegschauen.

-       Helfen statt weglaufen.

-       Reden statt schweigen.

 

Sie haben mir durch Ihr Mittun heute Abend Mut gemacht. Machen wir gemeinsam auch den übrigen Bürgerinnen und Bürgern in unserer Gemeinde Mut, ebenfalls Zeichen zu setzen. Wir sind gegenüber den rechtsextremistischen Gewalttätern und gegenüber denen, die Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit nach wie vor auf ihre Fahne geschrieben haben, nicht macht- und hilflos.

 

Unser Rechtsstaat verfügt über ausreichende gesetzliche und prozessuale Instrumente, um sich gegen die Feinde der Demokratie erfolgreich zur Wehr zu setzen. Wir als Bürgerinnen und Bürger haben das Recht und auch die Pflicht, diese Instrumente in Anspruch zu nehmen. Das gelingt wiederum nur, wenn wir, - jeder von uns - bereit sind, auch einzeln ein Zeichen zu setzen.

 

Das, was wir täglich an Meldungen aus den Medien über rechtsextreme Gewalttaten hören, darf uns nicht stumpf machen. Wir müssen uns selbst einbringen!!!

 

 

Ich danke Ihnen, dass Sie hier sind.

 

Ich danke Ihnen, dass Sie durch Ihr Mittun Farbe bekennen.

 

Als Bürgermeister bitte ich Sie um Ihre Hilfe und um Ihre Unterstützung,

 

-                    dass rechte Gewalt in Nottuln keine Chance bekommt,

-                    dass sich unsere ausländischen Bürger bei uns wohlfühlen, 

-       dass sich das, was sich in der Zeit von 1933 bis 1945 auch bei uns abgespielt hat, nicht wiederholt.

 

Ich bitte Sie, bleiben Sie noch ein wenig hier und hören Sie auf die Zeichen, die Ihnen Bürgerinnen und Bürger mit den Texten vermitteln wollen, die sie selbst ausgesucht haben und in der gleich beginnenden Lesenacht vortragen werden.

 

Ich danke Ihnen.