Robert Hülsbusch
Rückblick auf das Jahr
2005
Vorwort:
An 52 Tagen gab es
Einträge in unseren Veranstaltungskalender. Jede Woche eine Aktion, eine
Veranstaltung. Dazu kommen noch die wöchentlichen Treffs. Daran kann man mal
sehen, wie viel Zeit wird in diesem Rahmen miteinander verbringen. Montags 3
Stunden, Jede Aktion im Schnitt 1 Stunde – 300 Stunden – das sind 12 komplette
Tage im vergangenen Jahr, die wir zusammen waren und zusammen gearbeitet,
gefeiert, gelebt haben. Kein Wunder, dass wir hier fast wie eine Familie
zusammenhocken.
Ein Rückblick auf diese
Menge an Aktivitäten ist nicht in drei Minuten getan. Deshalb bitte etwas
Geduld.
Irakkrieg kostet über eine
Billion Dollar
+ 12.01.2006 + Der US-Ökonom und Nobelpreisträger Joseph E. Stiglitz schätzt,
dass der Irakkrieg der USA zwischen ein und zwei Billionen Dollar kosten wird.
Eine Billion: Das sind 1.000 Milliarden Dollar. Mit diesem Geld hätten die
Industriestaaten dafür sorgen können, dass auf unserer Erde kein Kind mehr
verhungern muss. Stattdessen wurden im Irakkrieg 30.000 bis 40.000 Menschen
getötet. Massenmord statt humanitärer Hilfe.
Seine Studie hat Professor Stiglitz zusammen mit der Harvard Budgetexpertin
Linda Bilmes verfasst. Die Kosten sind damit weit höher als von der Regierung
George W. Bush ursprünglich vorgesehen.
Solange die reichen Länder etwa 15-mal mehr für Militarisierung und Kriege
ausgeben als für Entwicklungshilfe, kann es keinen Frieden geben. Kriege
werden auch deshalb geführt, weil sie vorbereitet worden sind. Politiker, die
wie die George W. Bush oft von Frieden reden, wollen ihn gar nicht wirklich.
Frieden ist möglich, aber er ist nicht wirklich gewollt.
Quelle:
Franz Alt 2006
Süddeutsche Zeitung - 11.01.2006
Armut ist das größte
Problem auf der Welt, das nicht nur unsagbares humanitäres Leid und Elend
verursacht, sondern auch für Krisen, Gewalt und für Kriege verantwortlich ist.
Diese riesigen Summen
geben die Industrienationen aus für Machterhalt und für die Beherrschung der
wichtigsten wirtschaftlichen Ressourcen.
Friedenspolitik ist
Bekämpfung der Armut, Entwicklungspolitik mit dem Ziel allen Menschen ein
menschliches Dasein zu ermöglichen.
Friedenspolitik ist
Energiepolitik mit dem Ziel, eine Energiewende herbeizuführen, mit dem Ziel,
unabhängig zu werden von den endlichen fossilen Energieressourcen, mit dem Ziel,
allen Menschen Energie zur Verfügung zu stellen.
Genau diese Ansätze der
Friedens- und Sicherheitspolitik waren die Schwerpunkte der Arbeit der FI
Nottuln im Jahr 2005 – entwickelt schon in den Jahren davor und kontinuierlich
weiter betrieben:
Energiearbeit und Arbeit
gegen Unterentwicklung und Armut.
Zur
Energiearbeit:
2004 – mittlerweile gab es das neue EEG – besann sich die FI wieder auf ihre
alte Idee. Sie gründete die Solarinitiative Nottuln – wieder eine
Einkaufsgemeinschaft. Ohne groß zu werben, wurden 27 Bürgerinnen und Bürger –
vor allem aus Nottuln, aber auch aus Havixbeck, Mitglied dieser Initiative.
Sie machten sich sachkundig, recherchierten den Markt, arbeiteten sich in
Finanzierungsmodelle ein und machten sich über Anforderungen des Finanzamtes
und der RWE schlau. Schließlich installierten sie ab Mai 2004 120 kW. Das ist
eine Gesamtfläche von fast 1000 Quadratmeter. Ca. 90 Tonnen des für das Klima
schädlichen Gases CO2 werden dadurch Jahr für Jahr eingespart.
Da diese Aktion so erfolgreich war, entstand die Idee, die Vorteile einer
Solarinitiative weiter in die Öffentlichkeit zu bringen. Vier Mitglieder der
Solarinitiative arbeiteten Vorträge aus. Zwei weitere Solarinitiativen in
Nottuln, dazu Solarinitiativen in Horstmar, Senden, Ochtrup und Rosendahl
waren das Ergebnis dieser Vortragsveranstaltungen. Und noch besser:
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Bis heute wurden durch diese
Initiativen 88 PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 475 kWp gebaut worden –
eine Fläche von fast 4000 Quadratmetern – fast so groß wie ein Fußballfeld.
·
Bereits Ende 2004 entstand in
der FI, für die Menschen, die keine eigene Anlage bauen können, eine
Bürgersolaranlage zu konzipieren. Zusammen mit der Agenda-Gruppe in Nottuln
wurde diese Idee umgesetzt. Im November 2005 werden zwei Bürgersolaranlagen
mit 75 kWp. installiert.
·
Auf Initiative der FI wird so
jedes Jahr 440.000 kWh Solarstrom erzeugt. 350 t CO2 werden so Jahr für Jahr
eingespart. In 20 Jahren werden 8.800.000 kWh sauberer Strom produziert. Die
CO2-Einsparung: 7000 t.
Wir haben aber nicht nur
Alternativen aufgezeigt, sondern uns auch engagiert gegen die alten
Energietechnologien – allen voran gegen die Atomtechnologie:
- Im Mai und Anfang Juni
war Castoralarm. Die FI hatte zuvor die Gegenaktionen aus Nottuln
koordiniert, wie in den Jahren zuvor. An drei Abenden fuhren Nottulner nach
Ahaus um sich den drei Castortransporten in den Weg zu stellen. Noch heute
haben einige Jugendliche, die bis zum Schluss ausharrten, mit
Bußgeldbescheiden zu kämpfen. Die Jugendlichen haben Widerspruch eingelegt.
Über diese Widersprüche wird in den nächsten Wochen entschieden. Die FI hat
zugesagt, im Fallen von Zahlungen die Jugendlichen zu unterstützen.
- Was passiert, wenn die
Technologie versagt, haben wir in Tschernobyl gesehen. Seit 20 Jahren macht
die FI auf dieses Unglück aufmerksam. Intensiv war in diesem Jahr die
Tschernobyl-Arbeit. Die neue Tschernobyl-AG innerhalb der der FI – an der
Spitze Gabi Mense-Viehoff – fuhr nach Weißrussland – Narowjla und knüpfte dort
ganz neue Kontakte. Partnerschaft und gegenseitiger Austausch steht im
Vordergrund. Die Verantwortlichen in Narwojla – an erster Stelle die
Bürgermeisterin ….. – ist davon begeistert. Mit der FI fuhr auch ein Team der
Haardt-Klinik aus Haltern mit nach Weißrussland. Eine viel versprechende
Kooperation im Bereich Betreuung von behinderten und kranken Kindern hat
begonnen. Im Herbst war auf Einladung des BM Schneiders ein weißrussischer
Chor in Nottuln und in Haltern. Mit dabei wieder die Bürgermeisterin. Wie
intensiv und partnerschaftlich der Austausch war, haben wir alle noch gut in
Erinnerung. Für uns als FI sicher auch ein Höhepunkt, dass der Chor an unserer
ersten gemeinsamen Gedenkfeier – zusammen mit der Kameradschaft ehemaliger
Soldaten – teilnahm. Leider fand der Chor dort nicht die Aufmerksamkeit
zuteil wurde, die er verdient hätte, und auch nicht die Tatsache, dass
Menschen aus Weißrussland, das ja besonders unter dem Ausrottungsfeldzug der
Nazi gelitten hat, bei dieser Feier zugegen waren. Für mich war das das
wichtigste Moment – als die vier weißrussischen Sänger zurückhaltend und sehr
gefühlvoll ihr Lied über den Krieg sangen. Eine Chance wurde verpasst. Der
Besuch hat gezeigt: Die Kontakte zwischen der FI und den Menschen aus Narowlja,
zwischen Nottuln und der weißrussischen Stadt gehen weiter.
Soviel zu Energiearbeit.
Der
zweite Schwerpunkt: Das Engagement gegen Armut.
- Zusammen mit dem
Aktionskreis Joao Pessoa hat die FI die weltweite Aktion „Deine Stimme gegen
Armut“ in Nottuln bekannt gemacht. Unterstützung erfuhr sie dabei durch die
Kirchen und vor allem durch Bürgermeister Schneider. Große Transparente wurden
im Dorf zur Marktzeit aufgehängt. Unterschriften gesammelt und weiße Bändchen
verteilt. Transparente wurden beschriftet. Toll war, dass viele Jugendliche –
Schüler – sich beteiligten. Die Nottulner Unterschriften wurden in Berlin BK
Schröder übergeben. Die Transparente trugen mit zu einem beeindruckenden Bild
auf der Rasenfläche vor dem Reichstag bei. Fotos dazu gibt es im Internet. Die
Idee, die dahinter steht, formulierte Ulla Hülsbusch so: „Wir sind die
Generation, die Armut abschaffen kann. Wer sonst? Worauf warten?“
- In diesem Zusammenhang
sind auch die Veranstaltungen der Afrika-Reihe zu sehen: Wir haben erfahren:
Wenn dieser Kontinent mit seinen großen Möglichkeiten eine Zukunftschance
haben wir, ist großes Engagement notwendig. Als Gäste und Referenten begrüßten
wir Prof. Göhde, der über Aids in Afrika einen Vortrag hielt, Pater Wienke,
der sein ganzes Leben gegen Seuchen wie Malaria kämpfte, Dr. Peter Kreysing,
der in Kenia Kindern half, oft von Aids bedrohte Menschen, Eric Laurenz
informierte über seine Solararbeit in Burkina Faso, Emanuel Matondo stellte
das andere Afrika vor: NGOs, Zivilgesellschaften, die für Afrika einen neuen
Weg suchen.
- FI unterstützte Laurenz
finanziell, ebenso ein Aidsprojekt in Benin.
Neue
Reihe: Amiland!
- 2005 haben wir eine
neue Reihe begonnen. „Was ist los in Amiland?“ Wir wollten das Land kennen
lernen, indem Leute wie Bush an die Macht kommen.
- Als dann am 22.2.2005
der US-Präsident Bush Deutschland besuchte, hat die FI sich an der Aktion „Not
welcome, Mr. Bush!“ beteiligt.
- Natürlich beschäftigte
uns immer wieder aktuelle Krisen- und Kriege - der Irakkrieg und der
Afghanistan-Krieg, die Gewalt im Nahen Osten. Aus dieser Region berichtet
wieder Lothan Raz. Hoffnungsvolle Ansätze, die die Arbeit dieses
Kriegsdienstverweigerers aus Israel gibt es im Nahen Osten. Sie haben leider
noch nicht die Oberhand.
2005
war das Jahr der Erinnerung:
- 27.1..2005: 60 Jahre
Auschwitz-Befreiung. Zusammen mit den Kirchen und mit Bürgermeister Schneider
hat die FI am 27.1. auf dem Marktplatz in Nottuln eine Gedenkviertelstunde
abgehalten.
- Dazu passten auch
Veranstaltungen im Laufe des Jahres mit Ruth Weiss, die über Südafrika und ihr
Erleben als jüdischen Kind berichtete, und Trude Levi, die als Jüdin Auschwitz
überlebt. Die Veranstaltung mit Trude Levi haben wir zusammen mit der Ev.
Kirche durchgeführt.
- 8. Mai 2005 60 Jahre
Ende des Zweiten Weltkrieges. Zusammen mit BM schickt das
Partnerschaftskomitee – Personalunion – einen Brief in das ehemalige
Feindesland, in die Partnerstadt Chodziez. Auf Initiative der FI wird ein AK
gegründet, der mehrere Veranstaltungen in Nottuln organisiert: eine
Ausstellungseröffnung des Gymnasium, eine Meditation in der kath. Kirche, ein
Vortrag von Dr. Volker Jakob zur Erinnerungskultur.
Volker Jakob ist seit 1986 als Referent beim Westfälischen
Landesmedienzentrum, der früheren Landesbildstelle Westfalen, in Münster tätig
und leitet dort heute das Bild-, Filmarchiv.
- 9. Mai 2005
"Märchenweisheit der Völker - Konfliktlösung ohne (atomare) Gewalt" mit
Hansjörg Ostermayer
8. August 2005 60 Jahre
Atombombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki.
- Im Mai schon hat BM
einen Appell der Bürgermeister für den Frieden an die UN-Konferenz zur
Überprüfung des Atomwaffensperrvertrags unterzeichnet. Die FI ruft im August
dazu auf, einen online-Appell der IPPNW zu unterzeichen, der die
Bundesregierung auffordert, dazu beizutragen, dass die amerikanischen
Atombomben, die immer noch auf dem Boden der BRD lagern, abgezogen werden. Um
12.15 Uhr treffen sich am 6.8. Nottulner Bürgerinnen und Bürger auf dem
Marktplatz zu einer Gedenkviertelstunde. Die Kath. Kirche läutet die Glocken
als Mahnung, nie wieder Atomwaffen einzusetzen. Wir hoffen, dass auch Chirac
diese Mahnung irgendwie vernommen hat.
- Im Herbst hat sich die
FI in die ersten November-Tage – angeregt durch BM Schneider – eingebracht.
Dazu gehörte die Veranstaltung mit Ruth Weiss (s.o.). Höhepunkt war das Setzen
der Stolpersteine am 13.11.2005. Daran schloss sich die erste gemeinsame
Gedenkfeier mit der Kameradschaft Ehemaliger Soldaten an. Ob es eine
Neuauflage geben wird, wird davon abhängen, inwieweit der BM und die Gemeinde
diese Gedenkfeier als ihre Angelegenheit betrachten und dann auch Einfluss
nehmen werden, darauf, wie diese durchgeführt werden wird.
Was gab
es noch:
- Wir haben uns mit der
EU-Verfassung intensiv beschäftigt. Dazu gab es ein Streitgespräch zwischen
Andreas Zumach und Winni Nachtwei.
- Wir haben uns mit der
Bundestagswahl auseinandergesetzt und dazu eine gut besuchte
Kandidatendiskussion bei Denter veranstaltet. Grundlage dieser Veranstaltung
war ein Kandidaten-Fragebogen, den die FI für die Kooperation für den Frieden
– bundesweit – ausgearbeitet hatte.
- Wir haben die
Spendenaktion „Zivil intervenieren!“ beendet. Über 600.000 € flossen vom
FI-Spendenkonto in Frauen- und Demokratieprojekt nach Afghanistan. Zunächst
war die Frauenorganisation RAWA dort unser Partner, später die
Deutsch-Afghanische Initiative (DAI) Freiburg. Auf einer Veranstaltung im
Frühjahr haben die Sprecherin der DAI und der Projektleiter in einer
öffentlichen Veranstaltung von dem Dorfprojekt Bedmosk, dass durch
FI-Spendengelder finanziert wird, berichtet. Gezeigt werden sollte mit dieser
Aktion, was man mit dem vielen Geld, dass die Internationale Gemeinschaft
bereit ist auszugeben, alles machen kann, dass man mit zivilen Mittel
intervenieren kann. (s.o.)
- Die FI fuhr im Rahmen
ihrer Herbstfahrt nach Bremen und hat dort an der feierlichen Preisverleihung
des „Bremer Friedenspreises“ an Barbara Gladysch teilgenommen. Seit vielen
Jahren unterstützt die FI diese Frau und ihr Projekt „Kleiner Stern“, das
kriegstraumatisierten Kindern in Tschetschenien hilft. Zu Beginn dieses Jahres
haben wir eine weitere Spendenaktion zugunsten des kleinen Stern durchgeführt.
- Zusammen mit dem
Friedenskreis an der Anne-Frank-Gesamtschule Havixbeck hat die FI Ostermontag
einen Osterfriedensgang zur Bruder-Klaus-Kapelle in den Baumbergen
organisiert.
Dass diese Arbeit
insgesamt erfolgreich war, zeigt die große Resonanz, die die FI erfuhr. An den
Veranstaltungen und Aktionen nahmen in der Regel viele Menschen teil.
- Ca. 100
Zeitungsberichte informierten die Leser der WN, Stadtanzeiger und
Streiflichter über die Aktivitäten der FI.
- Zahlreiche
Bürgerfunksendungen mit Willi Karkoska ergänzten diese Berichterstattung.
- C. 90 Newsletter wurden
an jeweils fast 300 Adressen verschickt. In der Regel Einladungen zu
Veranstaltungen und Aufforderungen bei Aktionen mitzumachen.
- Weit über 50 Treffen
der Aktiven gab es - auch in den Sommerferien. Ca. 18 Aktive sitzen hier
jeden Montag um 20 Uhr am Tisch. Unterstützt wird diese Arbeit durch über 70
Vereinsmitglieder – ideell, aber auch finanziell.
- Wir arbeiten, aber wir
genießen auch unser Beisammensein – bei den
Sommertreffen
der FI, bei der 1. Mai – Tour, bei unserem Jahresrückblicksfest. Und ich
möchte mit einem Trinkspruch von Roger schließen:
Gut fühlt sich der Mensch, mit sich im Frieden,
meist montags nach vollbrachter Tat.
Dann schmeckt was immer Theken bieten:
auch Bit`s und Pott`s, sogar ein Brat-
Apfel - most
Prost !!
Der übliche Zweizeiler:
Für die FI gibt`s kein Rasten,
solange Flaschenbier im Kasten.
Und ich füge hinzu:
Nicht nur Abschaffung der Bundeswehr
ist unser aller Begehr!
Wir kämpfen - nüchtern betrachtet - gegen jede
Armee
Deshalb darauf Prost – mit Tee und Kaffee!