Meine sehr verehrten Damen und Herren der
Friedensinitiative Nottuln,
verehrte Gäste,
„Die Zeit ist ein kostbares Geschenk, uns
gegeben, damit wir in ihr klüger, besser, reifer, vollkommener werden. Sie ist
der Friede selbst, und Krieg ist nichts als das wilde Verschmähen der Zeit, der
Ausbruch aus ihr in sinnloser Ungeduld“, so der große Schriftsteller Thomas
Mann in seinen Reden und Aufsätzen.
Meine
Damen und Herren, dieses Zitat erschien mir für den heutigen Abend angemessen,
weil es die Begriffe Zeit und Frieden in Zusammenhang stellt. Und um Zeit und
Frieden geht es, wenn wir heute Abend auf das 20-jährige Bestehen der
Friedensinitiative Nottuln zurückblicken.
„20 Jahre FI Nottuln – 20 Jahre
Friedensarbeit“
„Erfüllte Träume und arge Rückschläge“
„Bilanz ist negativ – auf der ganzen Linie“
„Seit 20 Jahren Ruhestörer“
Meine Damen und Herren, das sind nur einige der Überschriften aus den Lokalzeitungen der letzten Tage. Sie zeigen, dass sich die Presse mit der Geschichte der FI und mit ihrer Arbeit in besonderer Weise ausführlich beschäftigt hat.
Ich bin der Einladung der Friedensinitiative
zum heutigen Festakt gern gefolgt, weil ich damit die Möglichkeit erhalte der
Friedensinitiative im Namen aller Mitbürgerinnen und Mitbürger Dank zu sagen
und zu gratulieren.
Die Friedensinitiative Nottuln hat sich in
den 20 Jahren ihres Bestehens ihren festen Platz im bürgerschaftlichen
Miteinander in unserer Gemeinde zunächst gesucht, inzwischen aber schon längst
gefunden. Durch meine lange Mitarbeit in der Nottulner Kommunalverwaltung und
Kommunalpolitik hatte ich persönlich auch immer wieder Gelegenheit, die Aktivitäten
der Friedensinitiative zu beobachten und da, wo sie die Gemeinde Nottuln direkt
berührten, auch zu begleiten.
Waren es nun 20 Jahre Friedensarbeit oder 20
Jahre Ruhestörung? Für die engagierten Mitglieder der FI ohne Zweifel und
uneingeschränkt 20 Jahre Friedensarbeit. Für eine ganze Reihe unserer Mitbürgerinnen
und Mitbürger aber waren hier lange Jahre teilweise unbeliebte oder besser
gesagt unbequeme Ruhestörer am Werk. Ich selbst sage hier ganz offen, dass auch
ich die Aktivitäten, Projekte und Aktionen zunächst mit großer Skepsis
verfolgt habe. Das lag zum einen sicher an meiner ganz persönlichen politischen
Meinung, die wie sicher viele von Ihnen wissen, durch eine lange Zugehörigkeit
zur CDU geprägt ist. Zum anderen aber sicher auch daran, dass es, wie Peter
Buddendiek in seinem MZ-Kommentar vom 02. Juni dieses Jahres schreibt, eine
Gruppe von Neubürgern war, die die Nottulner durch ihr Tun in der Ruhe störten
und sie quasi zwangen, sich mit Themen auch öffentlich auseinanderzusetzen, die
doch zu Nottuln eigentlich keinen Bezug hatten. Die FI hatte uns gerade noch
gefehlt! Es gab doch in jenen Jahren genug heiße kommunalpolitische Themen, die
die Bürgerschaft voll und ganz in Anspruch nahmen und mit denen man sich auch
in der Form von Leserbriefen vortrefflich auseinandersetzen konnte.
die Großdemonstrationen in
Bonn,
ein Arbeitskreis
Friedenswoche,
ein Friedensfest,
ein Friedensmarkt,
die münsterländischen Ostermärsche
sogar mit Übernachtung der Teilnehmer in Nottuln und mit Fackelzug durch den
Ortskern.
Das alles war für viele neu, unbequem und passte
eigentlich gar nicht hierher. Mit diesen Fragen, die dort angesprochen wurden,
sollten sich doch eigentlich Die in Bonn, Paris, Brüssel, Washington oder
Moskau auseinandersetzen. „Wir ändern doch sowieso nichts“, war die gängige
Meinung.
Gründungsmitglied der FI, Robert Hülsbusch, hat
schon recht, wenn er in seinem WN-Interview vom 02. Juni 2001 „ganz große
Akzeptanzprobleme“ sah, weil die FI an Tabus rüttelte. Und an die teilweise
heftigen Reaktionen aus der Bürgerschaft, die tatsächlich in Aussagen wie
„Kommunisten“ oder „geht doch rüber“ gipfelten, kann ich mich gut
erinnern.
Wenn auch in den achtziger Jahren verschiedene Anträge
der Friedensinitiative Nottuln an den Rat, stellvertretend möchte ich hier die
Aktion atomwaffenfreie Gemeinde Nottuln aus dem Jahre 1984 nennen, mehrheitlich
abgelehnt wurden, so hatte die FI aber erreicht, dass ihre Themen in die
Tagesordnung des Rates aufgenommen und dort diskutiert wurden. Auch das war neu
und für einen Teil der Ratsmitglieder und der Verwaltung zunächst sicher ungewöhnlich.
Wenn Robert Hülsbusch im Vorbericht zur heutigen Veranstaltung schreibt, dass
die FI „ Mit all diesen Amtsträgern eine jeweils eigene Geschichte, in der
Regel enge Zusammenarbeit“ verbindet, dann ist das im Ergebnis richtig und gut
so.
Denn dieses sich immer wieder neu einbringen
der FI, immer wieder mit aktuellen Themen und Fragen die Öffentlichkeit
konfrontieren, dies alles hat letztlich doch seine positive Wirkung nicht
verfehlt.
Spätestens seit der Katastrophe im
Atomreaktor von Tschernobyl am 26. April 1986, durch die eigentlich
auch dem letzten Zweifler die Gefährlichkeit der Atomenergie bewusst werden
musste, ein Gefahrenpotential, das uns alle bedroht, besonders wenn es mit der
dort an den Tag gelegten katastrophalen Sorglosigkeit und mit der, nach meiner
Meinung, völlig fehlenden Sensibilität zum Sicherheitsbedürfnis gehändelt
wird. Spätestens von diesem Zeitpunkt an hatte ich das subjektive Gefühl, dass
die Bürgerschaft durch dieses schreckliche Ereignis aufgeschreckt war und dass
sie, das was die Friedensinitiative Nottuln zu dieser Katastrophe sagte, wie sie
informierte und wie sie versuchte, das Ausmaß deutlich zu machen, mit großem
Ernst aufnahm.
War die Katastrophe von Tschernobyl meiner
Meinung nach einer der Wendepunkte für die Akzeptanz der FI in Nottuln, so möchte
ich als weitere wichtige Schritte der Integration die Hinzunahme der Bereiche
Umweltschutz und Dritte Welt nennen. Dass diese drei Themen, einen wie die FI
selbst ausführt, „tiefen Zusammenhang“ haben, ist sicher unbestritten.
Ich wünsche mir, dass sich auch in Zukunft Männer
und Frauen aus allen Ortsteilen und Gruppen unserer Gemeinde in der FI Nottuln
zusammenfinden, und dass die FI selbst auch in Zukunft die Kraft findet, sich
weiter unbeirrt den Themen zu widmen, die oft beim ersten Zuhören oder Hinsehen
„weit weg“ sind, die nicht zur Tagesaktualität in unserem Ort, in unserem
eigenen engeren Umfeld gehören. Die aber dann bei genauerem Hören und Sehen
uns doch alle betreffen und uns wegen ihrer Aktualität eigentlich auf der Haut
brennen oder sogar unter die Haut gehen müssten.
Vieles wurde erreicht und wird von den Mitbürgerinnen
und Mitbürgern als Erfolg der FI anerkannt.
wären ohne das Engagement der
FI nicht oder so nicht möglich geworden, wie sie sich heute darstellen.
Die FI hat es geschafft, die
Mitbürgerinnen und Mitbürger aus allen gesellschaftlichen Schichten unserer
Gemeinde für ihre Arbeit zu interessieren und auch zu aktivieren. Aus Anlass
der 15-jährigen Aktivitäten der FI stand in der MZ unter anderem geschrieben:
„Als die Gruppe 1981 ihre Arbeit begann, war sie alles andere als etabliert,
mehr ein politischer und gesellschaftlicher Fremdkörper, störend,
abgelehnt.“ Der Berliner Wissenschaftler Thomas Olemacher stellt später in
seiner Studie unter anderem fest, dass die FI Nottuln eine „allmähliche
Entwicklung von Ablehnung über Duldung bis hin zur Akzeptanz vollzogen hat“.
Aus dem Jahr 1990 gibt es von Frau Hildegard Kamp zur FI die Schlussfolgerung:
„Die Friedensinitiative ist ein fest etablierter Faktor im politischen und
gesellschaftlichen Leben der Gemeinde Nottuln geworden“. Diesen Aussagen kann
ich nur zustimmen. Ich habe dies in der Sendung von Radio Kiepenkerl zum 20-jährigen
Bestehen der FI auch bereits deutlich gemacht.
Meine Damen und Herren, die
Friedensinitiative in Nottuln hat sich für die Zukunft einiges vorgenommen.
Wenn auch nach eigenen Aussagen zur Zeit keine neuen Projekte in Planung sind,
so denke ich, wird die Arbeit an den laufenden und aktuellen Projekten die ganze
Gemeinschaft weiter fordern. Ich danke der Friedensinitiative für ihr langes
und großartiges Engagement in unserer Gemeinde. Wenn auch nicht alles, so ist
aber viel erreicht worden.
Wenn ich zu Beginn eine
Überschrift zitiert hatte die da lautete „Bilanz ist negativ – auf der
ganzen Linie“ dann wird zwar in dem Artikel von der FI klargestellt, warum
diese Bilanz negativ ist, nämlich weil es noch immer Kriege auf dieser Welt
gibt und weil die Umwelt noch immer zerstört wird.
Ich möchte hier festhalten,
die Arbeit der Friedensinitiative Nottuln war und ist positiv. Meine sehr
geehrten Damen und Herren wir brauchen Sie und Ihre Arbeit!
Lassen Sie mich zum
Schluss noch einmal zitieren aus der lokalen Berichterstattung. Dort heißt es:
„aus den Störenfrieden ist längst eine anerkannte Gruppe geworden. ...die
Ernsthaftigkeit und die Konsequenz, mit der sich die Friedensinitiative nun
schon seit 20 Jahren wechselnden Themen annimmt fordert Respekt.“
Meine Damen und Herren,
lassen Sie mich ergänzen: Ihre Arbeit erfordert nicht nur Respekt, ihr gebührt
besonders am heutigen Tage und am heutigen Abend auch unser Dank. Ich wünsche
Ihnen noch viele Jahre erfolgreicher Friedensarbeit in unserer Gemeinde und weit
darüber hinaus. Sie haben nicht nur Zeichen gesetzt und Denkanstöße gegeben,
sondern durch Ihr Handeln große Teile unserer Bürgerschaft in Ihre Arbeit
integriert.
Lassen Sie mich an das
Ereignis aus dem Jahr 1995 erinnern als Ihnen von Hans Martin Linnemann, dem Präses
der evangelischen Kirche von Westfalen der Förderpreis Konziliarer Prozess 1995
verliehen wurde. Der Präses hat damals unter anderem ausgeführt, dass es Ihnen
gelungen sei, in Ihrem „Lebensumfeld immer wieder zu einer inhaltlichen
Auseinandersetzung mit friedensrelevanten Themen herauszufordern und dabei auch
Möglichkeiten einer konkreten, regional bezogenen Praxis des Friedens
aufzuzeigen und anzuregen.
Das gilt auch heute
uneingeschränkt. Nochmals ein herzliches Dankeschön verbunden mit der Bitte
und Aufforderung zum Weitermachen.