WN-Interview mit Robert Hülsbusch

 

 

Nottuln. Die Friedensinitiative (FI) Nottuln blickt in diesem Sommer auf eine 20-jährige Geschichte zurück. Zum Jubiläum sprach unser Mitarbeiter Stefan Küper mit Robert Hülsbusch. Der 46-jährige Lehrer ist Pressesprecher der FI Nottuln und war schon vor 20 Jahren, bei der Gründung der Friedensinitiative, einer der Aktiven.

WN: Wie sieht die Bilanz der FI Nottuln nach 20 Jahren aus?

Hülsbusch: Ich glaube, dass man da die globale und die lokale Perspektive unterscheiden muss. Global sieht es noch immer schwierig aus: Wir haben Kriege auf der ganzen Welt, auch in Europa. Im Bereich Umwelt stoßen wir auf große Schwierigkeiten in der Klimaproblematik und vieles mehr. Global gesehen müssen wir also von einer negativen Bilanz sprechen. Im Bereich der Projekte, die wir in Nottuln gemacht haben, denke ich, sind wir recht erfolgreich. Viele Projekte, wie z.B. den Runden Tisch gegen Gewalt, Städtepartnerschaften oder den Aktionskreis "Joao Pessoa" gäbe es ohne die Friedensinitiative Nottuln vermutlich nicht.

WN: Wie wurde die FI direkt nach ihrer Gründung 1981 in Nottuln wahrgenommen? Gab es Akzeptanzprobleme?

Hülsbusch: Ja - da gab es ganz große Akzeptanzprobleme. Wir haben ja damals an einem Tabu gerüttelt. An einem Konsens der bezüglich der Sicherheitspolitik bestand: Atomwaffen waren ein Teil der damaligen Sicherheitspolitik und an diesem Tabu haben wir gekratzt. Das hat damals sehr massive Reaktionen hervorgerufen: "Kommunisten" und "geht doch rüber", das waren noch die harmlosen Reaktionen. Aber das hat sich dann doch ziemlich schnell geändert nachdem man sich kennen gelernt hatte. Die Leute haben bald gesehen, dass wir nicht irgendwelche Spinner sind, sondern ernsthaft an neuen Wegen in der Sicherheitspolitik arbeiten.

WN: Womit beschäftigt sich die FI Nottuln heute? Wo liegen ihre Arbeitsschwerpunkte?

Hülsbusch: Wir haben drei Arbeitsbereiche, die unserer Meinung nach unmittelbar zusammenhängen: Frieden, Umwelt und Entwicklungshilfe. In diesen Bereichen arbeiten wir in konkreten Projekten hier vor Ort. Wir betrachten uns also als "Pro-Initiative", die nicht nur irgendwo gegen ist, sondern die auch aktiv Politik macht und Projekte ins Leben ruft. Einige Beispiele sind der gerade schon genannte Runde Tisch gegen Gewalt, wir arbeiten aktiv im Zusammenschluss der Dritte-Welt-Organisationen, haben eine Regionalgruppe Münsterland ins Leben gerufen und setzen uns für die Förderung des Zivilen Friedensdienstes ein. Daneben veranstalten wir viele Informations- und Diskussionsveranstaltungen sowie - nicht zu vergessen - das jährliche Nottulner Friedensfest.

WN: Was waren denn bisher die größten Erfolge der FI Nottuln?

Hülsbusch: Zum einen sicher das jährlich stattfindende Friedensfest. Das hat sich erfreulicher Weise zu einer großen Veranstaltung entwickelt, an der mittlerweile die gesamte Nottulner Bevölkerung interessiert ist und zu dem auch regelmäßig Leute aus der Umgebung anreisen. Wir haben ein Forum geschaffen, in dem wir kontroverse Diskussionen um den richtigen Weg in der Sicherheitspolitik führen. Zum anderen haben wir lange daran gearbeitet, dass auch die Gemeinde Nottuln eine Städtepartnerschaft mit einer osteuropäischen Stadt eingeht. Wir freuen uns sehr, dass es und gelungen ist, die Akzeptanz für so eine Partnerschaft in Nottuln zu gewinnen.

WN: Gab es auf der anderen Seite denn auch Rückschläge?

Hülsbusch: Ja. Es gab große Rückschläge, wenn auch nicht auf lokaler, so aber doch auf globaler Ebene. Der erste große Rückschlag war sicher der Golfkrieg. Nach dem Ende der Ost-West-Konfrontation hatten wir uns am Beginn einer neuen Phase der Friedens- und Sicherheitspolitik gewähnt. Aber stattdessen ist seit dem Golfkrieg ist eine Entwicklung in die Richtung erkennbar, dass Krieg wieder ein Mittel der Politik wird. Das setzte sich in Jugoslawien und in Bosnien fort. Das ist sicher eine Niederlage für uns.

WN: Wie sieht denn die Kooperation zwischen der FI Nottuln und anderen Friedensinitiativen aus? Gibt es die überhaupt?

Hülsbusch: Es gibt sicher nicht mehr die Friedensbewegung, wie sie noch vor 20 Jahren existierte - als Massenbewegung. Aber es gibt noch viele Organisationen, die über einen aktiven Kern verfügen. Mit denen arbeiten wir sehr eng zusammen, sowohl im Münsterland, als auch auf Bundesebene über das "Netzwerk Friedenskooperative", das praktisch eine Dachorganisation aller Friedensgruppen in Deutschland darstellt. Aber auch auf lokaler Ebene existiert eine sehr enge Kooperation mit vielen Vereinen und Gruppen, einschließlich aller Parteien.

WN: Plant die FI Nottuln für die nahe Zukunft neue Projekte oder Aktionen?

Hülsbusch: Nein, neue Projekte sind zur Zeit nicht in Planung. Aber wir werden unsere aktuellen Projekte weiter entwickeln: Das heißt, wir wollen weitere Beiträge für die anzustrebende Energiewende liefern, wir wollen uns weiter dafür einsetzen, dass das Militär verringert wird und dass daneben ein neuer Zweig, nämlich der Zivile Friedensdienst entsteht. Das sind unsere Ziele und daran werden wir arbeiten.

WN: Gibt es ein finales Ziel? Einen Punkt, an dem sie sagen könnten: " Jetzt ist unsere Arbeit beendet"?

Hülsbusch: Vermutlich nicht. Das ist nicht mehr so wie vor 20 Jahren als wir sagten "Frieden schaffen ohne Waffen" und so das "Paradies auf Erden" realisieren wollten. Das war sicher zum Teil unsere Vorstellung, das hat sich aber geändert. Heute wollen wir daran mitarbeiten, dass die Messlatte für ein zivilisiertes Miteinander sowohl in Nottuln als auch auf internationaler Ebene ein Stück höher gelegt wird. Das ist unser großes Ziel.